Lebenslanges Lernen: Lernanlässe im Arbeitsschutz

Digitalisierung, Globalisierung, New Work, Agilität – diese wenigen Schlagworte stehen für die rasend schnelle Veränderung unserer Arbeitswelt. Auch der Arbeitsschutz wird dabei von vielen neuartigen Entwicklungen berührt und muss sich entwickeln, anpassen und dazulernen.

Das Schlagwort des „lebenslangen Lernens“ ist nicht besonders neu, doch hat sich die Bedeutung seit den 1990er Jahren verändert. Viele Jahre ging es eher darum, in seinem Berufsfeld „up to date“ zu bleiben, sein Wissen aktuell zu halten und so – nicht zuletzt – seine Expertenposition im Unternehmen zu behalten.

Berufe als Dinosaurier

Heute ist uns völlig klar: Berufe, in denen eine dreijährige Ausbildungszeit oder ein fünfjähriges Studium ausreichen, um die nächsten 35 oder gar 40 Jahre Berufsleben damit zu bestreiten, gibt es quasi keine mehr. Stattdessen fragen wir uns aufgrund der rasanten technischen und gesellschaftlichen Entwicklungen momentan sogar, welche der Berufe in zehn Jahren vielleicht sogar schon „ausgestorben“ sind und was mit jenen Personen geschieht, die diesen Beruf bis dahin ausgeübt haben.

Lebenslanges Lernen auf drei Ebenen

Aufgrund der sich so rasch verändernden Welt wird Lernen nun auf drei Ebenen nötig sein: Zur ursprünglichen Definition, sich auf seinem gewählten Fachgebiet auf dem Laufenden zu halten, kommt die Kenntnis über Schnittstellen hinzu. Benachbarte Wissensdisziplinen, die sich ans eigene Feld andocken, sollten zumindest grob überblickt werden.

Nicht zuletzt gibt es den Blick aufs große Ganze, das einen großen Einfluss auf jedes Jobgebiet haben kann: Gesellschaftliche und technische Entwicklungen können rasend schnell Einzug ins Arbeitsleben halten und Veränderungen auslösen, die ein Jahr zuvor nicht absehbar waren. Schauen wir uns ein paar Veränderungen und ihre Folgen für den Arbeitsschutz an:

Beispiel 1: Gefahren in der Kooperation mit Robotern

Das Unternehmen „Boston Dynamics“ entwickelt seit Jahren Roboter, die dem Menschen mittlerweile so ähnlich sind, dass es eine Frage der Zeit ist, bis Roboter und Menschen nebeneinander wie Kollegen arbeiten. Daraus werden neue und bisher unbekannte Situationen entstehen, die aus Sicht des Arbeitsschutzes bewertet werden müssen.

Beispiel 2: Integration von Migranten in den Arbeitsmarkt

Die Anzahl der Nicht-Muttersprachler ist in den letzten Jahren gewachsen, oft steht auch Englisch als gemeinsame Verständigungssprache nicht zur Verfügung. Daraus erwächst die Herausforderung, Unterweisungen so zu gestalten, dass sie sicher verstanden werden. Methodisches Know-How wird nötig – z. B. wie man mit Hilfe von interkulturellen Piktogrammen, Übersetzungs-Apps (z. B. Google Translate oder iTranslate) oder anklippbaren Simultanübersetzern eine funktionierende Unterweisung bestreiten kann.

Beispiel 3: Integration neuer „Hilfsmittel“

Die Frage, wie Arbeiten für Menschen gesund und sicher gestaltet werden kann, hat zu arbeitsunterstützenden Hilfsmitteln wie z. B. Exoskeletten geführt. Wir stehen bei der reibungslosen Integration solcher Produkte noch am Anfang, aber die Aussicht, z. B. Überkopfarbeiten oder das Bewegen von Lasten angenehmer zu gestalten, rechtfertigt eine intensive Auseinandersetzung mit den sich stellenden Fragen: Wie werden Exoskelette auf den Menschen und seine Arbeitsumgebung einwirken? Welche Gefahren entstehen bei der Arbeit mit Exoskeletten (neu), welche Belastungen werden reduziert und wie sind entsprechend die Arbeitsplätze zu beurteilen?

Beispiel 4: Änderung der Betriebsabläufe durch Digitalisierung

Die Digitalisierung bedeutet nichts weniger, als dass alles, was sich durch einen softwaregestützten Prozess abbilden lässt, auch softwaregestützt abgebildet werden wird. Wo früher eine Instandhaltungsgruppe fest in das Unternehmensgefüge integriert war, meldet nun eine technische Anlage selbst, dass demnächst vermutlich eine Reparatur oder Wartung ansteht (predictive maintenance). Im Ergebnis werden punktgenau Ersatzteile geliefert und jene Person, die vielleicht sogar mittels Datenbrille geführt die Reparatur oder Wartung durchführt, muss nicht unbedingt Teil des Unternehmens sein. Was bedeuten diese Veränderungen für den Bereich Arbeitsschutz?

Beispiel 5: Schnittstellenwissen

Schon lange ist die Zeit strikt getrennt handelnder und arbeitender Disziplinen vorbei – von angrenzenden Disziplinen zumindest so viel zu wissen, dass man mit den Experten aus jenen Bereichen konstruktiv zusammenarbeiten kann, ist essenziell. Für den Arbeitsschutz dürften es z. B. die Arbeitsmedizin sein, aber auch die Produktionsplanung sowie das Thema Arbeitsplatzergonomie, die zumindest in ihren Zielsetzungen, Werkzeugen und Herangehensweisen grob verstanden werden sollten.

Bonus für lebenslanges Lernen: Individuelle Weiterentwicklung

Die Vielfalt der Karrieremöglichkeiten ermöglicht, im Laufe seines Lebens mehrfach die Arbeitsstelle zu wechseln. Für Unternehmen entsteht mit einem Mitarbeiter, der Erfahrungen aus anderen Positionen mitbringt, eine Chance: Ein Arbeitnehmer kann sich in den verschiedenen Stationen seines Arbeitsleben ein breites Bild erarbeiten und aus den Erfahrungen aus andren Unternehmen schöpfen.

Besonders beim Wechsel in eine andere Branche entsteht ein Lernanlass, den man als Einzelner ernst nehmen sollte, wo aber auch Unternehmen sich in der Pflicht sehen sollten, passende Angebote zum Weiterlernen zu machen. Mit einer konstant erweiterten Wissensbasis ist der Einzelne als Mitarbeiter für Unternehmen wertvoll, woraus sich wiederum spannende Entwicklungsmöglichkeiten ergeben können.

Das könnte Sie auch interessieren

Planungshilfe ADDIE: Zielgerichtet Unterweisungen planen

Didaktische Methoden für Unterweisungen

Tipps zur Gestaltung von Unterweisungen für Nicht-Muttersprachler


Schlagworte zum Thema:  Unterweisung, Arbeitsschutz