Vorab entstandene Werbungskosten bei verbilligter Vermietung

Im Rahmen der der Abzugsbeschränkung des § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG stellt sich die Frage, ob diese auch für vorab entstandene Werbungskosten gilt, wenn die spätere Miete nicht mindestens 66 % der ortsüblichen Marktmiete ausmacht.

Aufwendungen können bereits anfallen, bevor es zur Erzielung von Einnahmen kommt. Sie können als vorab entstandene Werbungskosten abgezogen werden, wenn ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart, in deren Rahmen ein Abzug begehrt wird, besteht (BFH, Urteil v. 29.11.1983, VIII R 173/81, Haufe Index74927).

Aufteilung in entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil

Beträgt das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken weniger als 66% der ortsüblichen Marktmiete, ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen (§ 21 Abs. 2 Satz 1 EStG). Unter ortsüblicher Marktmiete i.S.v. § 21 Abs. 2 EStG ist die ortsübliche Bruttomiete – d. h. die Kaltmiete zuzüglich der nach der Betriebskostenverordnung umlagefähigen Kosten – zu verstehen (BFH, Urteil v. 10.5.2016, IX R 44/15, Haufe Index 9698661).

Beträgt die Miete z. B. 50% der ortsüblichen Marktmiete, sind die Werbungskosten anteilig um 50% zu kürzen. Wer eine Wohnung im Vergleich zur ortsüblichen Marktmiete verbilligt überlässt, verzichtet bewusst auf mögliche Einnahmen und kann die tatsächlich entstandenen Aufwendungen nur in dem Verhältnis als Werbungskosten abziehen, in dem die vereinbarte Miete zur ortsüblichen Miete steht

Beispiel: Verbilligte Wohnungsvermietung an Angehörige

A hat im Jahr 2016 eine Eigentumswohnung von seiner Mutter geerbt. Die Wohnung hat eine Größe von 80 qm. A hat die Wohnung ab 1.1.2017 an seinen Sohn S verbilligt für eine Nettokaltmiete von 240 EUR zuzüglich einer Nebenkostenpauschale von 80 EUR vermietet. Die ortsübliche Nettokaltmiete beträgt 480 EUR, die umlagefähigen Nebenkosten belaufen sich auf monatlich 160 EUR. A macht in seiner Einkommensteuererklärung 2016 bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Werbungskosten, insbesondere Instandhaltungsaufwendungen, einschließlich AfA von 9.000 EUR geltend. Das Finanzamt will nur 50% von 9.000 EUR = 4.500 EUR zum Abzug zulassen.

FG Nürnberg: Aufteilung auch für vorab entstandene Werbungskosten

Das FG Nürnberg hat jüngst entschieden, dass die bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung wegen verbilligter Vermietung nach § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG vorzunehmende Aufteilung der Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil auch für vorab entstandene Werbungskosten (z. B. Erhaltungsaufwendungen) gilt. Sowohl die vorab entstandenen als auch die während der Zeit der Nutzungsüberlassung anfallenden Aufwendungen stehen nach Meinung des FG in Bezug auf den unentgeltlichen Teil nicht mit der Erzielung von Einkünften in Zusammenhang, sodass in beiden Fällen der Werbungskostenabzug gem. § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG zu versagen ist. Das Gericht sieht – auch im Hinblick auf das Nettoprinzip – keinen Grund, bei den vorab entstandenen Aufwendungen andere (großzügigere) Maßstäbe anzulegen, als bei den während der Zeit der Nutzungsüberlassung entstandenen (FG Nürnberg, Urteil v. 27.1.2017, 4 K 764/16, Haufe Index 10474675).

Praxis-Tipp: Mindestens 66 % der ortsüblichen Miete vereinbaren

Eine andere Beurteilung ergibt sich, wenn die Wohnungsvermietung zu mindestens 66% der ortsüblichen Miete erfolgt. In diesem Fall, gilt die Wohnungsvermietung als voll entgeltlich (§ 21 Abs. 2 Satz 2 EStG), sodass die Werbungskosten – auch die vorab entstandenen Werbungskosten – in voller Höhe abzugsfähig sind. Das gilt u. E. auch, wenn die Miete später – nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums – auf unter 66% der ortsüblichen Miete reduziert wird. Der Zeitraum sollte aber nicht zu kurz sein, sondern z. B. mindestens ein Jahr betragen und die Herabsetzung sollte nicht bereits im ursprünglichen Mietvertrag festgelegt sein, um jeglichem Missbrauchsverdacht vorzubeugen.