Zielkonflikte im Working Capital Management ausgleichen

Die Optimierung interner und externer Logistikprozesse durch verbesserte Interaktion führt zu einer reduzierten Kapitalbindung, die wesentlich zur Rentabilität und Liquidität eines Unternehmens beiträgt. Das belegt die Siegerarbeit des Controlling-Nachwuchspreises, die im Rahmen der Regionaltagung „Controlling Innovation Berlin“ des Internationalen Controller Vereins prämiert wurde.  

Zur 15. CIB am 7. November 2015 konnten Dr. Walter Schmidt und Matthias von Daacke, Mitglied im ICV-Vorstand, 115 Teilnehmer in Berlin-Adlershof begrüßen. Mit dem Thema „Controlling: zentral oder dezentral?“ hinterfragten die Veranstalter kritisch, wie Controller unter Beachtung aktueller Herausforderungen ihre Arbeit erfolgreich gestalten können. Die Anwesenden erlebten einen kurzweiligen Tag, denn interessante, abwechslungsreiche Beiträge führten zu einem wertvollen Erkenntniszuwachs.

Über die Fachvorträge berichten wir in den nächsten Tagen in einer neuen Serie.

Controlling-Nachwuchspreis für Optimierung der Logistik im Working Capital Management

Ein besonderer Höhepunkt war auch in diesem Jahr die Verleihung des Controlling-Nachwuchspreises. In ihrer Laudatio verwies die Jury-Vorsitzende Prof. Ute Vanini darauf, dass es für die Controllerpraxis von großer Bedeutung ist, dass sich Studierende nicht nur mit theoretischen Konzepten und Methoden sondern auch mit deren praktischer Anwendung beschäftigen. Bei ihrer Entscheidung hat die Jury vier Kriterien angelegt. Neben der wissenschaftlichen Fundierung ging es vor allem um die praktische Relevanz der Fragestellung, die direkte Umsetzbarkeit der entwickelten Konzepte und den Innovationsgrad der Abschlussarbeiten.

Das Thema der herausragenden Siegerarbeit von Dipl.-Ing. Bettina Schoberegger von der FH Joanneum lautet „Zielkonflikte im Working Capital Management – Optimierung interner und externer Logistikprozesse durch verbesserte Interaktion“. Frau Schoberegger beschäftigt sich in ihrer Masterthesis, die von Prof. Dr. Martin Tschandl betreut wurde, mit der Optimierung des Working Capitals von Unternehmen. Eine isolierte Optimierung des Working Capitals in einzelnen Funktionsbereichen kann zu negativen Auswirkungen entlang der Supply Chain führen. Daher sind die Optimierungen aufeinander abzustimmen und die gegenseitigen Auswirkungen auf die Supply Chain zu berücksichtigen. Im Working Capital Management kann dies durch einen ganzheitlichen, auf die Prozesse entlang der gesamten Supply Chain abgestimmten Ansatz erzielt werden. Dazu ist es notwendig, die Einflussfaktoren auf das Working Capital und – insbesondere – deren Wechselwirkungen zu identifizieren und zu analysieren. Zwei Beispiele:

  • Bei der Nutzung von Skonto ist zwischen Ertrags- und Liquiditätszielen abzuwägen.
  • Bei der Festlegung der Bestellmenge ist das Minimum aus Lagerhaltungs- und Bestellkosten zu ermitteln.

Auszeichnungen auch für Arbeiten zu marktorientiertem Unternehmenswert und zur Berücksichtigung von Energiekosten

Nach intensiver Diskussion vergab die Jury den zweiten Platz zweimal. Er ging an Thomas Weiszdorn (Friedrich-Alexander-Universität Nürnberg) sowie Daniel Erlemann (Hochschule Niederrhein).

Unter dem Titel „Einfluss der Distributionsstrategie auf den marktorientierten Unternehmenswert – Empirische Analyse internationaler, börsennotierter Unternehmen“ untersuchte Thomas Weiszdorn erstmalig den Einfluss der Distributionsstrategie auf den marktorientierten Unternehmenswert auf Basis einer großzahligen internationalen Stichprobe. Die empirische Analyse konnte den positiven Einfluss ausgewählter Distributionsstrategien auf die kurz- und die langfristige Umsatz-und Renditeentwicklung aufzeigen, jedoch nicht auf die Kapitalmarktperformance. Der Preisträger hat somit eine relevante Fragestellung aufgegriffen, mittels einer wissenschaftlichen Methodik formal sehr sauber analysiert und seine Ergebnisse verständlich dargestellt. Die von Professor Thomas Fischer betreute Arbeit gefiel der Jury außerdem durch eine umfassende internationale Literaturauswertung.

