Innovative und intelligente Datennutzung im Controlling

Das Controlling muss mit zahlreichen Daten agieren. Prof. Dr. Matthias Mahlendorf erläutert, wie innovative und gezielte Datennutzung im Controlling neue Blickwinkel verschafft und die Unternehmensperformance nachhaltig verbessern kann. Dazu stellt er Case Studies u. a. von Walmart und McDonald's vor. 

Controlling als Datenkrake im Unternehmen

Seit jeher werden im Controlling gezielt Unternehmensdaten gesammelt, aggregiert und analysiert, um fundierte Entscheidungen abzuleiten. Das Controlling fungierte in der Vergangenheit daher oft als "Datenkrake" im eigenen Unternehmen.

In den letzten Jahren zeigte sich außerdem, dass die generierten Datenmengen sowohl innerhalb als auch außerhalb der Unternehmen weiterhin exponentiell wachsen. Vor allem externe Daten bleiben daher oft noch ungenutzt, da viele Unternehmen sich zunächst auf die Unmenge interner Daten fokussieren bzw. "die Nadel in ihrem eigenen Heuhaufen" suchen. Ein zweiter "externer Heuhaufen" scheint deswegen meist noch undenkbar.

Statista: Global Data Creation is About to Explode

Interne und externe Daten intelligent verknüpfen

Prof. Dr. Matthias Mahlendorf zeigt mit den Case Studies von Walmart, National Rail, McDonald’s und LOWE’s jedoch, dass es allem voran einer innovativen Nutzung und intelligenten Verknüpfung von internen und externen Daten bedarf, um die Nadel in den immer schneller wachsenden Heuhaufen zu finden und für das Unternehmen nutzbar zu machen.

Die Case Studies zeigen zudem, welchen Wandel das Controlling in der Zukunft vollziehen muss, damit es weiterhin seinem Ruf als Datenkraken gerecht wird.

Walmart’s Data Café für ein optimales Vertriebscontrolling

In Walmart’s Data Lake, dem sogenannten "Data Café", kombiniert das Unternehmen Daten aus über 200 Datenquellen. Hier liegt der Fokus bei weitem nicht mehr nur auf unternehmensinternen Daten, sondern viel mehr auf externen Daten, wie zum Beispiel

  • dem Wetter,
  • makroökonomischen Veränderungen,
  • externen Konsumentendaten,
  • Social Media-Daten und
  • Daten über lokale Events.

Durch eine Verknüpfung dieser Daten gelingt es Walmart’s intelligentem System, selbstständig Zusammenhänge zwischen den Daten zu erkennen, um den Nutzer automatisch auf Abweichungen oder Unterschreitungen bestimmter Grenzwerte hinzuweisen. In diesem Zuge erkannte das System an Halloween im vergangenen Jahr beispielsweise, dass eine bestimmte Keksmarke in vielen Filialen des Landes sehr gute Umsätze erzielte, wohingegen eine Filiale keine einzige Packung absetzten konnte. Diese Abweichung erkannte das System sofort und meldete diese an das zentrale Vertriebscontrolling. Um den Sachverhalt genauer zu beleuchten, kontaktierte das Vertriebscontrolling die betroffene Filiale. Daraufhin stellte sich heraus, dass das Filialpersonal vergessen hatte die Kekse auf der Verkaufsfläche zu platzieren. Bemerkenswert ist hierbei jedoch nicht die fehlende Platzierung der Kekse auf der Verkaufsfläche, sondern, dass der Fehler aus der Zentrale erkannt und adressiert werden konnte. Solche kontinuierlichen Echtzeit-Benchmarkings mit automatisierten Alarmen können laut Prof. Dr. Mahlendorf auf viele andere Situationen und KPIs übertragen werden. Der Experte geht deswegen davon aus, dass in Zukunft immer mehr Unternehmen eine "kennzahlenbasierte Steuerung 2.0" nutzen werden.

