I. Fehlerfeststellungsverfahren

 

Tz. 121

Stand: EL 44 – ET: 06/2021

In der Praxis wird das Prüfverfahren durch die BaFin typischerweise im Falle der Feststellung einer fehlerhaften Rechnungslegung durch die DPR und der Nicht-Zustimmung des Unternehmens zu dieser Fehlerfeststellung eröffnet (§ 108 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Var. 2 iVm. § 107 WpHG).

 

Tz. 122

Stand: EL 44 – ET: 06/2021

Gemäß § 107 Abs. 1 WpHG erlässt die BaFin dazu gegenüber dem betroffenen Unternehmen eine Prüfungsanordnung, die auch die einzelnen Prüffelder bezeichnen soll. Wie beim DPR-Prüfverfahren auf erster Stufe ist auch die BaFin schon aus Kapazitätsgründen gezwungen, sich auf bestimmte Prüffelder zu konzentrieren. Im Fall der Fehlerfeststellung und Nicht-Zustimmung orientiert sich die BaFin grundsätzlich an den von der Fehlerfeststellung betroffenen Prüffeldern (vgl. im Einzelnen zum Fehlerfeststellungsverfahren der BaFin Müller, AG 2010, S. 483ff.). Die Prüfungsanordnung kann nach Maßgabe von § 107 Abs. 1 Satz 5 WpHG auch im Bundesanzeiger veröffentlicht werden. Davon hat die BaFin bislang allerdings nicht Gebrauch gemacht.

 

Tz. 123

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Die BaFin kann sich bei ihren Prüfungen der Erkenntnisse der Prüfstelle bedienen und führt darüber hinaus eigenständige Prüfungshandlungen durch. Verpflichtet zur Auskunft und zur Vorlage von Unterlagen sind zunächst dieselben Personen wie auch auf der ersten Stufe im DPR-Prüfverfahren (vgl. Tz. 101ff.). Der Gesetzgeber hat den zur Mitwirkung verpflichteten Personenkreis aber darüber hinaus auf der zweiten Stufe des Bilanzkontrollverfahrens auch um die Abschlussprüfer erweitert (§ 107 Abs. 5 WpHG). Nach der Rechtsprechung des OLG Frankfurt am Main sind erforderlichenfalls auch dessen Arbeitspapiere der BaFin vorzulegen (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 29.11.2007, WpÜG 2/07, AG 2007, S. 207; zu den Leitsätzen vgl. Tz. 136. Zur Vorlage von Arbeitspapieren im Rahmen des DPR-Verfahrens vgl. Tz. 105).

 

Tz. 124

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Das Prüfverfahren endet mit der Mitteilung der BaFin an das Unternehmen, dass die Prüfung keine Beanstandungen ergeben hat (§ 109 Abs. 3 WpHG), oder mit dem Erlass eines Fehlerfeststellungsbescheids (§ 109 Abs. 1 WpHG).

 

Tz. 125

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Wie für die DPR gelten auch für die BaFin die Anzeigenpflichten gegenüber der Staatsanwaltschaft und der APAS gem. § 110 WpHG. Nach Maßgabe dieser Norm wird die BaFin jedoch zusätzlich verpflichtet, ggf. die zuständige Börsenaufsichtsbehörde zu informieren.

II. Fehlerveröffentlichungsverfahren

 

Tz. 126

Stand: EL 44 – ET: 06/2021

Im Rahmen des Fehlerveröffentlichungsverfahren (§ 109 Abs. 2 WpHG) ordnet die BaFin an, dass der von der BaFin oder der DPR im Einvernehmen mit dem Unternehmen festgestellte Fehler vom Unternehmen bekannt zu machen ist. Dazu gehören auch die wesentlichen Teile der Begründung zur Fehlerfeststellung. Für die Fehlerveröffentlichung hat das OLG Frankfurt am Main durch einen Beschluss die Darstellungsspielräume eingegrenzt. Unzulässig sind der Gebrauch des Konjunktivs sowie relativierende Hinweise auf eingelegte Widersprüche und Beschwerden (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 31.08.2010, WpÜG 3/10, zu den Leitsätzen vgl. Tz. 136 sowie ausführlicher Zülch/Hoffmann, StuB 2011, S. 210ff.). Das OLG kann nach § 113 Abs. 2 WpHG iVm. § 56 Abs. 2 Satz 1 WpÜG einen Fehlerfeststellungsbescheid bzw. eine Veröffentlichungsanordnung der BaFin im Enforcement-Verfahren auch teilweise aufheben, wenn die rechtlich unbedenklichen Teile nicht in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem rechtswidrigen Teil stehen, wie etwa einzelne voneinander unabhängige Beanstandungen (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 04.02.2019, WpÜG 3/16, WpÜG 4/16; NJW-Spezial 2019, S. 305; Pöschke, WPg 2019, S. 872ff.; zu den Leitsätzen vgl. Tz. 136).

 

Tz. 127

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Von der Anordnung sieht die BaFin ausnahmsweise nur dann ab, wenn sie bei entsprechender Prüfung von Amts wegen zum Ergebnis gelangt, dass kein öffentliches Interesse besteht, oder wenn die BaFin bei entsprechender Prüfung auf Antrag des Unternehmens zum Ergebnis gelangt, dass die Veröffentlichung den berechtigten Interessen des Unternehmens schaden kann. Da nach der gesetzgeberischen Intention, die vom OLG Frankfurt am Main bestätigt worden ist (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 14.06.2007, WpÜG 1/07, BB 2007, S. 2060; zu den Leitsätzen vgl. Tz. 136), die Veröffentlichung des Fehlers der Regelfall sein soll, wird die BaFin das Kapitalmarktinteresse an der Fehlerveröffentlichung gegenüber den Unternehmensinteressen grundsätzlich höher gewichten (vgl. hierzu Kumm/Müller, IRZ 2009, S. 80). Eine Fehlerveröffentlichung kann auch bei Wegfall der Börsenzulassung noch vor dem Abschluss des Prüfverfahrens angezeigt sein, wenn der festgestellte Rechnungslegungsfehler nicht nur in Bezug auf das betroffene Unternehmen von Bedeutung ist. In einem solchen Fall entfällt das öffentliche Interesse an der Publizierung dieses Fehlers nicht mit dem Delisting (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 31.05.2012, WpÜG 2 und 3/12, DB 2012, S. ...

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