Abgrenzung einer einmaligen Leistung gegenüber einer Dauerleistung
Zweck der Klägerin war der Erwerb von elektronischen Informationssystemen von der Firma K, um diese sofort wieder gewinnbringend an K für 48 Monate zurück zu verleasen ("Sale-and-lease-back"). Mit Kaufvertrag vom 27.12.2006 kaufte die Klägerin elektronische Informationssysteme für 960.000 EUR zzgl. Umsatzsteuer. Zeitgleich mit dem Leasingvertrag mit offenem Umsatzsteuerausweis wurde vereinbart, dass K der Klägerin ein Darlehen von 640.000 EUR für 48 Monate gewährt. In der Rechnung vom 5.3.2007 über die Leasinggebühren stellte die Klägerin dem K Umsatzsteuer monatlich offen aus.
K zahlte lediglich am 26.3.2007 eine Leasingrate und kam danach ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Klägerin nicht mehr nach. Deshalb kündigte die Klägerin den mit K geschlossenen Leasingvertrag am 16.1.2008 fristlos und übte das ihr laut Rückkaufvereinbarung vom 27.12.2006 zustehende Rückkaufverlangen aus. Anschließend befand sich die Klägerin in Liquidation, und über das Vermögen der K wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.
Liegt eine steuerfreie Kreditgewährung vor?
Im Hinblick auf die Leasinggegenstände ging das Finanzamt und nachfolgend das FG Münster (Urteil v. 11.12.2014) - statt von einer Lieferung - von einer nach § 4 Nr. 8a UStG steuerfreien Kreditgewährung aus. Die Klägerin habe nie die tatsächliche Verfügungsmacht über das Leasinggut erhalten und das Leasinggut daher ihrerseits nicht entgeltlich zur Verfügung stellen können. Deshalb wurde der Klägerin der Vorsteuerabzug aus dem "Kauf" der Leasinggegenstände versagt und die im Leasingvertrag vereinbarte Umsatzsteuer als nach § 14c UStG geschuldet behandelt.
Erster Rechtsgang BFH - doch Vorsteuerabzug, keine Umsatzsteuer nach § 14c UStG
Der BFH hat das o.g. Urteil des FG Münster aufgehoben und der Klägerin den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der K gewährt (Urteil v. 6.4.2016, V R 12/15, Kommentierung). Zwar können Sale-and-lease-back-Geschäfte umsatzsteuerrechtlich als Kreditgewährung i. S. d. § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG anzusehen sein. Jedoch habe das Finanzgericht insofern nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Erwerb des Leasingguts durch die Klägerin überwiegend durch ein Darlehen der K finanziert wurde. Die Verträge vom 27.12.2006 dienten im Ergebnis der Finanzierung der K allenfalls insoweit, als der Kaufpreis von der Klägerin selbst aufzubringen war. Dieser Zweck tritt aber zurück, da der Kaufpreis nur zu einem Drittel von der Klägerin aufzubringen war und zu zwei Dritteln von der K finanziert wurde. Der Schwerpunkt der sonstigen Leistung der Klägerin liege somit nicht in einer steuerfreien Kreditgewährung, sondern in der umsatzsteuerpflichtigen Mitwirkung an einer bilanziellen Gestaltung des Verkäufers und Leasingnehmers K. Somit liege kein fehlerhafter Steuerausweises nach § 14c UStG vor.
Zweiter Rechtsgang FG Münster
Das FG Münster hatte – basierend auf das o.g. BFH-Urteil – im zweiten Rechtsgang noch festzustellen, ob die Klägerin im Streitjahr 2007 zumindest eine Teilleistung erbracht habe und ggf., ob das vereinbarte Entgelt uneinbringlich geworden sei.
Sale-and lease-back-Modelle
Das Verleasen von Wirtschaftsgütern stellt im Regelfall eine im Rahmen von monatlichen Teilleistungen erbrachte Gesamtleistung dar. Anderes gilt jedoch nach Auffassung des Finanzgerichts Münster dann, wenn das Verleasen – wie hier vom BFH entschieden - im Rahmen eines "Sale-and-lease-back"-Modells in einer "einmaligen Mitwirkungsleistung" in Form der Mitwirkung an einer bilanziellen Gestaltung der Leasingnehmerin erbracht wird.
Jedoch hat die Klägerin diese einmalige Mitwirkungsleistung nicht im Streitjahr 2007, sondern bereits in 2006 erbracht. Die einmalige Mitwirkungsleistung an der bilanziellen Gestaltung der K hat die Klägerin. in dem Zeitpunkt erbracht, in dem K die Möglichkeit erlangt hatte, einen Gegenwert für die selbst entwickelten elektronischen Informationssysteme in Gestalt der Kaufpreisforderung an die Klägerin bilanziell als Aktivposten anzusetzen. Dies war bereits in 2006, da die K der Klägerin das Eigentum an den elektronischen Informationssystemen noch in 2006 verschaffte.
Da die Klägerin ihre Mitwirkungsleistung noch in 2006 erbracht hat, war für 2007 keine weitere Umsatzsteuer festzusetzen (auch nicht hinsichtlich der am 26.3.2007 gezahlten Leasingrate).
Revision beim BFH
Eine Berichtigung des für die erbrachte Mitwirkungsleistung geschuldeten Steuerbetrags wegen Uneinbringlichkeit i. S. v. § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 UStG in 2007 zugunsten der Klägerin scheidet nach Auffassung des FG Münster aus, wenn wie hier in 2006 erst gar keine Umsatzsteuer festgesetzt und gezahlt worden war. Die spätere Berichtigung des gar nicht festgesetzten Steuerbetrags würde zu einer vom Gesetz nicht gewollten Übervorteilung des Unternehmers führen. Auch gegen das zweite Urteil des FG Münster vom 8.5.2018 wurde Revision eingelegt (Az beim BFH V R 25/18). Das Urteil des BFH im zweiten Rechtsgang bleibt daher noch abzuwarten.
FG Münster, Urteil v. 8.5.2018, 5 K 2329/16 U, Haufe Index 12033910
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