I. System der Rechnungslegungsgrundsätze

 

Tz. 35

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

IFRS-Abschlüsse sollen den Adressaten entscheidungsnützliche Informationen (decision usefulness) liefern (CF.1.2). Um dieses Ziel zu erreichen, liegen der Rechnungslegung nach IFRS die Basisannahme der Unternehmensfortführung (going concern) und das Konzept der Periodenabgrenzung (accrual accounting) zugrunde. Nach dem Konzept der Periodenabgrenzung sind Geschäftsvorfälle unabhängig vom Zahlungsmittelfluss in der Periode zu erfassen, der sie zuzurechnen sind (vgl. ausführlich IFRS-Komm., Teil B, IAS 1, Tz. 43). Formal betrachtet ist das Konzept der Periodenabgrenzung keine Basisannahme, da es, anders als der Grundsatz der Unternehmensfortführung, nicht als solche im Conceptual Framework formuliert wird. Gleichwohl wird das Konzept sowohl im Conceptual Framework (CF.1.17) als auch in IAS 1.27 als allgemeines Merkmal angeführt und bildet somit ein grundlegendes Konzept der IFRS-Rechnungslegung (vgl. Heuser/Theile, 5. Aufl., Tz. 292). Diese Basisannahme der Unternehmensfortführung und das Konzept der Periodenabgrenzung sollen in Kombination mit den qualitativen Anforderungen an Abschlussinformationen entscheidungsnützliche Informationen vermitteln. Die folgende Übersicht zeigt die Grundsätze der Rechnungslegung nach IFRS sowie deren Zusammenhang:

II. Basisannahme

 

Tz. 36

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Die Zielsetzung des IFRS-Abschlusses wird durch die Basisannahme der Unternehmensfortführung (going concern) unterstützt. Nach dieser Annahme ist bei der Aufstellung des IFRS-Abschlusses davon auszugehen, dass das Unternehmen auf absehbare Zeit (foreseeable future) seine Unternehmenstätigkeit fortsetzen wird (CF.3.9; IAS 1.25). Demnach wird unterstellt, dass das Unternehmen weder die Absicht hat, noch eine wirtschaftliche Notwendigkeit besteht, das Unternehmen als Ganzes zu liquidieren oder wesentliche Geschäftsteile stillzulegen (vgl. auch PricewaterhouseCoopers, 2017, S. 1006f.).

 

Tz. 37

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Für die Prüfung einer berechtigten Annahme der Unternehmensfortführung sind grundsätzlich die Verhältnisse am Bilanzstichtag maßgeblich. Nach IAS 10.14 bzw. IAS 1.25 darf ein Unternehmen seinen Abschluss nicht auf der Grundlage der going concern-Prämisse aufstellen, wenn das Management nach dem Bilanzstichtag beabsichtigt, das Unternehmen aufzulösen, den Geschäftsbetrieb einzustellen oder wenn keine realistische Alternative zur Aufgabe der Annahme besteht (vgl. auch Pellens/Fülbier/Gassen/Sellhorn, 10. Aufl., S. 105). Über die Verhältnisse am Bilanzstichtag hinaus können indes sowohl wertaufhellende Ereignisse (adjusting events after the reporting period) als auch wertbeeinflussende Ereignisse (non-adjusting events after the reporting period) als Indizien zur Feststellung einer negativen Fortführungsprämisse herangezogen werden. Das Erfordernis, von der going concern-Prämisse aufgrund wertbeeinflussender Tatsachen abzuweichen, steht hier nicht im Widerspruch zum Stichtagsprinzip bzw. zur Nicht-Berücksichtigung von wertbeeinflussenden Tatsachen. Vielmehr stellt der Verzicht auf die going concern-Prämisse eine grundlegende Neuausrichtung in der Art der Bilanzierung und Bewertung und keine Bewertungsanpassung im Rahmen des bestehenden Bilanzierungskonzepts dar (IAS 10.15). Aus diesem Grund kann sich die Notwendigkeit, vom Grundsatz der Unternehmensfortführung abzuweichen, sowohl aus wertaufhellenden als auch aus wertbeeinflussenden Tatsachen ergeben (vgl. IFRS-Komm., Teil B, IAS 1, Tz. 40). Diese Vorgehensweise ist nicht mit den handelsrechtlichen Vorschriften kompatibel, wonach Umstände, die nach dem Bilanzstichtag bekannt werden, und die auch nach dem Bilanzstichtag verursacht worden sind, nicht zu berücksichtigen sind.

 

Tz. 38

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Der Zeitraum, für den die Fortführungsprämisse gelten muss, wird ähnlich wie in der handelsrechtlichen Rechnungslegung nicht genau präzisiert. IAS 1.26 verlangt lediglich, dass die Unternehmensleitung bei der Beurteilung der Unternehmensfortführung alle verfügbaren Informationen über einen Zeitraum von mindestens zwölf Monaten nach dem Bilanzstichtag zu berücksichtigen hat. Der zu berücksichtigende Zeitraum kann aber, falls erforderlich, über zwölf Monate hinausgehen. Auch inhaltlich ist die Prüfung der Prämisse der Unternehmensfortführung von den Gegebenheiten des Einzelfalls abhängig (IAS 1.26; vgl. auch IFRS-Komm., Teil B, IAS 1, Tz. 38).

 

Tz. 39

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Wird eine Fortführung der Unternehmenstätigkeit verneint, ist der IFRS-Abschluss nicht auf der Basis von Fortführungswerten, sondern nach anderen Grundsätzen zu erstellen. In Ermangelung konkreter Vorschriften gelten die allgemeinen Vorschriften (vor allem IAS 36 und IAS 37; IAS 1.17 analog). Bei der Bewertung ist vor allem die Art der Abwicklung bzw. Liquidation in Betracht zu ziehen und eine Einschätzung aller rechtlich relevanten Tatbestände vorzunehmen. Der Ansatz von Zerschlagungswerten ist demnach per se wohl unzulässig (vgl. IFRS-Komm., Teil B, IAS 1, Tz. 42; im Ergebnis analog, ADS...

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