Energiewende und Impact Investment: Interview

Geldanlage mit gutem Gewissen: Mit seiner Impact Investing Plattform für private und gewerbliche Investoren versucht das Berliner Unternehmen Ecoligo, die globale Energiewende zu fördern. Im Interview berichtet Gründer Martin Baart, wie das Scale-Up Nachhaltigkeit zum Geschäftsmodell macht.

Schwellenländer sind besonders von den Folgen des Klimawandels betroffen. Gleichzeitig wachsen die Wirtschaften hier und brauchen Zugang zu günstiger, nachhaltiger und sauberer Energie. Mit seinem Impact-orientierten Geschäftsmodell will das Berliner Unternehmen Ecoligo die Energiewende in diesen Ländern fördern und gleichzeitig einen breiten Zugang zum Impact Investing schaffen. Wir sprachen mit dem Gründer Martin Baart über Nachhaltigkeit als Geschäftsmodell.

Herr Baart, können Sie Ihr Geschäftsmodell in drei Sätzen erklären?

Ecoligo ist ein „Solar-as-a-Service“-Anbieter, der nachhaltige Energieprojekte für Unternehmen im globalen Süden umsetzt. Das Geschäftsmodell besteht darin, als Eigentümer der Solaranlage den erzeugten Strom an diese Unternehmen zu verkaufen. So ermöglichen wir unseren Kunden den Zugang zu sauberer, günstiger Energie ohne hohe Investitionskosten.

Was haben Investorinnen und Investoren in Deutschland davon?

Sie haben die Möglichkeit, einen direkten positiven Einfluss auf die Umwelt und die lokale Wirtschaft zu nehmen. Gleichzeitig erzielen sie attraktive Renditen und diversifizieren durch die Investition in nachhaltige Energieprojekte ihr Portfolio. Unternehmen können durch die Investitionen auch ihr eigenes Nachhaltigkeitsprofil stärken und ihren Beitrag zur globalen Energiewende und zum Klimaschutz demonstrieren.

Wie viel CO2 vermeiden Ihre Projekte bislang?

Für uns gibt es zwei zentrale Kennzahlen: Zum einen die Simulation, wie viel CO2 ein Projekt einsparen wird. Basierend auf dem Standort und dem dortigen Strom-Mix im regionalen Netz können wir sehr genau hochrechnen, wie viel CO2 die Erzeugung von Solarstrom über die Laufzeit einsparen wird. Die zweite Kennzahl sind die realen Messwerte in jedem Projekt. Bisher haben unsere Projekte 29.000 Tonnen CO2 eingespart. Die Laufzeitprognose der bisherigen und aktuellen Projekte läuft auf eine Einsparung von 1,62 Millionen Tonnen hinaus – und die Zahl nimmt mit jedem neuen Projekt zu.

Impactgedanke beim Investment im Vordergrund

Zu Ihren Investoren gehören sowohl Privatmenschen als auch Unternehmen – stellen Sie Unterschiede in den Motiven fest?

76 Prozent unserer Investitionen kommen von Privatinvestoren. Für diese steht ganz klar der Impactgedanke im Vordergrund. Das wurde mit Greta Thunberg und Fridays for Future noch deutlich stärker. Unter den Unternehmen, die bei uns investieren, gibt es schon ein paar, die damit gezielt ihre Scope-3-Emissionen – also Emissionen entlang der Wertschöpfungskette – reduzieren möchten. Das sind aktuell eher kleinere Unternehmen, die unser Angebot als wirkungsvolle Alternative zur CO2-Kompensation über Zertifikate sehen. Zertifikate für eingespartes CO2 stellen wir nicht aus, deswegen ist das für größere Unternehmen, die Belege für ihre Reportings brauchen, noch kein Thema.

Was können Unternehmen, deren Geschäft nicht primär auf Nachhaltigkeitsziele ausgerichtet ist, tun, um nachhaltiger zu werden?

Im ersten Schritt steht da eine Bestandsaufnahme. Unternehmen müssen sich darüber bewusst werden, wo im Unternehmen Emissionen frei werden. Welche Fertigungslinien, Prozesse etc. gibt es? Im zweiten Schritt können Unternehmen dann zusammen mit ihren Mitarbeitenden hinterfragen, welche Bereiche angepasst werden können, um einen positiven Einfluss zu nehmen. Ganz wichtig ist es, die Mitarbeitenden abzuholen. Denn sie haben das Inside Knowledge über Prozesse und mögliche Verbesserungen. Darüber hinaus sollten sich Unternehmen die Frage stellen: Wie incentiviere ich Mitarbeitende zu nachhaltigem Verhalten? Die Summe der kleinen Dinge bewirkt am Ende sehr viel.

