Tz. 104

Stand: EL 31 - ET: 3/2017

Die Schätzung der variablen Gegenleistung erfolgt – vergleichbar zu den Regelungen des IAS 37 zur Rückstellungsbewertung (IAS 37.36–39) – anhand des Erwartungswerts ("expected value") oder des wahrscheinlichsten Werts ("most likely amount") (IFRS 15.53). Die Wahl des Bewertungsmaßstabes liegt grundsätzlich im Ermessen des Unternehmens und kann, bspw. bei Fertigungsaufträgen, in einzelnen Perioden zu einer unterschiedlich hohen Umsatzerfassung führen (zur beispielhaften Gegenüberstellung vgl. Baur et al., IRZ 2014, S. 474). Es ist jedoch diejenige Methode zu wählen, mithilfe derer der Transaktionspreis bestmöglich angenähert werden kann (IFRS 15. 53 f.; IFRS 15.BC195). Die gewählte Methode ist konsistent auf ähnliche Verträge sowie während der gesamten Vertragslaufzeit anzuwenden (IFRS 15. 54; IFRS 15.BC195); sofern die Gegenleistung jedoch verschiedene variable Vergütungsbestandteile beinhaltet, können innerhalb eines Vertrags auch unterschiedliche Methoden Anwendung finden (IFRS 15.BC202; IFRS 15.IE107). Bei der Schätzung der variablen Gegenleistung sind alle dem Unternehmen zur Verfügung stehenden historischen und gegenwärtigen Informationen sowie Zukunftsprognosen zu berücksichtigen und eine angemessene Anzahl möglicher Gegenleistungsbeträge zu ermitteln (IFRS 15.54). Typischerweise erfolgt dies – im Sinne des Management Approach (vgl. Knobloch/Anton, Das Fünf-Schritte-Modell (Teil 1), DStR 2015, S. 1523) – anhand der Informationen, die das Management für die Angebots- und Preiserstellung verwendet (IFRS 15.54).

 

Tz. 105

Stand: EL 31 - ET: 3/2017

Der Erwartungswert ist als Summe aller wahrscheinlichkeitsgewichteten Beträge innerhalb der Bandbreite möglicher Gegenleistungen definiert, mithin als Betrag, der sich durch Gewichtung aller möglichen Werte mit den damit verbundenen Wahrscheinlichkeiten ergibt (IFRS 15.53(a); IFRS 15.BC196). Die Erwartungswertmethode ist vor allem bei einer großen Anzahl gleichartiger Verträge anzuwenden (IFRS 15.53(a)). De facto müssen dabei auch bei Vorliegen vieler Daten nicht alle möglichen Werte berücksichtigt werden; aus Gründen der Kosten- und Komplexitätsreduzierung ist eine begrenzte Anzahl an Ergebnissen für eine vernünftige Schätzung ausreichend (IFRS 15.BC201).

 

Tz. 106

Stand: EL 31 - ET: 3/2017

Die Ermittlung der variablen Gegenleistung anhand des Erwartungswerts, der im Rahmen des Überarbeitungsprozesses zunächst als einzige Methode vorgesehen war, wurde teilweise mit der Begründung einer mangelnden Entscheidungsnützlichkeit hinsichtlich des tatsächlichen Zahlungseingangs kritisiert (IFRS 15.BC196). Nach Ansicht des IASB spiegelt jedoch gerade die Erwartungswertmethode bestehende Unsicherheiten des Transaktionspreises zum Abschlussstichtag am besten wider (IFRS 15.BC199). Eine Schätzung auf Grundlage von Vergangenheitswerten setzt dabei eine gewisse Anzahl vergleichbarer Verträge voraus, weshalb der tatsächliche Zahlungsmittelzufluss durch den Erwartungswert angemessen angenähert werden kann (vgl. Wüstemann/Wüstemann, BB 2010, S. 2039; Wüstemann/Bischof, ZfB, Special Issue 6/2006, S. 93). Die Berücksichtigung historischer Erfahrungswerte aus ähnlichen Verträgen im Sinne einer Portfoliobetrachtung ist von dem Ausüben des Wahlrechts zur Portfolio-Bildung (vgl. Tz. 34 f.) zu unterscheiden und erfolgt hiervon unabhängig (vgl. TRG, Agenda Paper No. 38, 2015, Tz. 12; zur Zustimmung TRG, Agenda Paper No. 44, 2015, Tz. 25).

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