Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden

Bei der Herstellung eines gemischt genutzten Gebäudes ermöglicht - im Gegensatz zu den Unterhaltungskosten - der objektbezogene Flächenschlüssel regelmäßig eine sachgerechte Berechnung des Vorsteuerabzugs.

Hintergrund

Eine GbR begann nach dem 1999 erfolgten Abriss eines Altgebäudes in 2001 mit dem Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses, das nach Fertigstellung in 2004 teils steuerpflichtig, teils steuerfrei vermietet wurde. Die abziehbaren Vorsteuern ermittelte sie nach dem Verhältnis der voraussichtlicheren steuerpflichtigen zu den steuerfreien Ausgangsumsätzen (objektbezogener Umsatzschlüssel). Wegen von der Planung abweichender Nutzung erklärte die GbR für 2004 (zu ihren Lasten) einen Vorsteuerberichtigungsbetrag, den sie ebenfalls auf der Grundlage des Umsatzschlüssels errechnete. Das FA legte dagegen den - für die GbR ungünstigeren - Flächenschlüssel zugrunde und forderte die seit Beginn der Abrissarbeiten (1999) abgezogenen Vorsteuern zum Teil zurück. Das FG gab der Klage - ausgehend vom Umsatzschlüssel - teilweise statt. 

Auf die Revision der GbR legte der BFH dem EuGH die Frage der Aufteilung der Vorsteuern aus Baukosten und laufenden Kosten für ein gemischt genutztes Gebäude vor (Vorlagebeschluss v. 5.6.2014, XI R 31/09, BFN/NV 2014 S. 1334). Nach Ergehen der Entscheidung des EuGH (Urteil v. 9.6.2016, C-332/14, EU:C:2016:417, BFH/NV 2016 S. 1245) konnte der BFH nunmehr über die Revision entscheiden. 

Entscheidung

Seit der Einfügung des Satzes 3 in § 15 Abs. 4 UStG mit Wirkung ab 2004 ist die Aufteilung nach dem Verhältnis der (voraussichtlichen) steuerpflichtigen zu den steuerfreien Umsätzen (Umsatzschlüssel) nur noch zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. Im Anschluss an die Entscheidung des EuGH geht der BFH davon aus, dass bei der Herstellung eines gemischt genutzten Gebäudes für den Vorsteuerabzug - im Gegensatz zu den Eingangsleistungen für die laufende Nutzung, Erhaltung und Unterhaltung des Gebäudes - nicht darauf abgestellt werden kann, welche Aufwendungen in bestimmte Teile des Gebäudes eingehen. Es kommt vielmehr auf die Verwendungsverhältnisse des gesamten Gebäudes an. Dabei ermöglicht der objektbezogene Flächenschlüssel regelmäßig eine sachgerechte und präzisere Berechnung als der gesamtumsatzbezogene oder der objektbezogene Umsatzschlüssel. Als Ausnahme hiervon erscheint der Flächenschlüssel nur dann nicht sachgerecht, wenn die Nutzflächen nicht miteinander vergleichbar sind, z.B. wenn die Ausstattung der den unterschiedlichen Zwecken dienenden Räume (Höhe der Räume, Dicke der Wände und Decken, Innenausstattung) erhebliche Unterschiede aufweist. Die Aufteilung erfolgt dann anhand des objektbezogenen Umsatzschlüssels oder - wenn z.B. ein Verwaltungsgebäude für Umsätze des gesamten Unternehmens verwendet wird - nach dem gesamtumsatzbezogenen Umsatzschlüssel. 

Da das Unternehmen der GbR nur aus der Vermietung des einen Grundstücks besteht, ist der objektbezogene Umsatzschlüssel identisch mit dem Gesamtumsatzschlüssel. Es stellt sich daher lediglich die Frage, ob der objektbezogene Flächenschlüssel gegenüber dem objektbezogenen Umsatzschlüssel zu einer präziseren Vorsteueraufteilung führt. Dazu sind weitere Feststellungen erforderlich, insbesondere ob - wie von der GbR vorgetragen - die Geschosshöhen und die Ausstattungen der steuerpflichtig vermieteten Räume von den Geschosshöhen und Ausstattungen der steuerfrei vermieteten Räume erheblich abweichen. Der BFH verwies daher die Sache zur weiteren Aufklärung an das FG zurück. 

Hinweis

Die von einem Mitgliedstaat gewählte Berechnungsmethode muss nicht zwingend die genauestmögliche sein. Die gewählte Methode muss lediglich ein präziseres Ergebnis als der Umsatzschlüssel gewährleisten. Das bedeutet jedoch nicht, dass lediglich zu prüfen wäre, ob der Gesamtumsatzschlüssel präziser ist als der Flächenschlüssel. Vielmehr ist auch der Vergleich zu einem objektbezogenen Umsatzschlüssel - der hier allerdings mit dem Gesamtumsatzschlüssel identisch ist - einzubeziehen. 

Der BFH hebt hervor, dass die ab 2004 geltende Neuregelung der Aufteilungsmethode nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG eine Änderung der für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse bewirken kann. Darin sieht der BFH unter Hinweis auf das o.a. EuGH-Urteil keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung in die Vorjahre.

BFH, Urteil v. 10.8.2016, XI R 31/09, veröffentlicht am 28.9.2016

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