Kommt das LkSG weg, kommt die CSDDD
Durch mehrere reißerisch klingende Äußerungen haben Teile der Bundesregierung noch vor dem „Ampel-Aus“ ihre ablehnende Haltung gegenüber dem LkSG in seiner derzeitigen Form kundgetan: Bundeskanzler Olaf Scholz erklärte, das LkSG „kommt weg“; Robert Habeck will die „Kettensäge anwerfen“ um das ganze „Ding wegzubolzen“. Für betroffene Unternehmen birgt dies keinen großen Erkenntnisgewinn: Bereits seit dem Inkrafttreten der EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) ist klar, dass das LkSG bis zum 26. Juli 2026 an das europäische Recht angepasst werden muss. Die Bundesregierung hat angekündigt, die CSDDD noch in dieser Legislaturperiode umsetzen zu wollen. Aus dem zuständigen Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) ist zu hören, dass man aktuell „unter Hochdruck“ an einer gesetzlichen Umsetzung der CSDDD arbeite. Die Richtung der gesetzlichen Anpassungen ist bisher noch unbekannt. Vor dem Hintergrund des „Ampel-Aus“ ist nun mindestens fraglich, ob die aktuelle Bundesregierung eine entsprechende Gesetzesänderung noch über die Ziellinie bringen kann.
Fest steht jedenfalls, dass im Bundestag kürzlich mehrere Anträge, die die Aufhebung des LkSG zum Gegenstand hatten, abgelehnt wurden. Das LkSG und dessen Sorgfaltspflichten bleiben für die betroffenen deutschen Unternehmen deshalb weiterhin verbindlich. Dies gilt auch für die gesetzliche Berichtspflicht, die Unternehmen verpflichtet, einen Bericht über die Erfüllung der Sorgfaltspflichten auf ihrer Homepage zu veröffentlichen. Allerdings hat die für das LkSG zuständige Kontrollbehörde, das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), angekündigt, dass es die Einhaltung der Berichtspflicht erst ab dem 1. Januar 2026 kontrollieren werde. Zuvor war die Kontrolle der Berichtpflicht bereits bis zum 31. Dezember 2024 ausgesetzt worden. Dieser Zeitraum wurde nun verlängert. Auf die übrigen Sorgfaltspflichten wirkt sich dies jedoch nicht aus: Deren Einhaltung wird bereits jetzt – und im Zweifel bis zum Inkrafttreten der künftigen Anpassungen des LkSG – vom BAFA kontrolliert und ggf. sanktioniert.
Mögliche Erleichterungen durch die Anpassung des LkSG an das europäische Recht
Vor dem „Ampel-Aus“ hatte die Bundesregierung in einem Dokument zur sogenannten „Wachstumsinitiative“ angekündigt, dass die CSDDD 1:1 umgesetzt werden solle. Das LkSG muss hierzu an die europäischen Vorgaben der CSDDD angepasst werden. Konkrete Vorschläge sind bisher noch nicht bekannt. Es wird aber bereits rege diskutiert, ob in diesem Zuge auch eine Absenkung des Schutzniveaus des LkSG – insbesondere durch eine Verengung des Anwendungsbereichs des LkSG – möglich wäre. Anders als das LkSG, das seine Sorgfaltspflichten nur an inländische Unternehmen mit mehr als 1.000 Arbeitnehmern adressiert, soll die Anwendbarkeit der menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten nach der CSDDD auch vom Erreichen bestimmter Umsatzschwellen abhängig sein, die wohl nur ein Drittel der bisher nach dem LkSG verpflichteten Unternehmen erreichen werden. Die in der erwähnten „Wachstumsinitiative“ angekündigte 1:1-Umsetzung der CSDDD könnte deshalb hauptsächlich durch die Einführung der beschriebenen Umsetzschwelle zu einer erheblichen Entlastung vieler deutscher Unternehmen führen. Teilweise wird der europäischen CSDDD aber eine Art „Einfrierwirkung“ entnommen, die den einzelnen Mitgliedstaaten die Absenkung des bisherigen gesetzlichen Schutzniveaus verbieten soll. Die besseren Argumente sprechen allerdings gegen eine solche „Einfrierwirkung“. Im Zusammenhang mit der möglichen Einführung einer Umsatzschwelle ist dabei zu berücksichtigen, dass die damit verbundene Reduzierung des Anwendungsbereichs das Menschenrechts- und Umweltschutzniveau – zumindest in inhaltlicher Hinsicht – nicht absenken würde. Außerdem ist die Schaffung eines einheitlichen Rechtsrahmens (level playing field) gerade Sinn und Zweck der mit der CSDDD verbundenen EU-Harmonisierung.
Abschaffung der CSDDD?
Die CSDDD ist am 26. Juli 2024 in Kraft getreten. Bereits vor Ihrer Verabschiedung war sie heftig umstritten. Der erste Entwurf vom 23. Februar 2022 war noch deutlich weitgehender und strenger als die letztendlich verabschiedete Richtlinie. Die CSDDD war ein politischer Kompromiss, der naturgemäß nicht allen Beteiligten gefiel. Eine Abschaffung der CSDDD bedürfte jedoch eines Tätigwerdens auf europäischer Ebene. Aktuell sind aus Brüssel noch keine entsprechenden politischen Bestrebungen zur Aufhebung der CSDDD zu vernehmen. Der Stein könnte freilich von einer deutschen Bundesregierung ins Rollen gebracht werden. Es dürfte jedenfalls fraglich sein, ob andere Mitgliedstaaten der Initiative Deutschlands mit dem Ziel einer Aufhebung der CSDDD folgen würden.
Umgang mit der aktuellen Situation
Für betroffene Unternehmen stellt sich der Status Quo demnach wie folgt dar: Die Sorgfaltspflichten des LkSG sind weiterhin geltendes Recht. Sie müssen von betroffenen Unternehmen nach wie vor in ihrem eigenen Geschäftsbereich und ihren weltweiten Lieferketten umgesetzt werden. Verletzungen der Sorgfaltspflichten können mit empfindlichen Bußgeldern und Reputationsschäden einhergehen. Dies gilt bis zu weiteren Maßnahmen des deutschen Gesetzgebers, ggf. erst nach einer vorgezogenen Bundestagswahl.
Das Handeln von Unternehmen zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten nach dem LkSG ist jedoch trotz einer möglichen Aufhebung, Aussetzung oder Anpassung des LkSG keine bloße Makulatur: Die Sorgfaltspflichten des LkSG und der CSDDD sind systematisch ähnlich. Maßnahmen, die Unternehmen zur Implementierung der Sorgfaltspflichten in die eigenen Prozesse und zur weiteren Erprobung und Verfeinerung dieser Prozesse bereits jetzt ergreifen, können nach dem Inkrafttreten der angepassten Regelungen fruchtbar gemacht werden. Auch wenn sich das rechtliche Gewand der gesetzlichen Sorgfaltspflichten zum Schutz der Menschenrechte und der Umwelt ändert, kann es für betroffene deutsche Unternehmen – insbesondere gegenüber Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten der EU – einen Wettbewerbsvorteil mit sich bringen, wenn bereits ein Überblick über die eigene Lieferkette besteht, bereits ein wirksames Risikomanagementsystem implementiert und wirksame und angemessene Regelungen für Lieferverträge in besonders risikobehafteten Fällen erarbeitet wurden.
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