Tz. 196

Stand: EL 51 – ET: 10/2023

IFRS 10 knüpft die Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses explizit an das Vorliegen eines Mutter-Tochter-Verhältnisses (IFRS 10.4). Daher besteht nach IFRS 10 keine Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses für Gleichordnungskonzerne (horizontal groups). Gleichordnungskonzerne sind dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht über ein Mutter-Tochter-Verhältnis gekennzeichnet sind (RK.3.12), sondern dass mindestens zwei Unternehmen unter einheitlicher Leitung zusammengefasst sind und die Beherrschung nicht von einem Unternehmen allein, sondern von mehreren beherrschenden Unternehmen gemeinsam ausgeübt wird. Beispiele hierfür sind:

  • zwei oder mehrere rechtlich selbstständige Unternehmen, die unter der gemeinsamen Beherrschung desselben Individuums oder derselben Gruppe von Individuen stehen;
  • eine Gruppe von abgrenzbaren Einheiten, die künftig einen Konzern gem. IFRS 10 bilden sollen (zB als Folge eines IPO oder einer Ausgliederung).

In diesem Fällen liegt kein Mutter-Tochter-Verhältnis vor. Die Beherrschung kann durch Vertrag zwischen den Unternehmen oder durch personelle Verflechtungen der Leitungs- und Kontrollgremien der Unternehmen begründet sein. Fraglich ist, ob es nach den IFRS möglich ist, einen Konzernabschluss für einen Gleichordnungskonzern aufzustellen. Von der Tatsache, dass kombinierte Abschlüsse im Rahmenkonzept genannt sind, wird abgeleitet, dass es möglich ist, kombinierte Abschlüsse in Übereinstimmung mit IFRS zu erstellen (vgl. EY, International GAAP 2023, Kap. 2, Abschn. 6.2 und Kap. 6, Abschn. 2.2.6.A).

 

Tz. 197

Stand: EL 51 – ET: 10/2023

Kombinierte Abschlüsse sind zu erstellen, wenn bspw. der Gesetzgeber oder ein Regulator einen solchen Abschluss fordert. Zum Teil bestehen auch in der Europäischen Union Regelungen (zB Prospekt-Richtlinie und die entsprechenden nationalen Umsetzungen, in Deutschland das Wertpapierprospektgesetz, WpPG), die sog. Pro-forma-Berichterstattungen erlauben bzw. notwendig machen, die vergleichbar mit combined financial statements sind. Typische Anwendungsgebiete von kombinierten Abschlüssen sind bspw. Carve-Outs bzw. Abspaltungen, Umstrukturierungen oder strukturierte Übernahmen von Unternehmensteilen. Dabei handelt es sich meist nicht mehr um Abschlüsse, die allgemeinen Zwecken dienen, sondern um Abschlüsse, die einem speziellen Zweck dienen (vgl. EY, International GAAP 2023, Kap. 6, Abschn. 2.2.6.D). Informationsadressaten können bspw. die Hauptversammlung, Fremdkapitalgeber oder die interessierte Öffentlichkeit sein.

 

Tz. 198

Stand: EL 51 – ET: 10/2023

Bei der Erstellung von kombinierten Abschlüssen sind die normalen Konsolidierungsmaßnahmen wie Zwischenergebniseliminierung, Schuldenkonsolidierung und Aufwands- und Ertragskonsolidierung analog (als Kombinierung) durchzuführen (vgl. EY, International GAAP 2023, Kap. 6, Abschn. 2.2.6.C). Im Abschluss sollten grundlegende Angaben zur Erstellung getätigt werden, bspw. dass ein kombinierter Abschluss vorliegt, der Grund weshalb ein kombinierter Abschluss erstellt wurde, die Erstellungsgrundsätze und die Angaben zu nahestehenden Personen (vgl. EY, International GAAP 2023, Kap. 6, Abschn. 2.2.6.C). Die Abgrenzung des Kombinierungskreises wird durch den Informationszweck des kombinierten Abschlusses bestimmt (RK 3.14). Dies ist bei der Erstellung insbesondere dann herausfordernd, wenn der Kombinierungskreis sich nicht mehr nach rechtlichen Einheiten richtet. Auch für die Informationsadressaten ist im Abschluss zu erläutern, wie der Kombinierungskreis bestimmt wurde und sich zusammensetzt (RK 3.14).

 

Tz. 198a

Stand: EL 51 – ET: 10/2023

Bei der Erstellung können sich vielfältige praktische Probleme ergeben, wie bspw. der Umgang mit Vorjahreszahlen, Werterhellungsfragen, Verteilung von Gemeinkosten oder Finanzierungskosten, Umgang mit einkommensteuerlichen Fragestellungen (vgl. EY, International GAAP 2023, Kap. 6, Abschn. 2.2.6.C). Insofern besteht das Risiko, dass kombinierte Abschlüsse sich von einem den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bild der Unternehmenslage (IAS 1.15) entfernen. Umso wichtiger ist es, dass den Informationsadressaten im Abschluss erläutert wird, welche Rechnungslegungsstandards angewendet wurden und welche wesentlichen Annahmen getroffen wurden (vgl. EY, International GAAP 2023, Kap. 6, Abschn. 2.2.6.C).

 

Tz. 198b

Stand: EL 51 – ET: 10/2023

Da die Erstellung von kombinierten Abschlüssen nach IFRS derzeit noch nicht gesondert geregelt ist, wird für die Erstellung von kombinierten Abschlüssen in der Praxis auf unterschiedliche Rahmengrundsätze Bezug genommen (u. a. Anwendung der korrespondierenden US-GAAP Regelungen nach US-GAAP gem. IAS 8 Hierarchie).

 

Tz. 199

Stand: EL 51 – ET: 10/2023

(einstweilen frei)

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