Tz. 39

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Sofern eine Erstbewertung zum beizulegenden Zeitwert in den Einzelstandards, wie etwa in IAS 41, IFRS 3 oder IFRS 9, vorgesehen ist, richtet sich die Bewertung nach IFRS 13. Hierbei stellt sich bei erworbenen Vermögenswerten und eingegangenen Schulden die Frage, inwiefern der Zugangspreis (entry price) einem Veräußerungspreis (exit price) und somit dem beizulegenden Zeitwert entspricht (IFRS 13.57). Im Regelfall wird dies – abstrahierend von Transaktionskosten – zB dann der Fall sein, wenn Kaufs- und Verkaufstransaktionen auf demselben Markt stattfinden (IFRS 13.58; IFRS 13.BC44; IFRS 13.IE23; vgl. zudem IDW RS HFA 47, Tz. 48). Es kann jedoch nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der Transaktionspreis (Zugangspreis) mit dem beizulegenden Zeitwert im Zugangszeitpunkt übereinstimmt. So ergeben sich zB unterschiedliche Werte bei Transaktionen auf Märkten, die durch eine nicht nur unwesentliche Geld-Brief-Spanne gekennzeichnet sind (vgl. IDW RS HFA 47, Tz. 49f.). Zudem können solche Differenzen bspw. bei komplexen und/oder over the counter gehandelten Finanzinstrumenten auftreten (vgl. Lüdders, KoR 2015, S. 302).

In IFRS 13.B4 werden Indikatoren genannt (vgl. Tz. 40), bei denen der Zugangspreis ggf. nicht mit dem beizulegenden Zeitwert bei der Erstbewertung übereinstimmt (IFRS 13.59; IFRS 13.BC133). Diese sollten in jedem Fall von den Unternehmen iSe. widerlegbaren Vermutung berücksichtigt werden. Beim Vorliegen objektiver Hinweise ist daher zu überprüfen, ob der Zugangspreis dem Veräußerungspreis entspricht und somit ein geeigneter beizulegender Zeitwert für den Erstansatz ist. Das Vorliegen eines oder mehrerer Indikatoren führt jedoch nicht zwangsläufig zu einer Differenz zwischen entry price und exit price (vgl. KPMG, Insights into IFRS 2018/2019, Tz. 2.4.320.30; Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg (Hrsg.), Haufe IFRS-Kommentar, 16. Aufl., § 8a, Tz. 124). Vielmehr sollte in solch einem Fall das Unternehmen im Einzelfall weiterführend analysieren, ob solch eine Differenz tatsächlich besteht (vgl. Wieland-Blöse/André, in: Internationales Bilanzrecht, IFRS 13, Tz. 206).

 

Tz. 40

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Der Zugangspreis kann vom fiktiven Veräußerungspreis abweichen, wenn der Transaktionspreis zwischen verbundenen Marktteilnehmern (related parties) zustande kam. Sofern die Transaktion jedoch zu Marktbedingungen abgeschlossen wurde, kann dieser Preis allerdings einen Hinweis auf den beizulegenden Zeitwert geben (IFRS 13.B4 (a)). Es liegt ebenfalls uU kein beizulegender Zeitwert vor, wenn die Transaktion unter Druck oder Zwang abgeschlossen wurde (IFRS 13.B4 (b)). Auch wenn der Transaktionspreis neben dem eigentlichen Vermögenswert, wie etwa bei einem Unternehmenszusammenschluss, weitere Elemente enthält oder wenn der Transaktionspreis zusätzlich separat zu bewertende Rechte und Privilegien oder Transaktionskosten enthält (IFRS 13.B4 (c)), entsprechen sich Transaktionspreis und Fair Value ggf. nicht. Weitere einzubeziehende Elemente können gemäß IFRS 13.B4 (c) einschlägig sein, wenn die durch den Transaktionspreis dargestellte Bilanzierungseinheit nicht mit der Bilanzierungseinheit des zum Fair Value zu bewertenden Vermögenswertes oder der zum beizulegenden Zeitwert zu bewertenden Schuld übereinstimmt. Dies könnte bspw. der Fall sein, wenn notleidende Kredite in einem Portfolio übertragen wurden und hierfür ein Volumenabschlag anfällt (vgl. für dieses und weitere Beispiele Lüdders, KoR 2015, S. 306). Während der Transaktionspreis in diesem Beispiel auf dem Gesamtport­folio beruht, ist die Bilanzierungseinheit idR das einzelne Finanzinstrument (vgl. Tz. 98).

Der bei einer Transaktion gezahlte Preis kann aber auch deshalb vom beizulegenden Zeitwert abweichen, weil der Bilanzierende aufgrund erwarteter individueller Vorteile möglicherweise bereit ist, einen höheren als den am Markt geltenden Durchschnittspreis zu zahlen (vgl. Wieland-Blöse/André, in: Internationales Bilanzrecht, IFRS 13, Tz. 205).

 

Tz. 41

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Darüber hinaus stimmt der Transaktionspreis möglicherweise auch dann nicht mit dem beizulegenden Zeitwert überein, wenn Kauf und Verkauf des Vermögenswertes oder der Schuld an verschiedenen Märkten stattfinden (IFRS 13.B4 (d)). Dieser Sachverhalt wird in IFRS 13.IE24–26 beispielhaft illustriert: Einzelhändler A und Händler B vereinbaren einen Zinsswap. Während Händler B sowohl Zugang zum Händlermarkt (dealer market) als auch zum Einzelhandelsmarkt (retail market) hat, hat der Einzelhändler A lediglich Zugang zu Letzterem. Der Hauptmarkt für Händler B ist der Händlermarkt, obwohl der Zinsswap auf dem Einzelhandelsmarkt abgeschlossen wurde. Selbst wenn der Transaktionspreis im Transaktionszeitpunkt null gewesen ist, ist es möglich, dass der beizulegende Zeitwert des Zinsswap aus Sicht des Händlers B, durch die Möglichkeiten an seinem Hauptmarkt zu agieren, ungleich null ist. Demgegenüber dürfte der beizulegende Zeitwert des Zinsswap für den Einzelhändler A, dessen ...

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