Rechnungsberichtigung wirkt zurück

Hintergrund: Rechnung über "allgemeine Beratung"
Der Unternehmer X nahm für die drei Streitjahre (2005 - 2007) den Vorsteuerabzug aus Rechnungen eines Rechtsanwalts und einer Unternehmensberatung in Anspruch. In den Rechnungen war der Leistungsgegenstand mit "Beraterhonorar" bzw. "allgemeine wirtschaftliche Beratung" ohne Bezug auf weitere Unterlagen bezeichnet. Das FA versagte den Vorsteuerabzug aus diesen Rechnungen, da die Leistungen nicht hinreichend genau bezeichnet seien. In dem anschließenden Klageverfahren legte X im Januar 2013 Rechnungen vor, in denen der Gegenstand der Leistung ordnungsgemäß ausgewiesen war. Das FG wies die Klage mit der Begründung ab, die Berichtigung entfalte jedenfalls dann keine Rückwirkung, wenn die berichtigten Rechnungen erst nach Ergehen der Einspruchsentscheidung vorgelegt würden.
Das anschließende Revisionsverfahren wurde vom BFH bis zur Entscheidung des EuGH in der Sache Senatex zum Ruhen gebracht. Nachdem der EuGH inzwischen in dieser Sache entschieden hat (Urteil v. 15.9.2016 C-518/14, DStR 2016 S. 2211), konnte auch der BFH über die anhängige Revision befinden.
Entscheidung: BFH anerkennt rückwirkende Rechnungsberichtigung
Der Besitz der Rechnung ist materielle Voraussetzung für die Ausübung des Rechts auf den Vorsteuerabzug. Wird zunächst eine Rechnung ausgestellt, die den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht (hier: nur pauschale Umschreibung als Beratung statt genaue handelsübliche Bezeichnung der erbrachten Leistungen), kann sie nach § 31 Abs. 5 UStDV berichtigt werden. Diese Regelung ist nach dem Urteil des EuGH richtlinienkonform dahin auszulegen, dass eine Berichtigung auf den Zeitpunkt zurückwirkt, in dem die Rechnung ursprünglich ausgestellt wurde. Der BFH folgt der EuGH-Auffassung und hält demnach an seiner früheren Rechtsprechung, wonach die Vorsteuer aus einer berichtigten Rechnung erst im Besteuerungszeitraum der Berichtigung abgezogen werden konnte (BFH, Urteil v. 24.8.2006, V R 16/05, BStBl II 2007 S. 340), nicht mehr fest.
Hiervon ausgehend hob der BFH das FG-Urteil auf und gab der Klage statt. X konnte das Recht auf den Vorsteuerabzug bereits für die Jahre 2005 - 2007 ausüben. Die Rechnungen waren berichtigungsfähig, da sie den Mindestvoraussetzungen einer Rechnung genügten. Die allgemeine Leistungsbeschreibung "Beratung" genügt den Anforderungen an eine berichtigungsfähige Rechnung.
Hinweis: Mindestvoraussetzungen einer Rechnung
Die Berichtigungsmöglichkeit setzt voraus, dass das vorgelegte Dokument die Mindestvoraussetzungen einer Rechnung enthält (Aussteller, Empfänger, Leistungsbeschreibung, Entgelt, gesonderter Steuerausweis). Die Angaben dürfen nicht so unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend sein, dass sie als fehlende Angaben erscheinen. Grundsätzlich genügt es für die Anerkennung als Rechnung, wenn die Leistungsbeschreibung in dem Schriftstück - so wie im Streitfall - allgemein beschrieben ist ("allgemeine wirtschaftliche Beratung", "betriebswirtschaftliche Beratung"). Darüber hinausgehend erfordert der Vorsteuerabzug allerdings eine nähere Bestimmung der Leistung. Diese Konkretisierung der Rechnung kann jedoch später im Wege der Berichtigung, und zwar mit Rückwirkung, nachgeholt werden.
Berichtigung bis zur der letzten mündlichen Verhandlung
Der EuGH hat die Frage offen gelassen, wie lange eine Rechnung berichtigt werden kann. Die zeitliche Grenze richtet sich daher nach nationalem Recht. Nach allgemeinen Grundsätzen ist somit eine Berichtigung bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung möglich. Abschließend verweist der BFH noch auf das Urteil in der Sache Barlis (EuGH v. 15.9.2016, C-516/14, DStR 2016 S. 2216). Danach könnte möglicherweise auch eine allgemeine Bezeichnung juristischer Dienstleistungen bereits den gesetzlichen Anforderungen genügen und der Vorsteuerabzug auch geltend gemacht werden, wenn das FA über die erforderlichen Informationen verfügt. Der BFH konnte diese Fragen offen lassen, da er den Vorsteuerabzug ohnehin wegen der rückwirkenden Berichtigungsmöglichkeit anerkannte.
BFH, Urteil v. 20.10.2016, V R 26/15, veröffentlicht am 21.12.2016
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