Kündigungen durch den Arbeitgeber sind nur bei Vorliegen eines Grundes und – außer bei der verhaltensbedingten Kündigung – nur gegen Abfindung[1] möglich. Das gilt nicht nur während der Laufzeit befristeter oder unbefristeter Arbeitsverträge, sondern auch für die Probezeit.[2] Das bedeutet, Mitarbeiter können während oder zum Ende der Probezeit nicht einfach deshalb entlassen werden, weil lediglich Zweifel daran bestehen, dass sie sich an das Compliance-Programm halten. Vielmehr bedarf es auch für Mitarbeiter auf Probe eines gesetzlichen Kündigungsgrundes. Mitarbeiter sollten daher bereits vor der Einstellung auf Herz und Nieren geprüft werden.

Eine fristlose Kündigung ohne Abfindung (verhaltensbedingte Kündigung) ist insbesondere möglich,

  1. wenn Arbeitnehmer strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden,
  2. bei einer schwerwiegenden Verletzung von Arbeitsrichtlinien, sprich des Mitarbeiter-Handbuchs, und
  3. wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber aufgrund einer schwerwiegenden Pflichtverletzung oder wegen Verfolgung privater Interessen einen erheblichen Schaden zufügt.[3]

Die unberechtigte Kündigung durch den Arbeitgeber gibt dem Mitarbeiter wahlweise einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung bzw. Wiedereinstellung oder Schadenersatz.[4] Der Schadenersatzanspruch beträgt in diesem Fall den zweifachen Betrag der Abfindung, die im Fall einer abfindungspflichtigen Kündigung zu zahlen wäre.[5] Daraus ergibt sich ein erhebliches rechtliches und finanzielles Risiko für das Unternehmen, wenn Compliance-Verstöße nicht mit letzter Sicherheit bewiesen werden können oder wenn unterschiedliche Ansichten darüber bestehen, ob der Compliance-Verstoß schwerwiegend ist oder nicht.[6] Auch wenn sich die Weiterbeschäftigung in der Praxis vielfach durch eine entsprechende Entschädigung abwenden lassen wird, kann sich über die finanziellen Folgen hinaus auch eine nachteilige Signalwirkung für andere Mitarbeiter ergeben, wenn bekannt wird, dass eine Compliance-bedingte Kündigung unwirksam war. Das praktische Risiko wird durch die zunehmende Tendenz zur Inanspruchnahme der Arbeitsschiedsgerichte im Kündigungsfall erheblich erhöht. Die Kündigung kann, selbst wenn sie rechtlich wirksam ist, auch nachvertraglich Schadens- und Haftungsrisiken auslösen. Es kommt vor, dass chinesische Mitarbeiter nach der Kündigung auf ihren ehemaligen Arbeitgeber zugehen und finanzielle Forderungen stellen, in manchen Fällen sogar im Rahmen von Erpressungen und Nötigungen, oder gezielt die Reputation im Markt beschädigen. Dies ist ein Problem, das in dieser Intensität in Deutschland nicht besteht. In vielen Fällen wird daher die einvernehmliche Vertragsaufhebung vorzugswürdig sein.[7] Soweit es aufgrund der Initiative des Arbeitgebers zu einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung kommt, besteht allerdings ein Abfindungsanspruch des Arbeitnehmers,[8] dessen Höhe verhandlungsfähig sein dürfte, wenn verhaltensbedingte Gründe zur Vertragsaufhebung geführt haben. In Fällen klarer, aber nicht krasser Verstöße kann dem Mitarbeiter auch nahegelegt werden, seinerseits zu kündigen. Dies muss allerdings ohne Druck geschehen. Eine Kündigung durch den Mitarbeiter hilft zwar, einen Gesichtsverlust zu vermeiden, entfaltet allerdings nicht die gleiche Signalwirkung gegenüber anderen Mitarbeitern wie eine Kündigung durch das Unternehmen. In Fällen grober Compliance-Verstöße verschleiert die Kündigung durch den Mitarbeiter den Grund des Ausscheidens auch für den künftigen Arbeitgeber. Dies führt unter Umständen zu einem Imageschaden, wenn der wahre Grund später zu Tage tritt. Daher muss für das richtige Vorgehen im Einzelfall jeweils zwischen dem Risiko eines Rechtsstreits, der Signalwirkung für andere Mitarbeiter sowie dem Image des Unternehmens am Arbeitsmarkt auch gegenüber anderen Arbeitgebern abgewogen werden.

Neben der Beendigung des Arbeitsverhältnisses stehen dem Arbeitgeber grundsätzlich auch Schadenersatzansprüche wegen schuldhafter Pflichtverletzung sowie gegebenenfalls die vereinbarte Vertragsstrafe wegen Verletzung des Wettbewerbsverbots oder der Geheimhaltungsverpflichtung zu. Werthaltigkeit, Durchsetzbarkeit und Öffentlichkeitswirksamkeit einer Verfolgung dieser Ansprüche sollten im Einzelfall sorgfältig abgewogen werden. Eine außergerichtliche Einigung über diese Ansprüche ist vorzugswürdig, allerdings sollten Unternehmen die gerichtliche Geltendmachung nicht von vornherein ausschließen.

[1] Grob gesagt muss pro Jahr Betriebszugehörigkeit ein Monatslohn gezahlt werden, der sich aus dem Durchschnittslohn der letzten 12 Monate vor der Vertragsbeendigung einschließlich aller Gehaltsbestandteile wie Boni, Zuschläge oder anderer Leistungen berechnet, Artikel 47 ArbeitsVG, Artikel 27 DVArbeitsVG.
[2] Die Probezeit beträgt bei unbefristeten Arbeitsverträgen oder bei befristeten Arbeitsverträgen von drei Jahren oder mehr maximal sechs Monate, bei kürzerer Laufzeit eines befristeten Arbeitsvertrages entsprechend weniger (Artikel 19 ArbeitsVG).
[3] Artikel 39 ArbeitsVG, Artikel 19 ...

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