Tz. 191a

Stand: EL 51 – ET: 10/2023

Eine Investmentgesellschaft ist ein Unternehmen, das Dienstleistungen im Bereich der Vermögensverwaltung anbietet: Es sammelt finanzielle Mittel von Investoren ein und investiert diese, um Wertsteigerungen oder Kapitalerträge zu erwirtschaften (zur Bestimmung, ob ein Unternehmen eine Investmentgesellschaft iSd. IFRS 10 ist, vgl. Tz. 191d). Hierbei beurteilt eine Investmentgesellschaft die Ertragskraft der Investments auf Basis des beizulegenden Zeitwerts. Die für den Kapitalmarkt relevante Information in Bezug auf diese Investments ist somit der beizulegende Zeitwert (IFRS 10.BC217). Müsste die Investmentgesellschaft die Investments konsolidieren, würden aus dem Konzernabschluss zwar die Vermögenswerte und Schulden, Aufwendungen und Erträge sowie Zahlungsströme der beherrschten Beteiligungsunternehmen ersichtlich werden, aber nicht mehr die eigentliche Steuerungsgröße der Investments (IFRS 10.BC218). Eine Investmentgesellschaft hat daher ihre Tochterunternehmen, die Investments darstellen, grds. ergebniswirksam zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten (IFRS 10.31). Ein Mutterunternehmen, das eine Investmentgesellschaft ist und all seine Tochterunternehmen nach IFRS 10.31 zum beizulegenden Zeitwert bewerten muss, ist nicht verpflichtet, einen Konzernabschluss aufzustellen und IFRS 3 auf Unternehmenserwerbe anzuwenden (IFRS 10.4B).

 

Tz. 191b

Stand: EL 51 – ET: 10/2023

Diese Ausnahme von der Konsolidierungspflicht von Tochterunternehmen und der Pflicht einen Konzernabschluss als Mutterunternehmen aufzustellen gilt nicht, wenn der Hauptgeschäftszweck eines Tochterunternehmens, das selbst keine Investmentgesellschaft ist, in der Erbringung von Leistungen im Zusammenhang mit den Investitionsaktivitäten der Investmentgesellschaft (zB Beratung oder administrative Tätigkeiten wie Personalverwaltung, Rechnungslegung oder Finanzierung, vgl. IFRS 10.B85C–B85E) besteht. In diesem Fall ist das Tochterunternehmen nach den allgemeinen Regelungen des IFRS 10 zu konsolidieren und IFRS 3 ist anzuwenden (IFRS 10.32), dh. die Investmentmuttergesellschaft hat einen Konzernabschluss zu erstellen. Die Konsolidierungspflicht für Investmentmuttergesellschaften liegt nur vor, wenn die Tochterunternehmen als eine operative Erweiterung der Tätigkeiten der Investmentmuttergesellschaft fungieren und selbst nicht als Investmentgesellschaft qualifizieren (IFRS 10.BC240E). Diese Konsolidierungsausnahme wurde durch Investment Entities: Applying the Consolidation Exception (Amendments to IFRS 10, IFRS 12 and IAS 28) vom Dezember 2014 konkretisiert (vgl. Tz. 10c). Wenn das Tochterunternehmen, das die investmentbezogenen Dienstleistungen erbringt, jedoch selbst eine Investmentgesellschaft ist, hat das Mutterunternehmen dieses Tochterunternehmen zum beizulegenden Zeitwert zu bilanzieren (IFRS 10.B85E).

 

Tz. 191c

Stand: EL 51 – ET: 10/2023

Sollte eine Investmentgesellschaft von einem Mutterunternehmen gehalten werden, das selbst nicht als Investmentgesellschaft qualifiziert, gelten die beiden oben dargestellten Ausnahmen von der Konsolidierungspflicht für Investmenttochtergesellschaften und von der Pflicht einen Konzernabschluss als Mutterunternehmen aufzustellen nicht. Das bedeutet, dass ein Mutterunternehmen einer Investmentgesellschaft alle Tochterunternehmen zu konsolidieren hat, auch diejenigen, die über die Investmentgesellschaft in Form von Investments beherrscht werden (IFRS 10.33). Obwohl diese Regelung durchaus umstritten war (IFRS 10.BC281f.), hielt das IASB hieran fest, um keine Gestaltungsmöglichkeiten im Konzernabschluss zu ermöglichen.

 

Tz. 191d

Stand: EL 51 – ET: 10/2023

Eine Investmentgesellschaft wird gem. IFRS 10.27 bzw. IFRS 10 Appendix A als eine Einheit definiert, die

  1. von einem oder mehreren Investoren (finanzielle) Mittel erhält mit dem Zweck, für diese Investoren Vermögensverwaltungsdienstleistungen zu erbringen;
  2. sich den Investor(en) gegenüber verpflichtet, dass ihr Geschäftszweck allein darin besteht, die erhaltenen finanziellen Mittel zur Erreichung von Wertsteigerungen oder von Anlageerträgen (zB Dividenden, Zinsen oder Mieterträge) oder beidem zu investieren; und
  3. die Ertragskraft im Wesentlichen aller ihrer Investments auf Basis des beizulegenden Zeitwerts bewertet und beurteilt.

Hierbei hat das Unternehmen alle Sachverhalte und Umstände, einschließlich seines Geschäftszwecks und seine Gestaltung zu berücksichtigen (IFRS 10.B85A).

 

Tz. 191e

Stand: EL 51 – ET: 10/2023

Der IFRS 10 enthält umfangreiche Anwendungshinweise zu den genannten Definitionskriterien sowie vier Anwendungsbeispiele (illustrative examples) zur Bestimmung von Investmentgesellschaften (vgl. IFRS 10.B85A–B85M sowie IFRS 10. IE1–IE15). Der Geschäftszweck einer Investmentgesellschaft kann insbesondere Wertpapierprospekten oder sonstigen Unternehmensveröffentlichungen entnommen werden (IFRS 10.B85B). Dabei ist es unerheblich, ob die Investmentgesellschaft selbst diese Dienstleistungen erbringt oder diese outsourced und dabei für diese...

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