Was ist Nachhaltigkeit? In der Praxis und in Diskussionen zeigt sich häufig, dass diese Frage nicht so leicht beantwortet werden kann bzw. die Antwort hierauf sehr unterschiedlich ausfällt. So wird vielfach Nachhaltigkeit eindimensional mit Klimaschutz bzw. mit ökologischen Themen gleichgesetzt. Dieses Verständnis greift aber viel zu kurz. Nachhaltigkeit ist als breiteres, ganzheitliches Konzept zu verstehen, das Unternehmen als Teil eines größeren Ökosystems sieht und die 3 Perspektiven Ökologie, Ökonomie und Soziales gesamthaft betrachtet. Für Unternehmen ist damit die Aufgabe verbunden, die Wechselwirkungen zwischen ihren Wertschöpfungsketten, der Gesellschaft und Umwelt integriert zu managen.

1.1 Entwicklung zum Resilienz- und Wettbewerbsfaktor

Nachhaltigkeit als Dreiklang ist eines der zentralen Trend- und Zukunftsthemen. Regierungen, Unternehmen und die Gesellschaft sind sich zunehmend der Herausforderung bewusst, Klima- und Umweltschutz sowie soziale Gerechtigkeit gemeinsam anzugehen. Galt Nachhaltigkeit früher vielleicht als "nice-to-have", so ist sie heute ein absolutes "must". Auch in Krisenzeiten, wie aktuell in der Corona-Pandemie, wird Nachhaltigkeit gleichermaßen als Notwendigkeit für Zukunftsfähigkeit, als auch als Chance für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit gesehen.[1]

Der Bedeutungszuwachs in der Vergangenheit ist neben der gestiegenen öffentlichen Aufmerksamkeit, insbesondere auf die zunehmenden Forderungen und Ansprüche verschiedener Gruppierungen und Stakeholder zurückzuführen.

Absatz- und Personalmärkte, aber auch verschärfte gesetzliche Vorschriften und insbesondere der Druck der Kapitalmärkte und Investoren, treiben die Auseinandersetzung in Unternehmen mit dem Thema Nachhaltigkeit konsequent an.[2]

Aktuelle Ereignisse und Nachrichten unterstreichen den neuen Ton und die Dynamik: Mit dem multinationalen Ölkonzern Royal Dutch Shell wurde erstmalig ein Unternehmen gerichtlich dazu verpflichtet, seine Kohlenstoffemissionen zu senken, um die Umwelt vor dem Klimawandel zu schützen. Wegweisend auch die Vorstandswahlen des 250 Mrd. Dollar schweren Ölkonzerns ExxonMobile, bei denen es Engine No 1, einem aktivistischen Investor mit einer winzigen Beteiligung und einer Abneigung gegen fossile Brennstoffe, gelungen ist, eine Umbesetzung im Verwaltungsrat durchzusetzen.

Dieser – im Gegensatz zu noch vor ein paar Jahren – veränderten Diskussion, liegt die von zahlreichen Studien bestätigte Erkenntnis zugrunde, dass Nachhaltigkeit keinen Gegensatz zur Profitabilität von Unternehmen darstellt.[3] Sondern ganz im Gegenteil – nur nachhaltiges Wirtschaften ist auf lange Sicht ökonomisch sinnvoll. Nachhaltigkeit wird als Gamechanger und Resilienzfaktor verstanden. COVID-19 hat dies nur allzu anschaulich untermauert: Unternehmen agieren heute in einem sehr dynamischen und komplexen System und nachhaltige Unternehmen können sich schneller von Krisen erholen. Die Corona-Krise – als Verstärker der Nachhaltigkeitsdiskussionen – gab vielen Unternehmen den noch fehlenden Anstoß, bestehende Produkt- und Geschäftsmodelle, aber auch Managementpraktiken zu überdenken und einen Wandel einzuleiten.

[1] So beurteilen z. B. in einer aktuellen Mittelstandsstudie der Commerzbank gut 80 % von rund 2000 befragten Unternehmen, Nachhaltigkeit als maßgeblich für den dauerhaften Erhalt der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Knapp 70 % sehen zudem eine Chance für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit. Vgl. Studie der Commerzbank, 2021.
[2] Vgl. Finance CFO-Panel, 2021.
[3] Vgl. hierzu u. a. Barton/Manyika/Williamson, 2017 oder auch Johnstone-Louis et al., 2020.

1.2 "Integrated Value" – Vom "Shareholderism" zum "Stakeholderism"

Die Zeiten, in denen die von Milton Friedman getätigte Aussage "The only responsibility of business is to increase its profits" galt, sind somit vorbei. Eine alleinige Fokussierung von Unternehmen auf Eigenkapitalgeber (Shareholder) und Gewinnmaximierung reicht heute nicht mehr aus. Die Aussage von BlackRocks CEO Larry Fink verdeutlicht den neuen Anspruch an Unternehmen: "To prosper over time, every company must not only deliver financial performance, but also show how it makes a positive contribution to society… Without a sense of purpose, no company, either public or private, can achieve its full potential. It will ultimately loose the license to operate from key stakeholders".[1]

Unternehmen müssen diesem gewandelten Kapitalismus im Sinne eines "Stakeholderism" und damit verbunden eines erweiterten Werteverständnisses Rechnung tragen.[2] Auch hier sind Profite und Renditen wichtig – ja sogar essenziell und bilden das Fundament. Aber der Value-Begriff ist grundlegend breiter angelegt und berücksichtigt neben den Shareholdern weitere Interessengruppen wie Kunden, Lieferanten, Mitarbeiter, Gemeinden und andere. An die Stelle des Strebens nach kurzfristiger Gewinnmaximierung, tritt eine mittel- bis langfristige Gewinnorientierung, die sich auf den Aufbau langfristiger Widerstandsfähigkeit konzentriert. Diese ist systematisch eingebettet in ein ganzheitliches Corporate Social Responsibility-Rahmenkonzept. So gilt es im Sinne einer int...

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