Grundsätzliche Fragen zur Unternehmensnachfolge

Die Nachfolgeregelung ist für Unternehmer besonders wichtig, weil von ihnen oft neben der eigenen Familie auch das Unternehmen abhängig ist. Im Zusammenhang mit der eigenen Nachfolge sind viele unterschiedliche Themen zu bedenken und können viele Fragen bereits zu Lebzeiten beantwortet werden.

Eines der zentralen Themen der strategischen Nachfolgeberatung ist es, die verschiedenen Möglichkeiten der Nachfolgeregelung aufzuzeigen. In den meisten Fällen spielen auch die steuerlichen Folgen eine Rolle; sie sollten daher Teil der strategischen Nachfolgeberatung sein.

Vorstellungen der Unternehmer

Die entscheidende Frage ist, welche Vorstellungen der Unternehmer in Bezug auf die Nachfolge seines Unternehmens hat, d. h., auf wen das Unternehmen im Idealfall nach seinen Vorstellungen übergehen soll. Die Antwort wird auch davon abhängen, ob es bereits einen geeigneten Nachfolger gibt, eine Person aus dem Umfeld des Unternehmers in Betracht kommt und ob diese die Nachfolge annehmen möchte.

Was Unternehmensnachfolge bedeutet

 Zu bedenken ist dabei, dass "Unternehmensnachfolge" nicht gleichbedeutend damit ist, dass das Unternehmen innerhalb der Familie (im Idealfall auf einen Nachkommen des Unternehmers) übertragen wird, sondern dass auch eine Übergabe bzw. ein Verkauf an Mitarbeiter (z. B. im Wege eines "Managements-Buy-out"), ein Verkauf an betriebsfremde Dritte, d. h. Unternehmensverkauf, oder auch eine Geschäftsaufgabe bzw. Liquidation des Unternehmens in Betracht kommen. Daher sollten diese Möglichkeiten im Rahmen der "Auszeit für die eigene Nachfolge" jedenfalls aufgezeigt und als Optionen in die Erarbeitung des "Notfallplans" und der "geplanten Nachfolge" des Unternehmers einbezogen werden.

Notfallplan und geplante Nachfolge

Entscheidend ist dabei stets, dass die familiäre Situation des Unternehmers in diese Betrachtung einbezogen wird. Dies gilt schon aufgrund bestehender Erb- und Pflichtteilsrechte von Nachkommen, die nicht ins Unternehmen eintreten sollen. Denn auch diese sind im Rahmen einer Unternehmensnachfolge zu berücksichtigen, im Idealfall, bevor diese Rechte eingefordert werden, d. h. bereits im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge bzw. vor Eintritt des "Fall X". Ziel ist es dabei stets, den Notfall zu regeln und im Idealfall die geplante Nachfolge zu initiieren.

Regelungsbereich

Impulse

Regelung des Notfalls "Fall X"

Welche rechtlichen, familiären und steuerlichen Folgen treten ein, wenn der Unternehmer plötzlich ohne jede Vorbereitung ausfällt?

Handlungsfähigkeit sichern, Fallstricke vermeiden!

Erstellung eines Notfallordners (Zusammenstellung der relevanten unternehmensbezogenen und privaten Informationen, Daten und Verträge)

Prüfung der bestehenden Verträge, ggf. Aktualisierung (Vollmachten, Patientenverfügung, Testamente, Eheverträge, Gesellschaftsverträge etc.)

Prüfung der rechtlichen und steuerlichen Folgen der eigenen Nachfolge (Auf wen geht das Vermögen über?, Wer ist (nicht) versorgt?, Welche Ansprüche entstehen (Pflichtteilsansprüche, Ausgleichsansprüche)?, Ist das Unternehmen/die Familie handlungsfähig?, Wo besteht Handlungsbedarf?, Was kostet der eigene Tod (an Steuern, an Ausgleichszahlungen, wie sollen diese finanziert werden?)

Fallstricke vermeiden: Soll eine Erbengemeinschaft entstehen? Ist gewünscht, dass kein Eintritt in das Unternehmen möglich ist? Sind die steuerlichen Folgen in dieser Höhe (im In- und Ausland) gewünscht (keine Steuerbefreiung bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer, aber Steuerentstrickung, z. B. aufgrund einer Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG)?

Initiierung der geplanten Nachfolge

Wie soll die eigene Nachfolge ablaufen? Welche rechtlichen und steuerlichen Folgen sind unter Berücksichtigung der rechtlichen und familiären Rahmenbedingungen gewünscht?

Fallstricke vermeiden, Gestaltungsmöglichkeiten nutzen, Vermögensübertragung vorbereiten und ggf. bereits durchführen!