Idealerweise wird die gesamte Organisation so aufgebaut, dass Nachhaltigkeitsziele in die Kennzahlen mit einbezogen werden. Dazu muss die Richtung aus dem Management vorgegeben werden. Bei einem Startup ist das relativ einfach, ich kann mir aber vorstellen, dass es in Konzernen schonmal Gegenwind geben kann.

Den größten Hebel haben Unternehmen aber nicht dadurch, dass Mitarbeitende die Bahn statt den Geschäftswagen nehmen…

… da geht es natürlich um das Geschäftsmodell. Wir waren von Anfang an Impact-getrieben. Aber auch alle anderen Unternehmen können sich fragen, wie sie das Geschäftsmodell für ihr Unternehmen sinnvoll gestalten und damit den größtmöglichen Impact erreichen. Für uns stand im Vordergrund: Wie können wir lokale Unternehmen vor Ort unterstützen? Und wie können wir die Energiewende demokratisieren? So haben wir unser Geschäftsmodell entwickelt. Für andere Unternehmen spielen andere Themen eine Rolle, zum Beispiel hinsichtlich Müllvermeidung, Tierwohl, Kreislaufwirtschaft oder Sharing Economy.

Unternehmensverantwortung den Mitarbeitenden gegenüber

Nachhaltigkeit als unternehmerische Verantwortung gilt auch intern: Wie werden Unternehmen ihrer Verantwortung gegenüber den eigenen Mitarbeitenden gerecht?

Dabei ist eine gute Work-Life-Balance ein zentrales Thema. Durch flexible Arbeitszeitmodelle und Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben können Mitarbeitende ihr volles Potenzial entfalten und sind motivierter. Wir beobachten, dass sich das auch ganz stark auf die Mitarbeitendenbindung auswirkt. Ganz grundsätzlich gilt es auch, die Arbeitsplätze und das Einkommen der Beschäftigten durch gutes Wirtschaften zu sichern. Nachhaltiges Wirtschaften heißt nicht zuletzt, langfristige Stabilität zu gewährleisten und Mitarbeitende vor Unsicherheit zu schützen. Dazu gehören auch gerechte Arbeitsbedingungen und eine faire Entlohnung. Durch eine verantwortungsvolle Geschäftsführung und Investitionen in die Entwicklung der Mitarbeitenden können Unternehmen eine positive Arbeitsatmosphäre schaffen. Von der intrinsischen Motivation der Mitarbeitenden kann das ganze Unternehmen profitieren.

10 Millionen Euro Wagniskapital von saudischem Investor

Ihr Unternehmen hat vergangenes Jahr ein Investment über 10 Millionen Euro von der Venture-Capital-Gesellschaft FRV-X erhalten. Wofür wird die Investitionssumme verwendet?

Die Investition ermöglicht es uns, unsere Ziele voranzutreiben und neue Märkte zu erschließen, indem wir nachhaltige Energieprojekte in bisher unerschlossenen Regionen realisieren. Wir bauen neue Partnerschaften auf, nutzen lokale Expertise und schaffen nachhaltige Lösungen in Ländern, die dringend auf erneuerbare Energien angewiesen sind. Außerdem wollen wir unsere Organisationsstruktur und Governance stärken und unsere Impact-Investing-Plattform weiter ausbauen. Die Plattform ermöglicht es Investoren, in nachhaltige Energieprojekte zu investieren und damit gleichzeitig soziale und ökologische Wirkung zu erzielen. Künftig wollen wir die Plattform dahingehend verbessern, dass wir den konkreten Impact noch aktiver kommunizieren können.

FRV-X gehört zum saudi-arabischen Konglomerat Abdul Latif Jameel – liegt die Zukunft der Energiewende in Nordafrika und Nahost?

Durch die Partnerschaft mit FRV-X haben wir Zugang zu einem breiten Netzwerk und wertvollen Ressourcen, die uns dabei helfen, unsere Aktivitäten auszubauen. Wir streben eine enge Zusammenarbeit an operativen Themen an. Als Markt ist der Nahe Osten für Ecoligo aber nicht attraktiv, da der Strommarkt dort extrem subventioniert wird. Unser Angebot ist vor allem dort interessant, wo Strom teuer ist. Gleichzeitig sind Nordafrika und Nahost durch die reichlich vorhandenen Sonnen- und Windressourcen natürlich Regionen mit enormem Potenzial für erneuerbare Energien.

Vielen Dank für das Gespräch!

Schlagworte zum Thema:  Erneuerbare Energien, Investment, Nachhaltigkeit