Home Connect – Vom Produkt zum Home Ecosystem

Matthias Ginthum, CMO bei der BSH Hausgeräte GmbH, befasste sich mit der Frage, wie die Digitalisierung und Connectivity die Haushaltsgeräteindustrie verändern. Dabei berichtete er, wie BSH auf die Veränderungen reagiert. Insbesondere ein neuer Sales-Prozess mit 4 Phasen erarbeitet. 

Connected World

Die Digitalisierung nimmt bereits heute mehr und mehr Lebensraum im Bereich des Haushalts ein. Diese Entwicklung ist jedoch keineswegs auf einen sprunghaften Anstieg zurückzuführen, wie bspw. die Einführung des Smartphones für schlagartige Disruption sorgte. Vielmehr zeichnet sich eine kontinuierliche Weiterentwicklung ab, im Rahmen derer insbesondere die Verknüpfung von verschiedenen digitalen Services im Fokus steht. Diverse Kennzahlen wie bspw. Google Search zeigen, dass dieser Trend im Haushalt fortlaufend zunimmt und Smart Home Lösungen im Jahr 2027 ein Marktvolumen von 100 Mrd. $ verzeichnen werden.

Entwicklung zum kundenzentrierten Unternehmen

Auf Basis dieser Veränderung stellt sich die Frage, inwieweit die Digitalisierung eine Veränderung des etablierten BSH Geschäftsmodelles erzwingt und welche neuen Geschäftsmodelle etabliert werden müssen. Die BSH hat in diesem Zuge entschieden sich von einem produktzentrierten Unternehmen hin zu einem kundenzentrierten Unternehmen zu entwickeln. Dies bedeutet, dass sich der Fokus von dem Verkauf von "Dingen" hin zu dem Verkauf von "Lösungen" entwickelt. Um dies umzusetzen, müssen etablierte Produkte hinterfragt werden und das Grundbedürfnis der Kunden, welches durch diese Produkte befriedigt wird, identifiziert werden. Weiter ist wichtig zu eruieren, welche substituierbaren Produkte und Services dieses Grundbedürfnis aktuell und zukünftig decken.

Digitale Kundenbedürfnisse: Home Connect Lösung

Zur Abdeckung digitaler Kundenbedürfnisse, bietet die BSH die Home Connect App an, mit der smarte Haushaltsgeräte von diversen Marken aus einer App gesteuert werden können. Über die Home Connect Lösung wurden bereits 8 Millionen Geräte und Anwendungen verkauft. Die App ist in 49 Länder und 25 Sprachen verfügbar.

Sales Prozesse müssen neu gedacht werden: 4 Phasen

In diesem Zusammenhang müssen die Sales Prozesse in ihrer Gesamtheit neu gedacht werden, um die Veränderung von der Produkt- hin zur Lösungsbetrachtung innerhalb BSH zu leben und zu verankern. BSH orientiert sich dabei an dem Kundenkonvertierungstrichter, bestehend aus 4 Phasen:

  1. Kaufen,
  2. Verbinden & Registrieren,
  3. Interagieren und
  4. Handeln.

In der ersten Phase, der sog. Kaufphase, müssen die klassischen Vertriebler nun umdenken. Es geht nicht mehr darum, klassische Produkte zu verkaufen, der Fokus liegt nun auf dem Vertrieb von Erlebnissen mit kontinuierlicher Interaktion. Der Kunde ist durch diesen Ansatz mehr mit dem Produkt verbunden und kann dies durch digitale Services an die eigenen Bedürfnisse anpassen. Darauf aufbauend hat BSH die Möglichkeit, Daten zum Kundenverhalten zu sammeln, um im nächsten Schritt nicht nur das Kundenverhalten, die Präferenzen und den Produktnutzen besser zu verstehen, sondern Produkte und Services zielgerichtet auf den Kunden zuzuschneiden. Damit einhergehend muss das Marketing und die Value Argumentation der Produkte und Dienstleistungen grundlegend verändert werden. BSH hat dabei auf drei wesentliche Maßnahmen gesetzt. Zum einen wurden Workshops und Trainings für die Retail Partner durchgeführt, um die neue Value Argumentation im Vertrieb zu verankern. Zum anderen wurden digitale Kampagnen veröffentlicht, um die Visibilität der neuen Services und Produkte zu erhöhen, während im Zuge der dritten Maßnahme Stände an verschiedenen Stellen wie z.B. Firmenmessen oder Flagship Stores eröffnet wurden, damit Kunden die Produkte und digitalen Services live testen können.

Die zweite Phase "Verbinden und Registrieren" stellt einen weiteren ausschlaggebenden Unterschied zur traditionellen Customer Journey dar. In dieser Phase ist die Hauptaufgabe eines Unternehmens, das digitale Services vertreibt, einen Anreiz für Kunden zu schaffen, sich zu registrieren und die Konnektivität zu erhöhen. Wichtig dabei ist, dass der Kunde den langfristigen Nutzen der App erkennt und die Verbindung möglichst einfach gestaltet ist.

Die dritte Phase "Interagieren" verfolgt das Ziel, die Nutzung der digitalen Services zu intensivieren. BSH fokussiert sich hierbei auf Engagement-Funktionen in der App anstelle von produkterweiternden Funktionen. Beispiele dafür sind die individuelle Rezeptsammlung und die Rezepterstellungsfunktion, passend zu dem Bosch Cookit. Darüber hinaus arbeitet BSH mit einem Netzwerk aus Partnern zusammen, um die Services und Produkte zu erweitern und Kundeninteraktion zu intensivieren.

In der "Transact"-Phase nutzt BSH die Informationen zum Kundenverhalten und wandelt diese in zusätzliche Einnahmequellen um. Dies wird besonders deutlich am Beispiel von Zusatz- und Verbrauchsmaterial. Der Test zeigte, dass durch eine aktive Vermarkung eines Produkts in der App, in diesem Beispiel Putzmittel, die Konversions-Rate dieses Produktes massiv anstieg. Dies verdeutlicht, dass durch digitale Services nicht nur der Kundennutzen, sondern auch direkt Einnahmequellen gesteigert werden können.

Fazit: Matthias Ginthum zeigte in seinem Vortrag, wie es möglich ist, ein etabliertes Unternehmen von traditionellen Produkten hin zu digitalen Services umzugestalten. Um dies erfolgreich umzusetzen, ist eine interne Transformation von einem produktzentrierten zu einem kundenzentrierten Unternehmen notwendig. Dabei muss der gesamte Sales Prozess neu gedacht und die Konnektivität zwischen Kunden und Services entlang der gesamten Journey im Blick behalten werden. Der Wandel bietet nicht nur die Chance, den Kundennutzen zu erhöhen, er ermöglicht auch die Erschließung neuer Einnahmequellen.


Über das Unternehmen: BSH ist einer der weltweit führenden Hersteller. Dafür bietet BSH seinen Kunden eine breite Produktpalette im Haushalt an. BSH hat sich mit einem Umsatz von 15,6 Mrd. Euro in 2021, 62.400 Mitarbeitern und 40 Produktionsstandorten zum größten Haushaltsgerätehersteller in Europa entwickelt. Der Blick richtet sich mit einer Investmentquote von 3,5% und Forschungs- und Entwicklungsausgaben von 4,9 %  bezogen auf den Umsatz in die Zukunft.

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