Vorbereitung der Vermögensübertragung (rechtliche Grundlagen, Strukturierung des Vermögens)

Vermeidung steuerlicher Fallstricke (Besteuerung aufgrund des Ausscheidens eines Gesellschafters, Beendigung der Betriebsaufspaltung und Zuordnung zum Betriebsvermögen, Wegzugsbesteuerung, Entstrickungsbesteuerung, fehlende Steuerbefreiung bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer)

Gestaltungsmöglichkeiten nutzen (insb. bei der Erbschaftsteuer: Steuerbefreiung durch Inanspruchnahme der Steuerbefreiung für bestimmtes Vermögen (insb. Betriebsvermögen, große Vermögen), persönliche Freibeträge, Familienheim, Nießbrauchgestaltungen, Stiftungsgestaltungen etc.)

Beispiel: Auswirkungen einer fehlenden Notfallplanung

Die Auswirkungen einer fehlenden Notfallplanung verdeutlicht das folgende Beispiel:

A ist erfolgreicher Unternehmer. Er hat eine GmbH, die er als alleiniger Geschäftsführer leitet. Zudem ist er Gesellschafter einer KG und verfügt über umfangreichen Grundbesitz. In seinem Testament hat er bestimmt, dass seine drei Kinder Erben werden sollen und die Ehefrau die Immobilie bekommen soll, die bislang an die GmbH vermietet ist. Eines seiner Kinder ist in den USA ansässig. Die GmbH sollte sein ältestes Kind übernehmen. Unerwartet verstirbt A.

Fraglich ist zunächst, ob die GmbH in Folge des Ausfalls des einzigen Geschäftsführers überhaupt handlungsfähig ist. Zudem würden zunächst alle Kinder Gesellschafter der GmbH werden; je nach Gesellschaftsvertrag wäre dann ggf. eine Einziehung der Anteile möglich. Das Grundstück, das auf die Ehefrau übergeht, würde aus dem Betriebsvermögen entnommen, die Betriebsaufspaltung beendet. Zudem würde die Übertragung der Beteiligung an der GmbH an den in den USA lebenden Sohn eine Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG auslösen. Ob die Kinder Gesellschafter der KG werden können, richtet sich nach dem Gesellschaftsvertrag. Die Grundstücke würden auf die aus den Kindern bestehende Erbengemeinschaft übergehen, so dass diese darüber zunächst nur gemeinsam verfügen können. Die Ehefrau könnte zudem ggf. Pflichtteilsansprüche oder einen Zugewinnausgleichsanspruch geltend machen. Darüber hinaus würde die Übertragung je nach Höhe des Vermögens Erbschaftsteuer in Deutschland und ggf. in den USA auslösen.

Aufgrund der fehlenden Regelung des Notfalls ergibt sich eine für die Hinterbliebenen ggf. schwierige Situation aufgrund der zahlreichen rechtlichen und steuerlichen Themen, die nun mit der Nachfolge des Verstorbenen einhergehen:

  • Handlungsfähigkeit der GmbH,
  • Regelung der Nachfolge in den Unternehmen,
  • Entstehung einer Erbengemeinschaft,
  • finanzielle Belastung durch die Ertragsteuern und Erbschaftsteuer, die ausgelöst werden,
  • Erfüllung der steuerlichen Pflichten im In- und Ausland und
  • Herbeiführung der gewünschten Situation (z. B. Übernahme des Unternehmens durch ein Kind, Zuordnung der Grundstücke zu den einzelnen Kindern etc.).

Dies könnte und sollte durch eine Notfallplanung und Initiierung der geplanten Nachfolge verhindert werden.

Autorin: Dipl.-Kffr. Dr. Katrin Dorn, Steuerberaterin und Partnerin bei Möhrle Happ Luther und Fachberaterin für Unternehmensnachfolge (DStV e. V.). Ihr Tätigkeitsschwerpunkt ist die Gestaltungs- und Nachfolgeberatung. Sie ist in der Aus- und Fortbildung von Steuerberater:innen im Bereich der Erbschaft- und Schenkungsteuer tätig und publiziert umfangreich zu aktuellen Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung, zur Nachfolgeberatung und in namhaften Kommentaren. Mitherausgeberin ist sie u. a. bei dem Band "Vermögensverwaltende Personengesellschaften" und dem BeckOK "Bewertungsgesetz".

Weitere praktische Hinweise zu Fragen der Unternehmens- und Vermögensnachfolge finden sich in ihrem bei Schäffer-Poeschel erschienenen Buch Handbuch Erbschaft- und Schenkungsteuer.