Tz. 27

Stand: EL 49 – ET: 02/2023

Schnittstellen zwischen Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden und rechnungslegungsbezogenen Schätzungen sind dann gegeben, wenn eine Bilanzierungs- und Bewertungsmethode (vgl. Tz. 23ff.) die Verwendung von nicht mit Präzision ermittelbaren Bewertungsgrundlagen vorsieht.

Beispiel:

IAS 16 sieht in Bezug auf planmäßige Abschreibungen im Wesentlichen folgende Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden vor:

(1) Das Abschreibungsvolumen einer Sachanlage ist planmäßig über seine Nutzungsdauer zu verteilen (IAS 16.50). Das Abschreibungsvolumen wird nach Abzug seines Restwerts ermittelt (IAS 16.53).
(2) Jeder Teil einer Sachanlage mit einem bedeutsamen Anschaffungswert im Verhältnis zu den gesamten Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Sachanlage wird getrennt abgeschrieben (IAS 16.43).
(3) Die Abschreibungsmethode hat dem erwarteten Verlauf des Verbrauchs des künftigen wirtschaftlichen Nutzens der Sachanlage durch das Unternehmen zu entsprechen (IAS 16.60).
(4) Der Abschreibungsbetrag ist für jede Periode erfolgswirksam zu erfassen, soweit er nicht in die Buchwerte anderer Vermögenswerte einzubeziehen ist (IAS 16.48). Die Abschreibung eines Vermögenswerts beginnt, wenn er zur Verfügung steht, dh. wenn er sich an seinem Standort und in dem vom Management beabsichtigten betriebsbereiten Zustand befindet. Sie endet an dem Tag, an dem die Sachanlage gem. IFRS 5 als zur Veräußerung gehalten klassifiziert wird, spätestens jedoch am Tag der Ausbuchung (IAS 16.55).

Der jährliche Abschreibungsbetrag ist aufgrund dieser vorgegebenen Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden zu ermitteln. Zur Ermittlung dieses Betrags sind für jeden bedeutsamen Teil der Sachanlage folgende Bewertungsgrundlagen heranzuziehen:

  • das Abschreibungsvolumen,
  • der Restwert,
  • (die Nutzungsdauer,
  • der erwartete Verlauf des Verbrauchs des künftigen wirtschaftlichen Nutzens,
  • Beginn und Ende der Abschreibung.

Der Restwert, die Nutzungsdauer und der erwartete Verlauf des Verbrauchs des künftigen wirtschaftlichen Nutzens können häufig nicht mit Präzision im Voraus bestimmt werden. Daher werden diese Faktoren in der Bewertungstechnik mit rechnungslegungsbezogenen Schätzungen ausgefüllt (vgl. hierzu insbesondere IAS 16.BC33). Ändern sich diese Faktoren im Vergleich zu Vorperioden, sind sie folgerichtig als Schätzungsänderungen zu bilanzieren (vgl. IAS 16.51, IAS 16.61, zu möglichen Neuentwicklungen vgl. Tz. 24a). Vgl. auch neuer Wortlaut IAS 8.32d), der (unverändert) eine Änderung einer rechnungslegungsbezogenen Schätzung bei geänderten Parametern unterstellt (glA, Schreiber, WPg 2021, S. 890).

 

Tz. 28

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In der Praxis ist es indes nicht immer eindeutig möglich, Änderungen von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden von Schätzungsänderungen abzugrenzen. Insbesondere in Bezug auf als Bewertungsmethode angewendete Schätzverfahren (wie zB Bewertungsmodelle für die Bewertung von Aktienoptionen oder Methoden zur Bewertung von Fertigungsaufträgen gem. IFRS 15) erscheint die Abgrenzung besonders schwierig (für die Einstufung als Änderung einer Bilanzierungs- und Bewertungsmethode Bachem/Fervers/Janssen/Mehrhoff, 4. Aufl., Tz. 108; für die Einstufung als Schätzungsänderung, sofern eine Faktoränderung vorliegt Fink/Zeyer, PiR 2011 S. 184; Heuser/Theile, 6. Aufl. Tz. 12.26). Zum Thema der Einordnung der Verbrauchsfolgeverfahren (vgl. auch Tz. 26a). In IAS 8.32A soll klargestellt werden, dass die Auswahl oder der Wechsel der Bewertungstechnik eine Schätzungsänderung darstellt (vgl. Tz. 2d u. 2f und 24a). Die Änderung einer Schätzmethode ist also eine Änderung einer rechnungslegungsbezogenen Schätzung und keine Änderung einer Rechnungslegungsmethode (glA, Schreiber, WPg 2021, S. 890). Ein weiteres Beispiel hierfür ist die Beantwortung der Frage, ob eine Änderung des bisher verwendeten Baskets bzw., bei der Änderung eines Index, die für Zwecke der Ermittlung des Zinssatzes zur Diskontierung der Verpflichtungen für die nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu erbringenden Leistungen gem. IAS 19.83 herangezogen werden, eine Schätzungsänderung oder eine Änderung der Bilanzierungs- und Bewertungsmethode darstellt. Das RIC hat in seiner 34. Sitzung im Mai 2009 die Auffassung geäußert, dass es sich hierbei um Schätzungsänderungen handelt (vgl. RIC, Ausgewählte IFRS-Bilanzierungsfragen im Zusammenhang mit der Finanz- und Wirtschaftskrise, S. 15; zu weiteren Beispielen vgl. Fink/Zeyer, PiR 2011, S. 185f.). Für derartige Fälle postuliert der Standardsetter die Vermutung, dass es sich im Zweifel um eine Änderungen von rechnungslegungsbezogenen Schätzungen handelt (vgl. IAS 8.35). Diese Regelung stellt in praxi eine Arbeitserleichterung dar; dennoch entbindet sie die bei der Abschlusserstellung Beteiligten nicht davon, angemessene Anstrengungen und Analysen zu unternehmen, um herauszufinden, ob es sich in einem individuellen Sachverhalt um eine Änderung von rechnungslegungsbezogenen Schätzungen oder eine Änderung der Bilanzierungs- und Bewertun...

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