Umgang mit Sachkonflikten und Beziehungskonflikten

„Wenn Konflikte in meinem Umfeld auftreten, sind immer die anderen schuld. Ich selbst bin ein friedlicher Mensch und suche immer nach einer harmonischen Zusammenarbeit.“ Vielleicht sagen Sie das auch von sich. Dennoch stecken wir immer wieder in Konflikten und wissen oft nicht genau, wie es dazu kam. In vielen Fällen sind Konflikte eine beidseitige Angelegenheit.

Woher kommt der Konflikt?

Oft haben wir den Eindruck, der Konflikt kam aus dem Nichts. Dennoch ist er irgendwann massiv vorhanden und stört das gemeinsame Arbeiten und die Beziehung. Die meisten Konflikte werden durch

  • falsche,
  • unpassende,
  • unvollständige,
  • mangelhafte oder auch
  • fehlende Information und Kommunikation ausgelöst.

Nehmen wir ein Beispiel: Der Leiter des Fachbereichs ärgert sich über den für ihn nicht zielführenden Bericht und lastet es mir als Autor an. Im Vorgespräch war seine Aussage aber sehr unpräzise und endete in „machen Sie mal“. Somit hatte ich als Autor einen sehr großen Interpretationsspielraum. Den habe ich genutzt und bin mit meinem Report sehr zufrieden. Der Empfänger ist allerdings maximal enttäuscht.

Solche oder ähnliche Situationen kennen wir alle. Oft lässt sich ein solcher Konflikt lösen, bevor er sich manifestiert. Unangenehm ist er dennoch, weil die Kommunikation häufig ein Schuldgefühl vermittelt: „Da haben Sie mich nicht richtig verstanden.“ „Das hatte ich doch ganz anders gesagt.“ usw.

In der Kommunikation ist die Interpretation ein sehr großer Bestandteil. Wenn wir präzise kommunizieren und die Ziele genau abstimmen, lassen sich viele Konflikte vermeiden. Das klingt simpel. Oft glauben wir aber alles richtig verstanden zu haben und sehen keine Notwendigkeit, weiter zu kommunizieren.

Am Anfang hat man noch einen Konflikt.
Später hat einen der Konflikt!

– Friedrich Glasl (österreichischer Organisationsberater und Konfliktforscher)

Wer sich gut kennt, hat weniger Konfliktpotential

Wir haben durch unsere individuell unterschiedliche Wahrnehmung verschiedene Betrachtungen, Bewertungen, Ansprüche und Erwartungen. Darin liegt oft eine Ursache für Konflikte. Wir gehen davon aus, etwas richtig gut gemacht zu haben und erhalten dann eine ganz andere Rückmeldung vom Empfänger oder Auftraggeber. Die Enttäuschung ist groß und die Frustration, die sich dadurch aufbaut, ist gepaart mit Unverständnis. Da wir von unserer Arbeit überzeugt sind, trifft es uns hart, wenn jemand anderer Meinung ist. Hier gilt es sich immer in der Sache auseinander zu setzen. Das ist allerdings leichter gesagt als getan, weil wir uns in einer stark emotionalen Situation befinden.

Wenn sich die handelnden Personen gut kennen und gegenseitig einschätzen können, werden solche Situationen deutlich seltener entstehen. Vertrauen spielt zudem eine wichtige Rolle. Eine unerwartete negative Kritik von einer mir sehr vertrauten Person wirkt weniger stark auf uns als die gleiche Aussage von Personen, die wir nicht gut einschätzen können und zu denen wir kein gefestigtes Vertrauensverhältnis haben. Wir sind zum einen weniger verletzlich und zum anderen deutlich toleranter gegenüber uns nahestehenden Personen.

Dauerhafte Beziehungen reduzieren die Auslöser von Konflikten. In der heutigen Zeit der Arbeit aus dem Home-Office und des mobilen Arbeitens sind Beziehungen schwieriger zu pflegen. So fallen beispielweise zufällige Treffen oder ein gemeinsames Mittagessen in der Kantine weg. Vertrauensbildende Maßnahmen ergeben sich seltener. Also müssen wir uns gerade bei dieser Form der Zusammenarbeit aktiv um die Beziehung kümmern und unsere Toleranz per se erhöhen.

