Tipps zur Gestaltung von Unterweisungen für Nicht-Muttersprachler

Gute, spannende und zielgerichtete Unterweisungen durchzuführen ist bereits mit Deutsch als gemeinsamer Sprache nicht ganz einfach. Um die Verantwortung wahrzunehmen und auch für Nicht-Muttersprachler hochwertige und zielgerichtete Unterweisungen anzubieten, sind einige Aspekte zu beachten.

Da Unterweisungen regelmäßig zu wiederholen sind und der Transfer sichergestellt werden muss, lohnt es sich, in gute Vorbereitung und ein paar Kniffe ein wenig zu investieren.

Die Pflichten des Arbeitgebers

Unabhängig vom sprachlichen oder kulturellen Hintergrund müssen Unterweisungen so gestaltet werden, dass sie von allen Beschäftigten verstanden werden. Wenn mündliche oder schriftliche Kommunikation hierfür nicht ausreicht, müssen andere geeignete Wege gefunden werden – das Abhalten der Unterweisung in der jeweiligen Muttersprache ist nicht unbedingt verpflichtend, auch wenn die Rechtslage dazu nicht eindeutig ist.

Zentral ist, dass sichergestellt wird, dass die Inhalte verstanden wurden. Ein Merkblatt auszuhändigen oder die Regeln auf einem Plakat auszuhängen, ist nicht ausreichend. Was kann man also tun?

Tipp 1: Einfache Sprache

Die Unterweisungsinhalte sollten in möglichst einfacher Sprache vermittelt werden. Fachbegriffe sollten erklärt werden oder am besten ganz vermieden werden. Bei der Erstellung von Unterrichtmaterialien in leichter Sprache kann die Webseite des Netzwerks Leichte Sprache e. V. weiterhelfen. Auch das mehrfache Wiederholen hilft, Begriffe zu festigen – es lohnt sich, nicht zu viele Inhalte je Einheit zu bearbeiten und dafür alles zwei oder drei Mal zu wiederholen.

Tipp 2: Gemeinsames Vokabular

Um nach und nach einen gemeinsamen Pool an Begriffen aufzubauen, können oft verwendete Worte in einer Art Lexikon zusammengestellt werden. Die deutschen Begriffe werden neben den Bildern von z. B. Arbeitsmitteln oder Werkzeugen abgedruckt, ggf. können auch Übersetzungen in die wichtigsten im Betrieb gesprochenen Sprachen ergänzt werden. Es können nach und nach z. B. immer neue Plakate ausgehängt werden, Kopien der vorangegangenen Blätter können den Beschäftigten zum Nachschlagen zuhause ausgehändigt werden.

Tipp 3: Einsatz von verschiedenen Medien

Wo sinnvoll, können Fotos vom Arbeitsplatz oder Werkzeugen, der PSA oder wichtigen Arbeitsmitteln gemacht werden. Mit dem Smartphone ist es auch möglich, kleine Videosequenzen zu filmen und im Rahmen der Unterweisung zur Verdeutlichung zu verwenden. Die Internationale Arbeitsorganisation ILO und die Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit bietet darüber hinaus ein Set an international verständlichen Piktogrammen an, die bei der Erläuterung der Zusammenhänge unterstützend eingesetzt werden können.

Tipp 4: Einsatz von Dolmetschern

Im Einzelfall kann der Einsatz von Dolmetschern hilfreich sein. Dies ist insbesondere der Fall, wenn es nicht allzu viele Sprachen gibt, die im Betrieb gesprochen werden müssen. Oft gibt es ehrenamtliche Dolmetscher, die für einzelne Veranstaltungen zur Verfügung stehen.

Darüber hinaus ist es denkbar, dass zweisprachige Beschäftigte als Dolmetscher aushelfen, solange sichergestellt wird, dass die Übersetzung sachrichtig und vollständig ist. Das Erlernen der deutschen Sprache sollte dennoch für alle Beschäftigten eine Zielsetzung sein und das Übersetzen unter Kollegen somit nur eine Überganglösung.

