Eigentlich hätte die NEW-Gruppe erstmalig im Jahr 2026 über das Jahr 2025 nach den CSRD-Vorgaben berichten müssen. Jetzt ist der erste Bericht erst im Jahr 2028 für das Jahr 2027 erforderlich. Hat die NEW-Gruppe unnötig Zeit und Ressourcen investiert? „Überhaupt nicht. Ich freue mich, dass wir jetzt mehr Zeit haben“, sagt Fabian Eickstädt, der bei der NEW-Gruppe für Nachhaltigkeit verantwortlich ist.
„Egal wie Brüssel entscheidet: Die Herausforderungen durch den Klimawandel werden ja nicht weniger. Insofern wäre es fahrlässig, das, was wir jetzt erreicht haben, nicht weiter mit großem Ehrgeiz und Willen voranzutreiben und für unser Geschäft zu nutzen.“ Eickstädt ist froh, rechtzeitig begonnen zu haben. „Wir haben strategische Basisarbeit geleistet und ein riesiges Fundament geschaffen, was in Zukunft gebraucht wird. Jetzt haben wir Zeit gewonnen, um die Dinge nicht mit aller Eile umsetzen zu müssen.“
Baustellen eines Nachhaltigkeitsberichts
Bei der Vorbereitung des CSRD-Berichts für 2024 beginnt jetzt eine neue Phase: Die Ergebnisse müssen in einer ansprechenden und klar verständlichen Form dargestellt werden, um die Bedeutung der Erkenntnisse emotional zu vermitteln und gleichzeitig eine strukturierte Lesbarkeit zu gewährleisten. Hierzu fand Anfang März das erste Treffen mit dem beauftragten Partner statt.
„Ich freue mich auf die Visualisierung der Wertschöpfungsketten. Außenstehende erfassen das Geschäftsmodell der NEW-Gruppe mit neun Geschäftsfeldern – vom Schwimmbad bis zum ÖPNV – nur schwer. Die Visualisierung wird uns helfen, den Menschen zu zeigen, was wir alles tun“, freut sich Eickstädt. Doch nicht nur dafür ist die Frage der Aufbereitung wichtig. „Durch die vielen geforderten Daten ist der CSRD-Bericht sehr zahlenlastig. Wir wollen aber nicht, dass er sich wie ein Telefonbuch liest. Deshalb sind Fragen der Gestaltung und Aufbereitung extrem wichtig“, sagt Eickstädt.
Auch jenseits der Gestaltung stehen weitere Themen auf der Agenda. So auch die Klima- und Resilienzanalyse, die nahezu abgeschlossen ist. Auch hier stand wieder das Problem, das sich bei vielen anderen Fragen der Datenerhebung gezeigt hatte: Bis in welche Tiefe wird die Analyse gefordert? Bei einem Unternehmen, das 10.000 km Stromnetz und nahezu 4.000 km Gasnetz betreibt, keine leichte Frage.
Gemeinsam mit einem externen Dienstleister hat sich Eickstädt dafür entschieden, die Analyse pragmatisch, aber dennoch detailliert durchzuführen, um eine aussagekräftige Grundlage für mögliche zukünftige Tiefenanalysen der einzelnen strategischen Geschäftsfelder zu schaffen. Dabei hat das Projektteam internationale Klimaszenarien mit verfügbaren regionalen Daten – etwa zu Extremwetterereignissen und Klimaveränderungen – abgeglichen. Auf diese Weise konnten potenzielle Problemzonen insbesondere im Zusammenhang mit Extremwetter identifiziert und bewertet werden.
Ebenfalls kurz vor dem Abschluss steht der Transitionsplan, der beschreibt, wie die NEW-Gruppe ihre Geschäftsfelder schrittweise nachhaltiger und klimafreundlicher gestaltet. In der Finalisierung befindet sich auch die CO2-Bilanz für 2024. Kein einfaches Unterfangen: „Die Daten aus 2024, die wir benötigen, stehen längst nicht alle im Januar 2025 zur Verfügung“, sagt Eickstädt. Hier würde er sich darüber freuen, wenn die Vorgaben der EU etwas großzügiger werden. Das würde den Aufwand, gerade bei den Scope-3-Emissionen, deutlich reduzieren.