Der Klassiker der Konflikte: das Missverständnis

Menschen sind nicht immer einer Meinung – insbesondere, wenn sie unterschiedliche Qualifikationen haben und verschiedene Aufgabenfelder begleiten. Natürlich sind Beschäftigte im Bereich Finance und Controlling absolute Expert:innen, wenn es um betriebswirtschaftliche Themen geht. Als Expert:in erhebe ich auch den Anspruch, die Dinge richtig zu wissen und zu kennen. Schön wäre es nun, wenn der Gesprächspartner mir einfach glaubt. Jedoch hat dieser Mensch meist seinen eigenen Blickwinkel und ein anderes Verständnis der Sachlage.

Also stellt sich die Frage: Wer hat Recht?

Diese Betrachtung ist oft die Wurzel des Konflikts. Es gibt in allen Fällen mehrere Lösungsmöglichkeiten. Wer Konflikte vermeiden will, muss klar kommunizieren. Es ist wunderbar, wenn ich meine Themen und die Charts verstehe, sie detailliert und perfekt vortragen oder im Bericht verfassen kann. Allerdings ist all dies nutzlos, wenn der Entscheider sie nicht versteht. So entstehen Missverständnisse, die oft erst viel später aufgeklärt werden können. Dann können Spannungen bereits sehr massiv sein. Gegenseitige Vorwürfe werden formuliert und die Entspannung bzw. Lösung der Situation rückt in weite Ferne. Somit ist gute Kommunikation:

  • zum einen die bedarfsgerechte, empfängerorientierte Vorstellung der Fakten und
  • zum anderen das Zuhören.

Wir erfahren etwas über die Gedanken und die Vorstellungen des Gesprächspartners und können sehr gezielt darauf reagieren.

Die Beziehung zwischen den Menschen als Auslöser für Konflikte

Sympathie oder Antipathie sind zwei Wahrnehmungen, die wir für einen anderen Menschen bei einem erstmaligen Kontakt innerhalb von etwa drei Sekunden entscheiden. Finden sich beide sympathisch, entsteht das sogenannte Sympathiefeld und der Weg für ein funktionierendes Miteinander ist geebnet.

Finden sich beide hingegen unsympathisch, kommt es potentiell sehr schnell zu Spannungen und in der Folge zu Konflikten. Eine gute Zusammenarbeit ist schwierig und nicht selten entlädt sich der Unmut in Auseinandersetzungen.

Um ein leistungsorientiertes Miteinander zu ermöglichen, müssen alle Beteiligten eine professionelle Haltung haben. Um gut mit jemandem arbeiten zu können, ist eine sympathische Beziehung zwar durchaus förderlich, aber keinesfalls zwingend erforderlich. Es zählt wieder der Anspruch an die Toleranz jedes einzelnen.

Unterscheidung in Sachkonflikte und Beziehungskonflikte

Im ersten Teil der Serie Konfliktmanagement haben wir bereits sowohl die negative als auch die positive Wirkung von Konflikten betrachtet. Wir unterscheiden Konflikte in Sachkonflikte und Beziehungskonflikte. Dabei wird uns allen sehr schnell klar, was an dieser Stelle die einfachere Variante ist.

Die Wirkung des Sachkonflikts

Im Sachkonflikt müssen wir bereit sein, die gegenseitigen Sichtweisen zu besprechen und dem Gegenüber wirklich zuzuhören. Dadurch erhalten beide Seiten mehr Fakten und ein vollständigeres Bild. Oft ergibt sich dann bereits der Lösungsweg. Entweder setzt sich eine Seite durch und die andere gibt nach, oder wir finden einen Kompromiss.

Allerdings verstellen uns gelegentlich Rechthaberei oder auch Machtspiele die Möglichkeiten. „Ich will keinen Kompromiss eingehen. Der einzig gangbare Weg ist für mich, auf meiner Meinung zu beharren und den anderen zum Einlenken zu bringen.“ Diese Haltung verschärft Konflikte. Wenn wir an unsere Rolle als Dienstleister oder Business Partner denken, dürfen wir uns ein solches Verhalten keinesfalls erlauben. Es wäre höchst unprofessionell. Daher müssen wir den Sachkonflikt deutlich benennen und im Gespräch zu einer Lösung kommen.

„Eisberg-Modell“ der Kommunikation – Lösung eines Sachproblems

Die Wirkung des Beziehungskonflikts

Warum ist ein Beziehungskonflikt eine deutlich größere Herausforderung als der Sachkonflikt?