Tipp 5: Digitale Übersetzungssysteme

Wo man mit „menschlichen“ Dolmetschern nicht weiterkommt, können kostenlose Services wie Google Translate (Android) oder iTranslate (iOS) eingesetzt werden, um Sprachbarrieren zu überwinden. Dabei ist zu beachten, dass diese Apps zwar die Alltagssprache schon sehr gut übersetzen, bei Fachvokabular (wie z. B. Arbeitsmitteln, der Formulierung von Vorschriften oder der Beschreibung von Prozessen) oft noch Lücken aufweisen können.

Relativ neu sind anklippbare Übersetzungscomputer, die wie ein Namensschild an der Kleidung getragen werden können. Sie können in Bereichen Verwendung finden, in denen Smartphones oder Tablets aus hygienischen, technischen oder anderen Gründen nicht verwendet werden dürfen.

Achtung, Kulturschock!

Besonders bei Gruppen, in denen sehr verschiedene Kulturen aufeinandertreffen, kommen weitere Aspekte zum Tragen. Beispielsweise gelten z. B. in Süd- und Ostasien andere Höflichkeitsregeln und die Teilnehmenden einer Unterweisung würden auf die Nachfrage, ob sie alles verstanden haben, eher nicht mit „nein“ antworten – auch wenn diese Antwort der Wahrheit entspricht. Deshalb sollte, wenn möglich, auf praxisnahe Tests zurückgegriffen werden, ob das Erklärte auch verstanden wurde. Dazu eignen sich kleine praktische Übungen und das Demonstrieren und Nachmachen direkt am Arbeitsplatz.

Aber Achtung: Auch hier lauert eine kleine Falle! In manchen Kulturen entsteht in bestimmten Situationen ein größeres Schamgefühl – es droht der „Gesichtsverlust“, wenn man einen Fehler macht oder eine Erklärung nicht gleich im ersten Versuch verstanden hat. Was im mitteleuropäischen Raum vielleicht nur ein kleiner Scherz ist, kann für Menschen aus anderen Kulturkreisen eine Beleidigung oder Herabwürdigung sein.

Deshalb sollte man auf Witze oder entsprechende Bemerkungen vollständig verzichten, vor allem, wenn jemand etwas vor einer größeren Gruppe vorzeigen soll. Im Zweifelsfall unterweist man Mitglieder verschiedener Ethnien individuell oder in kleineren Gruppen.

Dies bietet sich ohnehin an, da im kleineren Rahmen die Hemmschwelle, Nachfragen zu stellen, niedriger ist. Eine kleinere Gruppe ist außerdem organisatorisch leichter einzuplanen und man kann persönlicher auf das Sprachniveau, die Vorkenntnisse und die Schwierigkeiten der Beschäftigten eingehen – der höhere Aufwand ist somit mit Qualitätsgründen gerechtfertigt.

Spezialtipp: Gelingende Paten- und Mentorenprogramme

Nach der gesetzlich vorgeschriebenen Erstunterweisung sollten fortgesetzte Unterweisungen und das Erlernen der Sprache ein ständiges Thema bleiben. Neben Sprachförderprogrammen, die zum Teil auch von öffentlichen Stellen bezuschusst werden, sind Paten- oder Mentorenprogramm hier das Instrument der Wahl. Dabei stehen erfahrene Mitarbeitende den „Neulingen“ im 1:1-Setting zur Verfügung, können Begriffe erklären, Handgriffe vormachen und so eine dauerhafte Anlaufstelle für Fragen und Probleme darstellen.

Die Voraussetzung für das Gelingen eines solchen Vorhabens sind neben der Bereitschaft der Paten/Mentoren außerdem eine gewisse interkulturelle Kompetenz. Von organisatorischer Seite her sollte mit den Paten und Mentoren darüber hinaus der Rahmen der Betreuung abgesteckt werden – es sollte also besprochen werden, bei z. B. welchen Themen sie einen Vorgesetzten hinzuziehen müssen. Daneben sollte abgeklärt werden, in welchem Zeitumfang sie ihre Aufgaben als Paten und Mentoren wahrnehmen sollen.

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