Das Thema der Arbeit von Daniel Erlemann lautet „Entwicklung eines Verfahrens zur angemessenen Berücksichtigung der Energiekosten im Rahmen eines Energiemanagementsystems gemäß ISO 50001:2011 in kleinen und mittleren Unternehmen am Beispiel der Frankenberg GmbH“. Die Jury würdigte die umfassende und strukturierte Bearbeitung einer praxisrelevanten Fragestellung. Herr Erlemann entwickelt konkrete und direkt anwendbare Lösungsansätze für eine verbesserte Einbeziehung der Energiekosten in die Deckungsbeitragsrechnung eines Praxisunternehmens. In seiner von Prof. Ulrich Nissen betreuten Masterthesis ist ihm somit „der Theorie-Praxis-Transfer in herausragender Weise gelungen“.

Der Controlling-Nachwuchspreis ist insgesamt mit 4.050 Euro dotiert und wird von Haufe und der Haufe Akademie gesponsert. Das jeweilige Preisgeld geht zu 2/3 an den Studierenden und zu 1/3 an den betreuenden Lehrstuhl. Für die zuverlässige und stabile Partnerschaft bei der Unterstützung dieses Preises dankte Professorin Vanini den Sponsoren im Namen aller Jury-Mitglieder und des ICV.

Es wurden insgesamt elf Abschlussarbeiten eingereicht. Sie reichten von eher konzeptionell-theoretischen Themen wie dem Integrated Thinking über konkrete Ansätze zur strategischen Absatzplanung am Beispiel der Automobilzuliefererindustrie zur Entwicklung und Implementierung von Optimierungsansätzen im Working Capital Management.

Aus Sicht der Jury war erfreulich, dass Universitäten und Fachhochschulen sich fast in gleicher Zahl an dem Wettbewerb beteiligt haben, was für eine breite Akzeptanz des Nachwuchspreises in der Hochschullandschaft spricht. Mit fünf Bachelor- und sechs Masterarbeiten waren die eingereichten Arbeiten zudem auch hier sehr gleichmäßig verteilt.

Die Vorträge im Überblick

Prof. Dr. Knut Blind, Chair of Innovation Economics, TU Berlin/ Fraunhofer Institute for Open Communication Systems, machte die Teilnehmer mit Industrie 4.0 vertraut. Er zeigte Innovationspotenzial, Chancen und Risiken sowie strategische Effekte der Digitalisierung auf. Sein Credo: „Es ist noch viel zu tun.“

Thomas Molzberger charakterisierte zentrales und dezentrales Controlling bei „bofrost“. Er ging von den Besonderheiten seines Unternehmens aus und leitete Konsequenzen für das Controlling ab. Wichtige Erfolgsfaktoren im Controlling sind für ihn: Einfach, Nah und Konsequent.

Flexible Tools im Controlling war das Thema von Steffen Rohr (syconomic GmbH, Leipzig) und Renate Mehner (KNORR Bremse, Berlin). Am Beispiel der Stundensatzkalkulation zeigten sie eindrucksvoll den Einsatz eines Modellierungswerkzeuges.

Dr. Mark-Steffen Buchele (buchele cc GmbH, Leipzig) übersetzte Wachstumsziele in Kommunikationsziele. Und er erläuterte den Anwesenden: Wie kann ich messen, dass ich die Ziele erreiche?

Von ihren praktischen Erfahrungen mit Outsourcing aus Unternehmens- und Konzernsicht berichtete Ursula Freundl, Caterpillar Motoren GmbH & Co.KG, Kiel.

Abschließender Höhepunkt der Veranstaltung war der Vortrag von Siegfried Gänßlen, Executive Advisor, Hansgrohe Supervisory Board und Vorstandsvorsitzender des ICV. Aus seinem schier unermesslichen Erfahrungsschatz zeigte er aus Sicht eines Global Players, dass und wie Unternehmensführung und Controlling in der Praxis zentral und dezentral realisiert werden. Anhand ausgewählter Beispiele arbeitete er heraus, dass Globalisierung einen Paradigmenwechsel von „Push“ zu „Pull“ erfordert sowie das Zusammenspiel von lokaler und globaler Verantwortung. Erfolgsfaktoren sind auf den unterschiedlichen Märkten differenziert zu betrachten unter Beachtung länderspezifischer Aspekte.

Über die einzelnen Vorträge berichten wir ausführlich in einer neuen Serie.