Der erste CSRD-Bericht: Das sind die Lehren


Der erste CSRD-Bericht: Das sind die Lehren

Wie erstellt man einen CSRD-konformen Nachhaltigkeitsbericht, der Wirtschaftsprüfer überzeugt und gern gelesen wird? In den vergangenen Monaten haben wir das Versorgungsunternehmen NEW auf dem Weg zum ersten Bericht begleitet. Nun liegt er vor. Fabian Eickstädt, verantwortlich für Nachhaltigkeit, teilt, was er gelernt hat.

Das Finale ist kein Sprint, sondern ein intensives Ringen: Wie leserfreundlich und ansprechend darf ein CSRD-Bericht sein? Wie strikt muss er den ESRS-Vorgaben und deren Gliederung folgen? Fabian Eickstädt kennt beide Perspektiven: Als Jurist mit journalistischer Erfahrung schlägt sein Herz sowohl für juristische Präzision als auch für Verständlichkeit. Und so versucht er, im Bericht beiden Sichtweisen gerecht zu werden. 

Der Nachhaltigkeitsbericht zwischen Vorgaben und Verständlichkeit

In Gliederung und Darstellung folgt Eickstädt den ESRS-Vorgaben (European Sustainability Reporting Standards). Das hat zur Folge, dass alle notwendigen Datenpunkte aufgelistet werden – auch wenn sich dadurch das ein oder andere wiederholt. Bei der Darstellung der Wertschöpfungsketten wiederum verzichtet er auf eine zu große Detailtiefe. Hier ist es ihm wichtiger, auf einen Blick zu zeigen, was die Geschäftsfelder der NEW-Gruppe ausmacht: „Es ist schwierig, Leserlichkeit und Detailtiefe zusammenzubringen. Aber wir wollten einen Bericht, der verständlich ist – und trotzdem die formellen Anforderungen der Regulatorik erfüllt.“ 

Die Folge: Der Bericht ist wesentlich textlastiger als frühere Veröffentlichungen nach den Vorgaben des Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK). „Ich schätze, dass wir zehnmal mehr Text haben als im DNK-Bericht“, sagt Eickstädt. 

Wenn der erste CSRD-Bericht der NEW-Gruppe Ende der Sommerferien erscheint, liegt ein intensiver Weg hinter dem Team: Rund anderthalb Jahre haben die Abteilung von Fabian Eickstädt, ein Team aus dem Bereich Controlling und viele weitere Kolleg:innen daran gearbeitet. Rückblickend ist Eickstädt froh, früh losgelegt zu haben. „Wer sich früh aufmacht, kann mit Ruhe und System vorgehen“, sagt er. 

Eine bewusste Entscheidung war es auch, dass er die Texte selber schreibt – aufbauend auf den Informationen der zuständigen Fachkolleginnen. „Man hätte die  Bearbeitung der qualitativen Datenpunkte auch an die Fachabteilungen geben können. Aber die ESRS-Vorgaben sind teilweise so komplex, dass ich nicht von jedem erwarten wollte, sich da tief einzuarbeiten.“ 

Sechs Learnings über den CSRD-Bericht

Im Rückblick hat Fabian Eickstädt für sich sechs Lehren formuliert:

1. ESG-Tools: Testen schlägt Theorie. Ein gutes ESG-Reporting-Tool hilft, Daten systematisch und konzernweit einheitlich zu erfassen. Doch die Auswahl ist anspruchsvoll: Es muss zur Unternehmensstruktur passen – und gleichzeitig so benutzerfreundlich sein, dass es auch dauerhaft genutzt wird. „Alle Toolvergleiche und Analysen bringen wenig, wenn das Tool im Alltag nicht funktioniert. Mein Rat: Testen, testen, testen.“ 

2. Ohne Vorstand geht es nicht. Ein CSRD-Bericht bedeutet Veränderung: neue Prozesse, neue Verantwortlichkeiten, neue Sichtweisen. „Meine Erfahrung: Es geht nur mit klarer Rückendeckung des Vorstands. Die Mitarbeitenden müssen wissen, dass Nachhaltigkeit nicht das Hobby Einzelner ist, sondern ein strategisches Anliegen.“

3. Weniger ist mehr. Gerade bei strategischen Themen und ESG-Kennzahlen lohnt sich Fokus. „Weniger ist mehr“ – das gilt besonders in der Anfangsphase: Für die NEW-Gruppe ist klar: Die Themen Klimawandel und Energiewende stehen im Zentrum.

4. Kommentare und KI helfen. Eickstädt hat sich viel Wissen selbst erarbeitet – mit der Hilfe von KI und Kommentarliteratur wie dem Haufe ESRS Kommentar. „Ich kann das nur jedem empfehlen. So kann man die Anforderungen am besten auf das eigene Unternehmen anwenden.“ 

5. Externe Expertise gezielt einsetzen: Wo es technisch anspruchsvoll wird, etwa bei detaillierten Szenarioanalysen, hat Eickstädt bewusst externe Berater:innen hinzugezogen. Wichtig war ihm, dabei selbst den Überblick zu behalten.

6. Pareto schlägt Perfektion: Die ESRS-Anforderungen sind für Eickstädt so etwas wie eine Hydra: Ist eine Herausforderung gelöst, tauchen gleich zwei neue auf. Für ihn war es wichtig, nicht den Anspruch zu haben, dass der Bericht zu 100% perfekt sein muss. „Ich bin glücklich, wenn wir mit unserem ersten Bericht ein solides Pareto+ geschafft haben“, sagt Eickstädt. 

„Ein Blick in die Seele des Unternehmens“

War all das der Mühe wert? Eickstädts Urteil fällt eindeutig aus: „Es ist bei der Entwicklung der ESRS manches falsch gelaufen: Es gibt zu viele unnötige Detailanforderungen und zu viele Unklarheiten und Auslegungsfragen. Aber der grundsätzliche Weg stimmt.“

Unternehmen zeigen mit dem Bericht, dass es neben den finanziellen Kennzahlen noch eine zweite Dimension gibt: Sie gibt Auskunft darüber, wie verträglich ein Unternehmen wirtschaftet - mit Blick auf die Menschen, die Mitarbeiter und die Umwelt. Eickstädt: „Es ist ein tiefer Blick in die Seele des Unternehmens. Diese Transparenz ist ein Hygienefaktor. Für den offenen Diskurs in einer demokratischen Gesellschaft halte ich gerade mit Blick auf schwierige und komplexe Zukunftsfragen diese Transparenz für äußerst wichtig.“

Was kommt jetzt?

„Den Bericht und die neu erarbeitete Datenbasis nutzen wir  natürlich intern für unsere strategische Arbeit und für Verbesserungen“, sagt Eickstädt. „Was darüber hinaus passiert, wird sich zeigen.“  Vielleicht melden sich Organisationen, die zu einzelnen Themen in den Dialog treten wollen. Oder jemand aus dem Aufsichtsrat fragt nach. Für ihn ist entscheidend: „Der Bericht basiert auf Daten. Das gibt uns eine fundierte Grundlage für Gespräche – intern wie extern. Ich bin sehr gespannt, wie der Bericht aufgenommen wird.“