Jetzt geht es nicht mehr nur um Fakten, sondern die stark durch Emotionen angereicherten Betrachtungen der Beziehung. Sympathie und Antipathie sind leider meistens die Auslöser. Das Verhalten von Konfliktparteien in einem Beziehungskonflikt ist oft von Respektlosigkeit, Geringschätzung, mangelndem Vertrauen und Ablehnung geprägt. Derartige Aspekte scheinen nur schwer überwindbar zu sein. Wenn wir bei unserem Gegenüber ein solches Verhalten spüren, reagieren wir oft desinteressiert und distanziert. Manchmal kommen auch noch Trotzreaktionen hinzu. In dieser Mischung verschärft sich der Konflikt und in der Verhärtung hat keiner mehr ein Interesse daran, die Situation zu klären. Eventuell leiden beide Seiten, aber keiner tut etwas.

In solchen Situationen genügt es häufig, mit der anderen Person in einem Raum zu sein, um sich richtig unwohl zu fühlen. Wir vermeiden den Kontakt und hören dem Konfliktpartner nur halbherzig zu. Meist interpretieren wir dann das Gehörte und in der Missachtung der anderen Person eskaliert der Streit zu einem massiven Konflikt.

Wenn es nun noch Über- und Unterordnungsverhältnisse zwischen den Beteiligten gibt, die den Faktor Macht mit ins Spiel bringen, entsteht eine Situation, die beinahe unmöglich zu lösen scheint. Nur wenn sich die Konfliktparteien einsichtig zeigen und gesprächsbereit sind, gibt es hier eine Chance auf eine Lösung.

„Eisberg-Modell“ der Kommunikation – Lösung eines Beziehungsproblems

Besteht ein Konflikt auf der Beziehungsebene, können die Parteien auch in der Sache erst wieder miteinander reden, wenn der Beziehungskonflikt geklärt ist.

Gleichzeitiger Sach- und Beziehungskonflikt: Die verfahrene Situation

Bisher haben wir die Konflikte als reine Sach- oder Beziehungskonflikte betrachtet. Stellen wir uns aber einmal eine Situation vor, in der beide Konfliktarten gleichzeitig vorhanden sind. Dann spricht man von der verfahrenen Situation oder dem destruktiven Konflikt.

Oft beginnt der Konflikt auf der Sachebene. Allerdings finden die Konfliktparteien über längere Zeit keine Einigung. Die Reibung wird immer heftiger. Dann ist es nicht ungewöhnlich, wenn in dieser Zeit der Auseinandersetzung auch die Spannungen auf der Beziehungsebene zunehmen. Über kurz oder lang geraten wir also in die verfahrene Situation.

Wenn sich zwei Parteien nicht leiden können, also einen Beziehungskonflikt haben, kommt es häufig im Verlauf auch zu heftigen Auseinandersetzungen in den Sachthemen. Der Ton wir rauer und die Aussagen werden immer in Frage gestellt. Erkennen die Parteien diese Situation nicht, geraten sie ebenfalls in die verfahrene Situation.

Ziel sollte es immer sein, den Konflikt als Sach- oder Beziehungskonflikt einer einvernehmlichen Lösung zuzuführen. Die verfahrene Situation sollte unbedingt vermieden werden, insbesondere auch, weil diese Situation häufig auf das Team ausstrahlt. Statt eines bilateralen Konflikts zwischen Controller:in und Manager:in im Fachbereich ergibt sich durch die Lagerbildung eine massive Spannung zwischen dem Bereich Controlling und dem Fachbereich. Dabei ist allerdings Controlling oft der Verlierer.

Fazit: richtig mit Sach- oder Beziehungskonflikten umgehen

Konflikte sind unangenehm und wir Menschen suchen mehr nach Harmonie. Oft ist die Ursache des Konflikts nicht erkennbar. Wir sehen nur die gestörte Zusammenarbeit. Gerade wenn wir uns in Konfliktsituationen nicht wohlfühlen, sollten wir alles daransetzen, solche Begebenheiten frühzeitig zu erkennen und gemeinsam an einer Lösung arbeiten. Ansonsten drohen negative Auswirkungen auf die gesamte Arbeit. Es ist ärgerlich, wenn Ziele nicht erreicht werden oder die Qualität nicht stimmt, nur weil Menschen nicht gelernt haben, in der Zusammenarbeit mit Sach- oder Beziehungskonflikten richtig umzugehen. Setzen Sie alles daran, verfahrene Situationen zu vermeiden.