Nachhaltigkeit belegen - bis in welches Detailtiefe?
Ein Thema, das Eickstädt viel beschäftigt, ist die Qualität der Daten. Aufmerksam verfolgt er daher die Entwicklungen bezüglich der Prüfungsanforderungen für Nachhaltigkeitsberichte in der EU. Die CSRD sieht zunächst eine „limited assurance" vor, bei der der Prüfer weniger detailliert vorgeht und nur erklärt, dass ihm keine wesentlichen Unstimmigkeiten aufgefallen sind. Ab 2028 ist jedoch ein Übergang zur „reasonable assurance" geplant, bei der der Prüfer umfangreicher prüft, um mit hoher Sicherheit festzustellen, dass die Informationen frei von wesentlichen Fehlern sind.
Die kürzlich vorgeschlagene Omnibus-Initiative zielt darauf ab, die Berichtspflichten zu vereinfachen und den Verwaltungsaufwand für Unternehmen zu reduzieren. Zudem erwägt die EU, das Prüfungsniveau zu vereinfachen, indem sie von der geplanten Erhöhung der Prüfungsintensität von „limited assurance" zu „reasonable assurance" absieht. „Es ist wichtig, dass wir einen Bericht haben, in dem die wesentlichen Daten stimmen. Dabei müssen wir die Balance zwischen Detailgenauigkeit, internen Kontrollen und Praktikabilität finden", sagt Eickstädt. „Gleichzeitig sollten wir realistisch sein: Nichtfinanzielle Kennzahlen können noch nicht die Qualität der finanziellen erreichen, die auf jahrhundertelanger Standardisierung basieren. Die Verbesserung dieser Metriken wird ein schrittweiser Prozess sein."
Mit Blick auf die CSRD-Implementierung hat sich die NEW-Gruppe daher entschieden, zum Start nur jene Zahlen aufzunehmen, die mit den gegenwärtigen Reportingstrukturen ohne großen zusätzlichen Organisationsaufwand gegenüber dem Wirtschaftsprüfer belegt werden können. Ein Beispiel hierfür sind manche HR-Daten: Schulungen etwa werden bei der NEW-Gruppe digital erfasst – aber nur zum Teil. Mentoringprogramme oder Trainingsprogramme für Azubis sind nur zwei Beispiele für Qualifizierungen, die nicht über digitale Tools laufen und deshalb auch nicht automatisch digital dokumentiert werden – erst recht nicht in der von den ESRS geforderten Detailtiefe.
Eickstädt hat sich daher dafür entschieden, diese Schulungen nicht in die Übersicht des Berichts aufzunehmen, da die Überprüfung, Auswertung und Dokumentation für die beteiligten Bereiche viel zu aufwändig geworden wäre. Allerdings: „Dadurch zeigen wir in den quantitativen ESRS-Datenpunkten weniger Schulungen als im Betriebsalltag bei uns tatsächlich stattfinden.“ Sein Prinzip: „Wir werden nur das beschreiben, was wir auch belegen können.“ Der Bericht werde daher frei von Greenwashing sein – nicht aber von Greenhushing, also dem „Tiefstapeln“ in Sachen Nachhaltigkeit. Eickstädt weiß, dass das der Preis ist, den Unternehmen zahlen müssen, wenn sie nur überprüfbare Daten zu einem vertretbaren Aufwand bieten wollen.
Nachhaltigkeitsmanagement als Arbeit für die Zukunft
Neben der Fertigstellung des Berichts für 2024 beginnen Eickstädt und seine Kolleg:innen jetzt schon mit den Arbeiten für den Bericht des Jahres 2025. „Unser Koordinationskreis hat sich bereits getroffen und die wesentlichen Themen für dieses Jahr aktualisiert. Dabei war uns die gründliche Wesentlichkeitsanalyse aus dem vorigen Jahr eine große Hilfe.“
Der Nachhaltigkeitsverantwortliche ist froh darüber, dass sein Team weiter hoch motiviert ist. „Die Kolleg:innen wissen, dass von unserer Arbeit auch die Kreditkonditionen für unser Unternehmen in Zukunft abhängen. Vor allem aber ist es für alle eine Arbeit an der Zukunft.“