Gewerbeaufsicht: Rechte und Pflichten der Unternehmen

Die Gewerbeaufsichtsämter überprüfen mit ihren Betriebsrevisionen die Einhaltung der hohen Arbeitsschutzstandards in deutschen Unternehmen. Wann kommen die Prüfer, welche Befugnisse haben sie, welche Rechte die Unternehmen und welche Konsequenzen können den Betrieben drohen?

Im Regelfall können die Betriebe nicht „vorausberechnen“ wann die Prüfer der Gewerbeaufsicht zu ihnen Prüfungen ins Haus kommen, den sogenannten Betriebsrevisionen. Denn in der Regel kommen sie ohne vorherige Ankündigung. Die Prüfer dürfen alle Betriebsräumlichkeiten bzw. sogar das ganze Betriebsgelände besichtigen und brauchen nicht die Erlaubnis (oder die Gegenwart) des Unternehmers oder irgendwelcher anderen Personen. Allerdings müssen sie sich an die Betriebs- und Geschäftszeiten halten.

Befugnisse der Gewerbeaufsichtsämter

Für die Durchführung der gesetzlich übertragenen Aufgaben stehen den Mitarbeitern der Gewerbeaufsicht im Wesentlichen sämtliche Befugnisse zu, die auch den örtlichen Polizeibehörden zustehen:

Auskunftsanspruch: Das Gewerbeaufsichtsamt kann vom Betriebsinhaber oder den verantwortlichen Personen vom Unternehmer/Arbeitgeber alle für eine Revision erforderlichen Auskünfte und Unterlagen verlangen. Dennoch darf der Unternehmer oder die von ihm beauftragte Person die Antworten und die Vorlage der Unterlagen verweigern. Hierauf muss der Prüfer den betreffenden Unternehmer oder Mitarbeiter hinweisen.

Betretungsrecht: Die Mitarbeiter der Gewerbeaufsicht dürfen jederzeit während der regulären Arbeits-, Öffnungs- und Betriebszeiten alle Geschäfts- und Betriebsräume sowie das gesamte Betriebsgelände betreten, besichtigen und prüfen. In der Praxis heißt dies aber eigentlich den ganzen Tag: denn selbst wenn (theoretisch) nur ein Pförtner anwesend wäre, erlaubt dies der Behörde bereits das Betriebsgelände zu betreten. Ein solcher nächtlicher „Zugriff“ kommt aber in der Regel nur vor, wenn ausdrücklich „Gefahr in Verzug“ besteht.

Überprüfungsrecht: Die Prüfer haben Befugnis für folgende Kontrollen:

  • das Prüfen von Betriebsanlagen, Arbeitsmittel und persönliche Schutzausrüstungen,
  • die Untersuchung von Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufe,
  • die Durchführung von Messungen (Lärm, Schadstoffe etc.) und Entnahme von Proben (Gefahrstoffe etc.), die Entnahme von Proben muss quittiert werden,
  • die Feststellung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren,
  • Die Untersuchung der Ursachen von Arbeitsunfällen, arbeitsbedingten Krankheiten oder Schadensfällen.

Unterstützungsanspruch: Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet den Unternehmer/Arbeitgeber oder die verantwortliche Person, die Prüfer bei der Durchführung der Revision in jeder Hinsicht zu unterstützen.

Gewerbeaufsicht im Haus – Rechte der Unternehmen

Welche Rechte haben die Unternehmen bei der Betriebsrevision? Diese drei Bereiche sind besonders wichtig:

Verschwiegenheit und Schutz betrieblicher Daten: Im Rahmen der Revisionsprozesses kann es dazu kommen, dass die Gewerbeaufsichtsbeamten von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen erfahren. Diese Daten müssen von den Prüfern geheim gehalten werden und dürfen nicht an irgendwelche Behörden weitergegeben werden– vorausgesetzt sie sind in arbeitsschutzfachlicher Hinsicht irrelevant und gefährden nicht die öffentliche Sicherheit und Ordnung.

Auskunftsverweigerungsrecht: Auskünfte auf Fragen, bei der die Gefahr besteht, dass sich der Unternehmer selbst oder einer seiner Angehörigen der Strafverfolgung aussetzen würde, können verweigert werden. Darauf hat der Prüfer die betreffenden Personen hinzuweisen.

