Tz. 36

Stand: EL 31 - ET: 3/2017

Im Vergleich zur Portfolio-Option sieht IFRS 15.17 die Zusammenfassung zweier oder mehrerer Verträge im Sinne einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise verpflichtend vor, sofern diese gleichzeitig oder zeitnah mit demselben Kunden oder einer nahestehenden Vertragspartei geschlossen werden. Die Beurteilung der zeitlichen Abhängigkeit der Verträge liegt dabei im Ermessen des Unternehmens; je länger die Vertragsschlüsse auseinander liegen, desto unwahrscheinlicher sind sie nach Ansicht des IASB jedoch zusammenzufassen (IFRS 15.BC75; hierzu kritisch vgl. KPMG, 2011, S. 15). Neben dieser notwendigen Bedingung müssen die Verträge als Paket mit einem gemeinsamen wirtschaftlichen Zweck ausgehandelt werden, Interdependenzen zwischen den Ansprüchen und Verpflichtungen der Verträge bestehen und/oder die vereinbarten Güter und Dienstleistungen eine einheitliche Leistungsverpflichtung (vgl. Tz. 49) darstellen (IFRS 15.17; IFRS 15.BC72 f.).

 

Tz. 37

Stand: EL 31 - ET: 3/2017

So ist bspw. ein mit einem Kunden geschlossener Verlustvertrag mit einem zeitnah abgeschlossenen weiteren Vertrag, der zur Kompensation des Verlusts eine entsprechend hohe Gewinnmarge vorsieht, aufgrund der wirtschaftlichen Abhängigkeit zusammenzufassen (vgl. Grote et al., Die neuen Vorschriften zur Umsatz- und Gewinnrealisierung (Teil 1), KoR 2014, S. 409). Die Zusammenfassung von Verträgen kann ebenfalls bei bestehenden Preisinterdependenzen geboten sein, zB wenn sich die Nichterfüllung einer vertraglichen Leistung auf die Höhe der zu zahlenden Gegenleistung des anderen Vertrags auswirkt (vgl. PwC, Revenue from Contracts with Customers, 2014, S. 2-12). Verträge, die bspw. durch ein Automobilunternehmen mit einem Zulieferer über die Lieferung von speziellen Bauteilen sowie über die Herstellung des dafür notwendigen Werkzeugs geschlossen werden und die außerdem vorsehen, dass das Werkzeug nach Lieferung der Bauteile an das Automobilunternehmen übergeht sowie der Zulieferer die hierfür angefallenen Kosten erstattet bekommt, sind als ein Vertragsverhältnis zu bilanzieren (vgl. Schurbohm-Ebneth/Viemann, KoR 2015, S. 182). Beide Verträge haben einen gemeinsamen wirtschaftlichen Zweck – die Produktion der Bauteile sowie die Zahlung des Kaufpreises inkl. der Deckung aller Kosten – und sind erst aufgrund ihres Zusammenwirkens für beide Seiten wirtschaftlich von Vorteil (vgl. Konold/Müller, IRZ 2015, S. 6).

 

Tz. 38

Stand: EL 31 - ET: 3/2017

Die Kriterien zur Vertragszusammenfassung des IFRS 15 schaffen dabei "eine neue Art von Mehrkomponentenverträgen", da sie eine Zusammenfassung einzelner Verträge unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtend vorschreiben (vgl. Fink et al., DB 2012, S. 1999 (auch Zitat)). Während ähnliche Regelungen faktisch nur für Fertigungsaufträge in IAS 11, nicht jedoch für andere Geschäftsvorfälle nach IAS 18 bestanden (vgl. Wüstemann/Wüstemann, WPg 2014, S. 932) und diese darüber hinaus weder vom Umfang noch vom Verbindlichkeitscharakter den Regelungen des IFRS 15 entsprechen, ergeben sich aus Sicht der Literatur für die betroffenen Unternehmen zahlreiche Änderungen insb. im Hinblick auf den Zeitpunkt und die Höhe der Umsatzerfassung (vgl. Schurbohm-Ebneth/Viemann, KoR 2015, S. 182; EY, A closer look at the new revenue recognition standard, 2015, S. 33; KPMG, 2014, S. 21; Bösser et al., PiR 2014, S. 301; Fink et al., DB 2012, S. 1999).

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