Tz. 134

Stand: EL 49 – ET: 02/2023

Enthält ein Abschluss wesentliche Fehler (zur Definition von Wesentlichkeit vgl. Tz. 12f.) oder absichtlich herbeigeführte unwesentliche Fehler, um eine bestimmte Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu erreichen, steht ein Abschluss nicht im Einklang mit sämtlichen IFRS iSv. IAS 1.16 (IAS 8.41). Insofern sind zwingend Korrekturen vorzunehmen. Hingegen sind nicht wesentliche, unbeabsichtigte Fehler nicht zwingend zu korrigieren; insofern hat der IASB eine "Toleranzzone" geschaffen (Hennrichs, DStR 2009, S. 1448).

 

Tz. 135

Stand: EL 49 – ET: 02/2023

Nach IAS 8.5 sind Fehler definiert als fehlende oder unrichtige Informationen im Abschluss eines Unternehmens, die sich aus der Nicht- oder Fehlanwendung von verlässlichen Informationen ergeben. Die Nicht- oder Fehlanwendung von Informationen führt dazu, dass die vom Standardsetter vorgegebenen Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden nicht oder fehlerhaft angewendet werden (hierzu vgl. auch Tz. 36). Dies schließt nach der Definition auch die Fehlinterpretation von Sachverhalten (misinterpretation of facts) ein.

 

Tz. 136

Stand: EL 49 – ET: 02/2023

IAS 8 unterscheidet zwischen

  • wesentlichen Fehlern,
  • absichtlich herbeigeführten unwesentlichen Fehlern und
  • sonstigen unwesentlichen Fehlern.
 

Tz. 136a

Stand: EL 49 – ET: 02/2023

Je nach Einstufung ergeben sich unterschiedliche Bilanzierungsvorschriften (vgl. hierzu Tz. 21f.). Zunächst ist zwischen wesentlichen und unwesentlichen Fehlern zu unterscheiden. Zur Definition von Wesentlichkeit vgl. Tz. 13aff. Durch die Veröffentlichung des Practice Statements 2 hat der Standardsetter den Abschlusserstellern eine Hilfestellung zur Ermittlung wesentlicher Sachverhalte zur Verfügung gestellt. Dies erfolgt in einem Vier-Schritte-Modell (vgl. PS 2.33ff., vgl. hierzu im Einzelnen Link, BB 2018, S. 172ff.; Hebestreit/Teitler-Feinberg, IRZ 2018, S. 144ff.):

(1) Identifizierung wesentlicher Informationen,
(2) Beurteilung, ob die in Schritt (1) identifizierten Informationen tatsächlich wesentlich sind,
(3) Strukturierung der Informationen im Abschlussentwurf und
(4) Würdigung, ob die berichteten Informationen einzeln und in Kombination mit anderen Informationen im Kontext des IFRS-Abschlusses als Ganzes wesentlich sind.
 

Tz. 136b

Stand: EL 49 – ET: 02/2023

Ad (1)

Die Identifizierung von Informationen über Transaktionen, Ereignisse und Bedingungen, die für primäre Adressaten (vgl. Tz. 13d) potenziell wesentlich sein können, hat unabhängig davon zu erfolgen, ob diese Informationen von den IFRS vorgeschrieben werden oder nicht. Kosten/Nutzenüberlegungen dürfen an dieser Stelle nur dann eine Rolle spielen, wenn dies der einschlägige IFRS explizit vorsieht (vgl. PS 2.35ff.). Ergebnis dieses Schritts sollte eine Liste potenziell wesentlicher Informationen sein (vgl. Hebestreit/Teitler-Feinberg, IRZ 2018, S. 145).

 

Tz. 136c

Stand: EL 49 – ET: 02/2023

Ad (2)

Bei der Beurteilung, ob Informationen tatsächlich wesentlich sind, sind quantitative und qualitative Faktoren heranzuziehen. Dabei gilt, dass sobald die quantitative Wesentlichkeitsgrenze überschritten wird, die qualitativen Faktoren nicht mehr zu prüfen sind (vgl. PS 2.53). Insofern liegt es nahe, stets mit der quantitativen Analyse zu beginnen. Beurteilungsmaßstabe für die quantitative Wesentlichkeit sind regelmäßig Umsatzerlöse sowie Rendite-Kennziffern und Cashflow-Größen (vgl. PS 2.45). Für die Beurteilung der qualitativen Wesentlichkeit sind externe und interne Faktoren zu berücksichtigen, dabei gilt die Faustregel, dass je mehr qualitative Faktoren erfüllt sind, desto mehr spricht für die Wesentlichkeit der Information (vgl. PS 2.52). Zu den externen Faktoren gehören zB die geographische Lage, Branche einschließlich deren Risikoprofil oder Zustand des wirtschaftlichen Umfelds, in dem das berichtende Unternehmen tätig ist (vgl. PC 2.49).

 

Tz. 136d

Stand: EL 49 – ET: 02/2023

Ad (3)

Die Informationen sind so aufzubereiten, dass sie für die primären Adressaten (vgl. Tz. 13d) klar, prägnant und präzise sind. PS 2.26 enthält zur Erreichung dieses Ziels folgende Leitlinien:

(1) Wesentliche Fakten sind zu betonen;
(2) Informationen sind auf das berichtende Unternehmen zuzuschneiden;
(3) Erläuterungen sollten ausgewogen sein, dh., Wichtiges darf nicht zu kurz, weniger Wichtiges nicht zu lang dargestellt werden;
(4) Verbindungen zwischen einzelnen Informationen sind kenntlich zu machen;
(5) aussagekräftige Darstellungsformen wie zB Tabellen sind anzuwenden;
(6) horizontale (zwischen berichtenden Unternehmen) und vertikale Vergleichbarkeit (im Zeitablauf) sollte ermöglicht werden;
(7) Wiederholungen sind zu vermeiden und
(8) unwesentliche Informationen sollen wesentliche Informationen nicht verschleiern.

Im Ergebnis steht nach Schritt (3) ein erster Entwurf des Abschlusses.

 

Tz. 136e

Stand: EL 49 – ET: 02/2023

Ad (4)

In Schritt (4) ist zu prüfen, ob der Entwurf klar und verständlich sowie vollständig ist und ein zutreffendes Gesamtbild gibt. Dabei ist zu klären, ob

(1) rele...

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