Die digitale Revolution stellt die Unternehmenswelt vor große Herausforderungen. Christian Maar, Vorsitzender der Geschäftsführung des Online-Immobilienportals Immonet, beschreibt die Auswirkungen der digitalen Revolution auf die Strategiearbeit.  

Geschwindigkeit - die neue Größe

Die digitale Revolution führt zu einem immer stärkeren Bedeutungsrückgang der „Größe“. Neue Geschäftsmodelle, die am richtigen Ort und zum richtigen Zeitpunkt entwickelt werden, können etablierte Markt- und Größenverhältnisse schnell verwerfen. Beeindruckende Beispiele hierfür sind Facebook, airbnb oder Apple. Insgesamt ist der Markt im E-Business heute schwer prognostizierbar; Marktpositionen können sich in kürzester Zeit stark verändern. Die konsistente Einhaltung einer langfristigen Strategie wird dadurch unmöglich.

Reelle Immobilien auf (virtuellen) Marktplätzen
Die digitalen Marktplätze funktionieren zwar noch nach volkswirtschaftlichen Grundprinzipien, allerdings hat sich das Medium geändert, auf dem Angebot auf Nachfrage trifft. Bereits heute werden 70 % des Umsatzes im Versandhandel online generiert.

Immonet - eine Tochter der Axel Springer Digital Classifieds und der Mediengruppe Madsack - beschäftigt etwa 270 Mitarbeiter. Kerngeschäft des Unternehmens ist die gewerbliche Insertion, die 80 % des Umsatzes ausmacht. Zusatzgeschäfte von Immonet sind private Insertion und Vermarktung. Hierbei wird, neben der klassischen Display-Werbung, auch der „Traffic“ weiterverkauft, indem unter anderem auf komplementäre Dienstleistungen wie Finanzierungsangebote oder Umzugsdienstleistungen hingewiesen wird.

Brick & Mortar versus Internet
Die Implementierung eines erfolgreichen Multi-Channel-Ansatzes ist nicht allen Unternehmen gelungen. Während Tchibo und Apple den Shift „von Offline zu Online“ erfolgreich vollzogen haben, hat es beispielsweise Media Markt noch nicht ganz geschafft.

Nach dem Trend „von Offline zu Online“ ist inzwischen ein nicht weniger starker Trend von stationärer- hin zu mobiler Internetnutzung zu beobachten. Darüber hinaus erfährt die lokale Internetnutzung einen immer stärkeren Bedeutungszuwachs: Bereits ein Drittel aller mobilen Suchen erfolgt mit örtlichem Bezug. Erfolgreiche Geschäftsmodelle müssen diese Trends zwingend berücksichtigen.

Präteritum/Präsens/Futur - der Immonet Strategieprozess
Strategiearbeit bei Immonet war in der Vergangenheit stark von kurzfristigen Wachstumsoffensiven geleitet. Mit den beeindruckenden Zuwächsen entstand das Bedürfnis nach einem umfassenden Strategieprozess.

Im Rahmen eines umfassenden internen Projekts wurde die Strategiearbeit überdacht und wesentliche Aspekte neu konzeptioniert. Im ersten Schritt wurde zunächst geklärt, wofür das Unternehmen Immonet steht und als Ergebnis eine langfristige Vision geschaffen. Basierend auf der Vision und der daraus abgeleiteten Mission wurden zudem fünf Zielbilder für die Strategie von Immonet entwickelt. Aus Sicht der Gesamtstrategie wird sich das Unternehmen zukünftig konsequent auf das Produkt konzentrieren.

Der Einsatz von wenigen, aber effizienten Systemen ermöglicht eine effektive strategische Analyse, Entwicklung und Kontrolle und steht exemplarisch für die gestiegene Bedeutung analytischer Elemente der Strategiearbeit bei Immonet. Die Strategieplanung setzt sich heute aus der Etatplanung, deren Übertragung in das Projektportfolio sowie dem sogenannten GATE-Prozess (Freigabe neuer Projekte & Priorisierung) zusammen. Die Strategieumsetzung erfolgt durch Controlling des Status laufender Projekte und der Produktentwicklung (vgl. Abb. 1 ). Obwohl die Implementierung eines strukturierten Strategieprozesses für ein Online-Unternehmen eher untypisch ist, ist das Management von Immonet mit dem Wandel bisher sehr zufrieden.

Gibt es in der (Online-)Welt eigentlich noch Platz für eine langfristige Strategie
Eine langfristige, übergeordnete Firmenstrategie sollte zwar den Handlungsrahmen festlegen, allerdings muss diese Strategie flexibel bleiben, um auf kurzfristige Entwicklungen reagieren zu können. Zudem können Online- und Offline-Strategien nicht mehr unabhängig voneinander betrachtet werden, da Kunden nicht differenzieren, sondern zwischen den Kanälen wechseln.

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