Tz. 139

Stand: EL 51 – ET: 10/2023

IFRS 10 enthält erstmals auch Hinweise, ob die Beteiligung an der Gründung oder Initiierung (sog. Sponsoring) eines strukturierten Unternehmens dazu führt, dass der Investor Verfügungsgewalt über das strukturierte Unternehmen hat. Gemäß IFRS 10 ist es nicht ausreichend, an der Gründung oder Initiierung beteiligt zu sein, um bereits Verfügungsgewalt zu haben; dies gilt auch dann, wenn der Investor wesentlich daran beteiligt ist (vgl. Tz. 125–126). Vielmehr liegt Beherrschung iSd. IFRS 10 nur dann vor, wenn die drei Bestandteile des Beherrschungsbegriffs erfüllt sind (vgl. Tz. 55 ff.). Dabei sind die Beteiligung an der Gründung sowie die dabei getroffenen Entscheidungen allerdings Indikatoren für das Vorliegen von Entscheidungsbefugnissen und sind im Rahmen der allgemeinen Berücksichtigung von Zweck und Gestaltung des Beteiligungsunternehmens zu berücksichtigen, da der Investor hierdurch die Möglichkeit gehabt haben könnte, sich ausreichende Rechte für die Verfügungsgewalt einzuräumen (IFRS 10.B51). Soweit bei der Gründung des strukturierten Unternehmens derivative Rechte oder Liquidationsrechte vereinbart wurden, sind diese bei der Beurteilung von Beherrschung zu berücksichtigen (IFRS 10.B52). Gerade in Verbindung mit Autopilot-Strukturen (vgl. Tz. 141) können diese Rechte in besonderen Situationen maßgeblich für die Beurteilung von Beherrschung sein. Unilaterale Liquidationsrechte und/oder uneingeschränkte Abberufungsrechte sind dabei ebenso wie die implizite oder explizite Verpflichtung, die Fortführung des Geschäfts des strukturierten Unternehmens sicherzustellen, stets Indikatoren für das Vorliegen von Verfügungsgewalt (IFRS 10.B54). Wenn bspw. in einer Gesellschaft ein Gesellschafter A die operativen Geschäfte führt, ein anderer Gesellschafter B nur Vetorechte für außergewöhnliche Sachverhalte (wie Liquidation oder sonstige Einstellung der Geschäftstätigkeit) hat und ein Geldgeber C Berufungs- und Abberufungsrechte über Gesellschafter A verfügt, so ist davon auszugehen, dass der Geldgeber C die Gesellschaft beherrscht, ohne dass er über Eigenkapitalanteile verfügt (vgl. ESMA Report, 18th extract, decision ref. EECS/0215–05, Tz. 28f.). Ein Investor kann sich aus verschiedenen Gründen explizit oder implizit verpflichten, die Geschäftstätigkeit des Beteiligungsunternehmens sicherzustellen, bspw. können Reputationsrisiken oder strategische Überlegungen Motivation des Investors sein. Die Verpflichtung, die Fortführung des Geschäfts des Beteiligungsunternehmens sicherzustellen, stellt einen Indikator für Verfügungsgewalt dar, da der Investor durch diese Garantie stärker an den schwankenden Renditen partizipiert und damit einen Anreiz hat, Rechte mit Verfügungsgewalt über das Beteiligungsunternehmen zu erhalten (IFRS 10.B54).

 

Tz. 140

Stand: EL 51 – ET: 10/2023

Sponsoring ist oft verbunden mit der Übertragung von finanziellen Vermögenswerten und Schulden. Neben den Regelungen in IFRS 10 sind dabei auch die allgemeinen Regelungen zur Ausbuchung in IFRS 9 zu berücksichtigen. Der Investor hat diese Finanzinstrumente weiterhin zu bilanzieren, sofern dieser weiterhin über die Chancen und Risiken aus diesen Finanzinstrumenten verfügt.

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