Stromunfälle: Sicheres Arbeiten an neuen E-Technologien

In den vergangenen Jahren gingen meldepflichtige Stromunfälle deutlich zurück. Doch durch neue Technologien – von Solaranlagen bis zu E-Wagen – kommen auch neue elektrische Gefährdungen auf die Beschäftigten zu. Im Zuge der Energiewende gewinnen unter anderem Gefährdungen durch Gleichstromquellen wieder an Bedeutung.

Im Jahr 2022 gab es in Deutschland 515 meldepflichtige Stromunfälle, davon waren zwei tödlich. Seit 2016 ist die Anzahl der Stromunfälle rückläufig (2016: 757 meldepflichtige Unfälle, 5 tödlich), wenn auch nicht ganz so schnell wie die Unfälle in anderen Bereichen. Dabei entfallen rund 90 Prozent aller Unfälle in den Niederspannungsbereich (bis 1000 Volt), noch nicht einmal ein Prozent (0,8%) geschahen im Hochspannungsbereich. Der Rest entfiel auf Unfälle, welche durch Induktionen (bei Arbeiten an Fahr- und Freileitungen), Blitze und elektrostatische Entladungen (bei Arbeiten an Schaltungen) verursacht wurden.

Unfallfolgen im Niederspannungsbereich

Unfälle im Niederspannungsbereich zeichnen sich zumeist durch einen kurzen Kontakt zur Spannungsquelle und kurze Durchströmungszeiten (Zeit, in welcher der Strom durch den Körper jagt) bei den Betroffenen aus. Dennoch kann sich durch ein mechanisches Zusammenziehen der Muskulatur die Kontaktzeit verlängern. Als Folge davon können vor allem Zerrungen sowie Muskel- und Sehnenanrisse auftreten. An den Ein- und Austrittstellen des Stromes sowie durch Einwirkung von Störlichtbögen können zudem ernsthafte Hautverbrennungen entstehen. Je schneller das Herz unter körperlicher Arbeit schlägt, desto empfindlicher reagiert es auf Körperdurchströmungen und desto eher kommt es zu einer Störung der Herzfrequenz, was zu Kammerflimmern und sogar Herzstillstand führen kann.

Kardiales Monitoring

Jeder Beschäftigte sollte nach einem elektrischen Stromschlag, auch wenn vordergründig keine Verletzungen aufgetreten sind, sofort zum nächsten Arzt gebracht werden. Wegen der Gefahr von Herzrhythmusstörungen muss möglichst ein 12-Kanal-EKG durchgeführt werden, je nach ärztlicher Entscheidung mit anschließender stationärer Überwachung (kardiales Monitoring). Bei asymptomatischen Patienten ohne EKG-Veränderung kann in der Regel auf einen Krankenhausaufenthalt und ein kardiales Monitoring verzichtet werden.

Gefährdungsfeld Photovoltaik

Neue gefährliche Arbeitsprozesse, bei denen Stromunfälle geschehen können, entstehen für die Beschäftigten durch die Vielzahl der neuen Technologien im Zuge der Energiewende. Dazu gehört auch die Einrichtung von Solar- bzw. Photovoltaikanlagen. Bei seriell verschalteten Solarmodulen im Betriebszustand besteht eine Stringspannung von bis zu 1.000 V. Ein String bezeichnet Solarzellen, die in Serie geschaltet sind, um eine höhere Spannung zu erzeugen. Normalerweise sind 10 bis 15 Solarzellen miteinander verbunden. Dies führt dazu, dass die Spannung in jedem String addiert wird. Wenn beispielsweise jede Solarzelle eine Spannung von 0,5 Volt erzeugt und 10 Solarzellen in einem String miteinander verbunden sind, ergibt dies eine Gesamtspannung von 5 Volt.

Stromfluss unbedingt unterbrechen

Die wichtigste Regel ist: Bei jedem Stromunfall muss zuerst der durch den Körper fließende Strom unterbrochen werden. Erst dann kann Ersten Hilfe geleistet werden. Im Niederspannungsbereich erfolgt die Unterbrechung des Stromkreises unter anderem durch Entfernen der Sicherung, Abschalten des Geräts oder Ziehen des Netzsteckers. Eine Photovoltaik-Anlage auf einem Hausdach steht bei Tageslicht und freigeschalteten Hausanschlusskasten immer noch unter Gleichspannung. In diesem Betriebszustand sind auch bei Trennung von Steckverbindungen noch Störlichtbögen (Gasentladungen) am Wechselrichter möglich.

Sicherheitsregeln bei Arbeiten an Solaranlagen

Die wichtigsten Sicherheitsregeln bei Arbeiten an der DC-Seite (vor dem Lasttrennschalter) von Solaranlagen sind daher:

  • Abschalten: Freischalten der AC-Seite (hinter dem Wechselrichter) wenn möglich. DC-Seite freischalten, ansonsten DC-Seite stromlos schalten.
  • Gegen Wiedereinschalten sichern.
  • Spannungsfreiheit auf der AC-Seite prüfen: Stromfreiheit auf der DC-Seite prüfen. soweit möglich Arbeitsstelle von speisendem Photovoltaik-Modulen trennen, ggf.  Spannungsfreiheit oder Erreichen der reduzierten Spannung feststellen.
  • Soweit möglich: Erden und Kurzschließen.
  • Benachbarte berührbare unter Spannung stehende Teile abdecken oder abschranken.
  • Nach „Abschalten“ und „Gegen Wiedereinschalten sichern“ wird mittels einer Strommesszange die Stromfreiheit geprüft. Erst dann kann der String gefahrlos mittels der DC-Steckverbinder geöffnet werden.
Schlagworte zum Thema:  Arbeitsunfall, Strom, Energie, Solarenergie, Photovoltaik