National Rail – Social Media-Analyse für mehr glückliche Kunden in den Zügen

Während die Abfrage der Kundenzufriedenheit in der Vergangenheit mit aufwendigen Kundenbefragungen bewerkstelligt werden musste, ist es Unternehmen nun möglich die Kundenbewertungen auf Social-Media Plattformen, wie zum Beispiel Twitter, zu analysieren. Somit haben Unternehmen die Chance, die Zufriedenheit ihrer Kunden nahezu in Echtzeit einzufangen. National Rail, der britische Bahnanbieter, nutzt demnach automatische Textanalysen verschiedener sozialer Netzwerke, um Themen und Probleme zu identifizieren, welche die Kunden beschäftigen. Diese identifizierten Themen und Problemstellungen können anschließend vom Controlling adressiert werden, damit Prozesse oder Produkte nachhaltig effizienter gestaltet werden können und die Kundenzufriedenheit langfristig verbessert wird.

McDonald’s – Steigerung der Kundenzufriedenheit durch kundenspezifische Angebote

Intuitiv haben Burgerbraten und Artificial Intellegence für die meisten Menschen wohl nur sehr wenige Berührungspunkte. Das Fast-Food-Unternehmen McDonald’s zeigt, dass dies allerdings nicht der Fall sein muss. So nutzt das Unternehmen bereits in seinen Drive-Through-Anlagen und Filialen in den USA intelligente Displays, um Kunden personalisierte Angebote zu erstellen. Die Algorithmen nutzen hierbei die Handyortung und erkennen somit, welcher Kunde sich vor dem Display befindet. Anschließend kalkuliert das System, anhand der vorhandenen Kundenhistorie maßgeschneiderte Angebote für den Gast. Das System geht allerdings noch einen Schritt weiter, indem es Stoßzeiten selbstständig erkennt und demnach seine Angebotsvorschläge für die Kunden anpasst. Es verlagert nämlich in diesen Fällen den Fokus von den Lieblingsprodukten des jeweiligen Kunden zu Produkten, welche sich möglichst schnell zubereiten lassen. Dies steigert nicht nur die Zufriedenheit der Kunden aufgrund der verringerten Wartezeit, sondern hilft auch McDondald’s seinen Deckungsbeitrag pro Zeiteinheit in den Stoßzeiten erheblich zu verbessern.

LOWE’S – perfekte Standortwahl durch Kundenbewegungsdaten

Auf die Nutzung von Handyortungsdaten bezieht sich auch die amerikanische Baumarktkette LOWE’s. Jedoch verwendet das Unternehmen diese Daten nicht, um für seine Kunden personalisierte Angebote zu erstellen, sondern zur Suche eines geeigneten Standorts für neue Filialen. Dafür kaufte LOWE’S eigens von einem Handyprovider Bewegungsdaten und glich diese sowohl mit den Locations der eigenen als auch der des größten Konkurrenten THE HOME DEPOT ab. Durch diese Analyse konnte LOWE’s den Einzugsbereich und die Besuchsfrequenz der eignen und der konkurrierenden Filialen nachvollziehen und somit eine fundierte Entscheidung über den Standort einer neuen Filiale treffen. Das Unternehmen konnte sich dann mithilfe der Analyse festlegen, ob es eine Filiale in ein noch nicht ausreichend angebundenes Gebiet oder in die direkte Nähe zu einer konkurrierenden Filiale platzieren möchte, um möglichst viele Kunden abzuwerben.

Über Matthias D. Mahlendorf: 

Matthias D. Mahlendorf ist Professor für Managerial Accounting an der Frankfurt School of Finance & Management. Der Schwerpunkt seiner Forschung liegt in den Bereichen der Performance Messung, dynamische Zielanpassungen und Incentives, Data Analytics und der digitalen Transformation des Controllings. Zudem ist er Initiator und akademischer Direktor des Master of Science Studiengangs Corporate Performance & Restructuring.

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Schlagworte zum Thema:  Big Data, Datenmanagement, Vertriebsmanagement