Das Veränderungsziel ist formuliert. Der Weg dahin definiert. Doch dann beginnt erst die anspruchsvolle Arbeit, bestehende Routinen bzw. das eigene Denken und Verhalten zu verändern. Typischerweise geht der Blick in den Firmen stets darauf, was noch alles fehlt, um eine Veränderung zu erreichen. Das ist im Privatleben meistens auch so. Anstatt also die ersten Erfolge zu sehen, werden die Lücken und Mängel kritisiert. Je höher der Anspruch und umso perfektionistischer jemand ist, umso stärker passiert dies.

Entwicklung und Veränderung verlaufen jedoch selten schlagartig. Vielmehr sind es kleine Veränderungen, manchmal kaum merklich. Je nachdem wie aufwändig ein Veränderungsziel ist, kann es sogar Millimeterarbeit bedeuten. Damit Menschen in einem solchen Veränderungsprozess motiviert am Ball bleiben, ist es daher wichtig, kleine und kleinste Fortschritte wahrzunehmen und zu würdigen. Es gilt, systematisch Reflexionstermine einzubauen, bei denen Change-Verantwortliche sowie betroffene Führungskräfte bzw. deren Mitarbeiter sich diesen 3 Leitfragen widmen:

  • Was hat schon funktioniert? Vielleicht sogar auch nur ein bisschen.
  • Welchen ersten (kleinen) Schritte haben wir schon geschafft?
  • Wie ist es uns gelungen, diese Erfolge zu erzielen und wie können wir mehr davon tun?

Gerkhardt und Frey empfehlen, gerade am Anfang eines Veränderungsvorhabens leicht zu realisierende Maßnahmen zu platzieren, "um so möglichst schnell erste Erfolge sichtbar zu machen. Die Betroffenen nehmen dadurch wahr, tatsächlich etwas bewegen zu können, und werden so in ihrem Engagement und in ihrer Initiative bestätigt. Letztlich sorgen die herbeigeführten quick wins insgesamt für eine positive Stimmung und setzen so neue Motivation und Energien frei."[1]

Inwiefern neue Wege beschritten und erste Erfolge wahrgenommen werden, hängt stark mit der Art und Weise zusammen, wie Vorgesetzte und auch Kollegen untereinander auf die Veränderungsaktivitäten reagieren. Entscheidend ist, ein umsetzungs- und veränderungsförderliches Klima zu schaffen. Worauf es ankommt, zeigen Befunde der Lerntransferforschung. Lerntransfer betrifft die Umsetzung von Lern- und Veränderungsimpulsen, die typischerweise aus Schulungen kommen.

Nehmen wir als Beispiel das Nachhaltigkeitsziel "Den Hunger beenden. Ernährungssicherheit und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern". Eine Schulung für das betriebseigene Kantinenpersonal könnte entsprechende Kenntnisse rund um Einkaufs- und Kochverhalten vermitteln. Ob aber die Mitarbeiter das Gelernte im Alltag umsetzen, hängt von verschiedenen Aspekten ab, wie Holton u. a.[2] auf der Basis der Arbeiten von Rouiller und Goldstein[3] herausgearbeitet haben.

Danach ist es wichtig, dass Vorgesetzte aktiv ermutigen und unterstützen, das Gelernte am Arbeitsplatz umzusetzen. Sie formulieren dazu Ziele, geben Hilfestellung und positives Feedback. Kontraproduktiv ist, wenn sie mit negativen Reaktionen oder gar Sanktionen reagieren, wenn Neues angewendet wird. Aber auch die gleichgestellten Kollegen spielen eine wichtige Rolle. Hilfreich ist, wenn sie sich gegenseitig bestärken und ebenfalls unterstützen, anstatt z. B. zu belächeln oder abwertende Bemerkungen zu machen. Weiterhin braucht es die Möglichkeit der Anwendung. Dabei stehen entsprechende finanzielle oder zeitliche Ressourcen oder Materialen zur Verfügung, um neue Skills zu üben. Alles in allem geht es darum, positive Erlebnisse bei der Umsetzung von Veränderung zu fördern. Fortschritte wahrzunehmen und diese zu wertschätzen.

Die wichtige Rolle dabei von Feedback haben Van de Bossche, Segers und Jansen untersucht. In ihrer Studie zeigen sie auf, dass sich die Motivation und der Lern- und Veränderungserfolg steigern, je mehr Leute ein Feedback geben und umso hilfreicher ein Feedback angesehen wird.[4]

[1] Gerkhardt/Frey, Erfolgsfaktoren und psychologische Hintergründe in Veränderungsprozessen, 2006.
[2] Vgl. Holton u. a., Human Resource Development Quarterly 2/1997, S. 95 ff.
[3] Rouiller/Goldstein, Human Resource Development Quarterly 4/1993, S. 377 ff.
[4] Van den Bossche/Segers/Jansen, International Journal of Training and Development 2/2010, S. 81 ff.

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