ISSB: Meilenstein für Nachhaltigkeitsberichterstattung

Die Nachhaltigkeitsberichterstattung soll in Zukunft nach einheitlichen Standards erfolgen. Welche Rolle dabei das International Sustainability Standards Board spielt, erläuterte Jenny Bofinger-Schuster.

Im Rahmen der Weltklimakonferenz COP26 (Conference of the Parties) in Glasgow im Jahre 2021 wurde dem International Financial Reporting Standards (IFRS) die Aufgabe übertragen, einheitliche und weltweit geltende Standards für Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren zu erarbeiten. Jenny Bofinger-Schuster ist Boardmitglied im hierfür gegründeten International Sustainability Standards Board (ISSB). Sie führte die Konferenzteilnehmenden auf der Horváth Jahreskonferenz Strategie & Transformation in die Welt der Regulatorik ein und erläuterte die bisherigen Entwicklungen sowie die zukünftigen Ziele des International Sustainability Standards Board.

Einführung einheitlicher, globaler Reportingstandards als oberstes Ziel

Immer häufiger werde gefordert, dass Unternehmen qualitativ hochwertige, weltweit vergleichbare Informationen über nachhaltigkeitsbezogene Risiken und Chancen zur Verfügung stellen. Gleichzeitig würden Nachhaltigkeitsfaktoren immer mehr zu einem wesentlichen Faktor für Investitionsentscheidungen werden. Dazu bestehe die Ambition, so Bofinger-Schuster, die zersplitterte Landschaft freiwilliger nachhaltigkeitsbezogener Standards und Anforderungen zu durchbrechen, um sowohl für Unternehmen als auch für Investoren Kosten, Komplexität und Risiken zu minimieren.

Das ISSB knüpft dabei an die Arbeit bereits bestehender Berichtsinitiativen (z.B. Climate Disclosure Standards Board (CDSB), Task Force for Climate-related Financial Disclosures (TCFD), Value Reporting Foundation’s Integrated Reporting Framework oder industrie-basierte SASB Standards) an und verfolgt vier übergreifende Ziele:

  1. Globale Standards für die Offenlegung von Nachhaltigkeitsinformationen entwickeln
  2. Informationsbedarfe von Investoren effizienter erfüllen
  3. Unternehmen unterstützen, den globalen Kapitalmärkten relevante Nachhaltigkeitsinformationen zur Verfügung zu stellen
  4. Kompatibilität mit regional-spezifischen Reportingstandards vereinfachen

Veröffentlichung der ersten Standards in der zweiten Jahreshälfte 2023

Die Erstellung und Veröffentlichung der Standards folgen einem sorgfältigen Prozess, erklärt Bofinger-Schuster. Im März 2022 hat das ISSB den Entwurf für die ersten beiden Standards weltweit veröffentlicht und bis Ende Juli 2022 die weltweite Öffentlichkeit um Feedback gebeten. Danach folgten Monate der Beratung und Erörterung, bis dann im Februar 2023 die Standards vom ISSB inhaltlich angepasst vorgestellt wurden. Aktuell befinden sich die beiden Standards in einem formalen Freigabe-Prozess und mit ihrer Veröffentlichung wird gegen Ende Q2 2023 gerechnet.

Der erste Standard "IFRS S1: General Requirements for Disclosure of Sustainability-related Financial Information" fordert die Offenlegung wesentlicher Informationen über nachhaltigkeitsbezogene Risiken und Chancen und legt allgemeine Anforderungen an die Berichterstattung fest. S1 betont auch die sog. Konnektivität - die Notwendigkeit, dass die finanzielle und nicht-finanzielle Berichterstatung in Einklang sind und zum Beispiel identische Annahmen verwendet werden und der Berichtszeitraum derselbe ist.  

Hierbei definiert der ISSB-Informationen dann als wesentlich, die, wenn sie weggelassen oder verändert werden, die Entscheidungen von Investoren beeinflussen würden.

Der zweite Standard "IFRS S2: Climate-related Disclosures" regelt die Offenlegung von wesentlichen Informationen über klimabezogene Risiken und Chancen, die Offenlegung von Informationen über physische Risiken (z. B. Überschwemmungsrisiko), Übergangsrisiken (z. B. regulatorische Veränderungen) und klimabezogene Chancen (z. B. neue Technologien), sofern diese wesentlich sind, sowie die Offenlegung der Transitionplanning, der Klimaresilienz und der Emissionen nach Scope 1, 2 und 3.

Bofinger-Schuster hebt besonders hervor, dass ein wichtiger Aspekt des ISSB die Einbindung von Stakeholdern sei. Das ISSB ermutigt die Öffentlichkeit, Vorschläge und Kommentare zu Entwürfen abzugeben, darüber hinaus seien alle Board-Meetings öffentlich zugänglich. Das Feedback würde dann bei der Gewichtung und Ausrichtung der Aktivitäten, der Auswahlkriterien für die Priorisierung neuer Projekte und anderen wichtigen Entscheidungen berücksichtigt.

Ausblick in die weitere Arbeit des ISSB – weitere Standards werden folgen

In der jetzigen Phase werden nun auch die nächsten möglichen Themen beraten. Im laufenden sog. Request for Information werden die Themen

  • Biodiversität,
  • Humankapital und
  • Menschenrechte

diskutiert und der zugehörige Bedarf an einheitlichen Standards und vergleichbaren Metriken.

Grundsätzlich ist die Einführung des ISSB als internationaler Standardsetzer für ESG-Reportingstandards ein großer Schritt in Richtung einer nachhaltigen Unternehmensberichterstattung. Von entscheidender Bedeutung ist die Entwicklung einheitlicher Metriken, die Schaffung eines globalen Konsenses und die Integration der Nachhaltigkeitsaspekte in die Berichterstattung, sowohl für Unternehmen als auch für Investoren. Denn nur durch gemeinsame Anstrengungen könne sichergestellt werden, dass Nachhaltigkeit nicht länger ein Nebenprodukt, sondern eine integrale Komponente der Unternehmensberichterstattung ist.

Schlagworte zum Thema:  Strategie, Nachhaltigkeit