Familien-GbR unschädlich für die Familienheim-Steuerfreiheit
Grundsätzliches
Die Übertragung eines Familienheims wird im ErbStG bei Einhaltung bestimmter Voraussetzungen steuerfrei gestellt. Durch die Steuerfreiheit kann Immobilienvermögen übertragen werden, ohne dass erbschaftsteuerliche Freibeträge verbraucht werden oder ohne dass eine Zusammenrechnung mit Vorschenkungen vorzunehmen ist.
Bei Zuwendungen unter Lebenden, mit denen ein Ehegatte dem anderen Ehegatten Eigentum oder Miteigentum an einem bebauten Grundstück verschafft, enthält § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG eine Befreiungsvorschrift.
Bei Erwerb von Todes wegen kann sich für den überlebenden Ehegatten bzw. Kinder eine Steuerfreiheit aus § 13 Abs. 1 Nr. 4b bzw. 4c ErbStG ergeben.
Vom BFH zu klärende Frage
Der BFH musste die Frage entscheiden, ob die Übertragung eines im Alleineigentum stehenden Familienheims auf eine GbR, an der beide Ehegatten beteiligt sind, zur Anwendung der Steuerfreiheit für ein Familienheim (§ 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG) führt.
Sachverhalt: Übertragung eines Familienheims auf eine GbR, an der auch der andere Ehegatte beteiligt ist
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt verhielt sich folgendermaßen:
- Der Kläger und seine Ehefrau waren zu jeweils 50 % Gesellschafter einer durch notariell beurkundeten Vertrag v. 6.8.2020 gegründeten GbR.
- In diesem Vertrag wurde auch geregelt, dass das im Alleineigentum der Ehefrau stehende und von beiden Ehegatten zu eigenen Wohnzwecken genutzte bebaute Grundstück in das Gesellschaftsvermögen der GbR übertragen wird.
- Am 4.9.2020 wurde die GbR als Eigentümerin unter Nennung des Klägers und seiner Ehefrau als Gesellschafter in das Grundbuch eingetragen.
- Das Finanzamt setzte Schenkungsteuer von rd. 250.000 EUR fest und versagte die Anwendung der Steuerbefreiung für das Familienheim, weil die Eigentumsübertragung auf die GbR und nicht auf den Kläger erfolgte.
Das FG München gewährte demgegenüber die Steuerfreiheit für die Übertragung eines Familienheims (Urt. v. 21.6.2023, 4 K 1639/21, EFG 2023, 1411).
Entscheidung: Steuerfreiheit ist anzuwenden
Der BFH hat die eingelegte Revision als unbegründet zurückgewiesen und die Entscheidung des FG München bestätigt. Der BFH begründet dies im Wesentlichen wie folgt:
- Überträgt ein Ehegatte ohne Gegenleistung ein ihm gehörendes Grundstück in das Gesellschaftsvermögen einer GbR, an der beide Ehegatten zu gleichen Teilen beteiligt sind, kann eine freigebige Zuwendung an den anderen Ehegatten vorliegen (Rz. 12).
- Als vermögensmäßig bereicherter Erwerber gilt nicht die GbR als Gesamthand, sondern die Gesellschafter. Der Bedachte i.S.d. Schenkungsteuerrechts entspricht damit nicht dem Beschenkten i.S.d. Zivilrechts und zwar trotz der Teilrechtsfähigkeit der bedachten GbR (Durchgriffsbetrachtung).
- Die Steuerfreiheit für das Familienheim kommt zur Anwendung. Zwar wird der Fall der „Gesamthandsübertragung“ in § 13 Abs. 1 Nr. 4a Satz 1 ErbStG nicht ausdrücklich genannt. Wegen der Durchgriffsbetrachtung wird der „mittelbare“ Eigentums- bzw. Miteigentumserwerb an einem Familienheim aber mit dem „unmittelbaren“ Erwerb gleichgestellt (Rz. 17).
Praxisfolgen
Die Rezensionsentscheidung ist zur vor 2024 bestehenden zivilrechtlichen Rechtslage ergangen und für die Gestaltungsberatung in allen noch offenen Fällen bedeutsam. Durch das MoPeG (BGBl I 2021, 3436) hat der Gesetzgeber das Gesamthandsprinzip des § 719 BGB a.F. für rechtsfähige Personengesellschaften ab 1.1.2024 zugunsten eines eigenen Gesellschaftsvermögens (§ 713 BGB) abgeschafft. Gleichwohl dürfte die BFH-Rechtsprechung auch ab 2024 anwendungsrelevant sein. § 2a Satz 1 ErbStG bestimmt, dass rechtsfähige Personengesellschaften für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer weiterhin als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen gelten.
BFH, Urteil v. 4.6.2025, II R 18/23; veröffentlicht am 23.10.2025
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