Kontrollen außerhalb der Betriebszeiten: Werden Revisionen außerhalb der Arbeits- und Betriebszeiten vorgenommen oder befindet sich die Arbeitsstätte in einer Wohnung, dürfen die Prüfer ohne Einverständnis des Unternehmers/Arbeitgebers ihre Kontrollen nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung durchführen. Ausnahme: Es handelt sich um „Gefahr in Verzug“ und damit um eine akute Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung.

Prüfung durch die Gewerbeaufsicht – Folgen für die Unternehmen

Jedes Unternehmen erhält unmittelbar nach Besuch des Prüfers ein Revisionsschreiben, in dem die festgestellten Mängel festgehalten sind und eine Behebung der Missstände bis zum Ablauf einer bestimmten Frist bestimmt wird. Von dieser Regel gibt es eine gravierende Ausnahme: Wenn die Prüfer „Gefahr in Verzug“ erkennen – dann wird sofort gehandelt und der Missstand muss umgehend behoben werden. Ist dies aber nicht der Fall, hat der Unternehmer erst einmal Zeit, auf das Revisionsschreiben zu antworten. Äußert der Unternehmer sich dahingehend, dass er den Forderungen der Prüfer in jedem Punkt nachkommt, gibt es in der Regel keinen weiteren Besuch der Prüfer mehr. Werden die Verstöße aber nicht beseitigt, dann erfolgt eine Anordnung. Die Anordnung stellt anders als das Revisionsschreiben einen Verwaltungsakt dar. Aus der Anordnung resultieren folgende Konsequenzen für den Unternehmer:

Zwangsmaßnahmen: Art und Umfang der Zwangsmaßnahmen sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt. Bundesweit können aber folgende Zwangsmittel angewendet werden:

  • Zwangsgeld
  • Kostenpflichtige Ersatzvornahme
  • Anwendung unmittelbaren Zwangs (zum Beispiel Stilllegung einer Maschine/Anlage).

Bußgeldverfahren: Ignoriert der Unternehmer/Arbeitgeber einer Anordnung und stellt diese gleichzeitig auch einen Bußgeldtatbestand dar, wird ein Bußgeldverfahren eingeleitet. Die Rechtsgrundlage hierfür ist das Ordnungswidrigkeitengesetz in Kombination mit der Strafprozessordnung.

Strafanzeige: Besonders brenzlig wird es für den Unternehmer/Arbeitgeber, wenn die Gewerbeaufsicht meint, dass die Gefährdungen im Betrieb sogar einen Straftatbestand erfüllen. In dies der Fall wird das Verfahren an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Ein solches Szenario ist in jedem Fall gegeben, wenn es aufgrund der Missachtung von Arbeitsschutzvorschriften im betroffenen Betrieb zu einer ernsthaften (d.h. Leib und Leben gefährdenden) Verletzung eines Arbeitnehmers gekommen ist. Das Strafhöchstmaß ist dabei eine Haftstrafe bis zu einem Jahr.

Wann werden Prüfungen durch das Gewerbeaufsichtsamt angekündigt?

Schriftlich angekündigte Revisionen gibt es nur in drei Fällen:

  • wenn das Unternehmen eine genehmigungspflichtige Anlage in Betrieb nimmt und diese Inbetriebnahme den Behörden gemeldet hat,
  • wenn die Prüfer unbedingt die Teilnahme des Unternehmers oder einer für die betriebliche Sicherheit im Betrieb verantwortliche Person für ihren Termin erwarten,
  • wenn bestimmte außergewöhnliche Betriebsabläufe kontrolliert werden sollen, die nicht zur täglichen Routine im Unternehmen gehören.

Übrigens: Da die Gewerbeaufsicht Angelegenheit der Bundesländer ist, variieren die Bezeichnungen für die Gewerbeaufsichtsämter von Land zu Land seit jeher. In den vergangenen 20 Jahren wurden die Gewerbeaufsichtsämter zudem in größere Verwaltungsbehörden integriert (zum Beispiel Regierungsbezirke, Bezirksregierungen und Ministerien) oder sogar im Falle von Nordrhein-Westfalen und Hessen formalrechtlich ganz aufgelöst. In Schleswig-Holstein sind sie Teil der Unfallkasse Nord geworden. Offiziell heißen Gewerbeaufsichtsämter nur noch in Baden-Württemberg und Bayern so.


Schlagworte zum Thema:  Ordnungswidrigkeit, Compliance, Arbeitsschutz