Reitanlage einer vermögenden Geschäftsfrau als Liebhabereibetrieb

Hintergrund:
Die erfolgreiche und wohlhabende Geschäftsführerin eines mittelständischen Unternehmens erwarb eine Reitanlage und investierte erhebliche Summen in deren Sanierung und Ausbau. Nachdem der Betrieb anfänglich verpachtet worden war, führte die Geschäftsführerin den Betrieb schließlich – ohne eigenes pferdewirtschaftliches Fachwissen – in eigener Verantwortung fort und spezialisierte den Betrieb auf das Westernreiten. Während des neunjährigen Betriebs der Anlage erzielte sie – nicht zuletzt wegen hoher Abschreibungen – alljährlich Verluste im sechsstelligen Bereich. Im Rahmen einer Betriebsprüfung ging das Finanzamt von einer fehlenden Gewinnerzielungsabsicht aus und erkannte sämtliche Verluste steuerlich ab.
Entscheidung:
Das FG urteilte, dass das Finanzamt die Verluste (teilweise) zu Recht aberkannt hatte. Die Geschäftsführerin hatte mit dem Betrieb des Reiterhofs in allen neun Betriebsjahren keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt. Mit dem Betrieb der Anlage war objektiv kein Totalgewinn zu erzielen. Selbst auf einen Zeitraum von 50 Jahren gerechnet, ist nicht erkennbar, wie angesichts der hohen Sanierungs- und Betriebskosten die Gewinnzone hätte erreicht werden können. Die erfahrene und erfolgreiche Geschäftsfrau muss nach Auslaufen des Pachtvertrages erkannt haben, dass der Betrieb der Anlage in Eigenregie noch verlustbringender sein würde.
Für die Fortführung des Betriebs war nach Überzeugung des FG vielmehr ausschlaggebend, dass die Frau die erzielten Verluste steuerlich nutzen konnte. Denn sie verfügte aus ihrer Geschäftsführertätigkeit bei einer mittelständischen GmbH noch über Lohneinkünfte in Millionenhöhe. Den Steuervorteil aus der Betriebsfortführung legte das FG anhand einer Vergleichsberechnung offen: Während die Verlustverrechnungen (nicht zuletzt wegen hoher Sonderabschreibungen) zu Lohnsteuererstattungen von insgesamt 1,5 Mio. EUR geführt hatten, mussten die Geschäftsfrau für den defizitären Betrieb der Reitanlage lediglich Bareinlagen von rund 1 Mio. EUR leisten (= Verluste abzüglich aller Abschreibungen).
(Sächsisches FG, Urteil v. 25.1.2012, 8 K 1504/08)
Praxishinweis:
Die Verluste aus den ersten Betriebsjahren durfte das Finanzamt jedoch aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr aberkennen, da für diese Jahre bereits Feststellungsverjährung eingetreten war. Denn die Verjährung wurde nicht aufgrund einer vorläufigen Feststellung gehemmt, weil die Vorläufigkeitsvermerke in den Bescheiden keine Aussage zum Umfang und Grund der Vorläufigkeit enthielten – und somit (wegen Unbestimmtheit) unwirksam waren. Denn nach der Rechtsprechung des BFH muss ersichtlich sein, ob sich die Vorläufigkeit auf Betriebseinnahmen, Betriebsausgaben oder die Gewinnerzielungsabsicht erstreckt. In den Jahren ab 2003 hatte das Finanzamt einen ausführlicheren Vermerk aufgenommen, sodass eine Änderung der Bescheide ab diesem Jahr möglich war.
-
Vermietung an den Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
687
-
Sonderausgabenabzug für einbehaltene Kirchensteuer auf Kapitalerträge aus anderen Einkunftsarten
567
-
Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld nach § 268 AO ist unwiderruflich
489
-
Abschreibung für eine Produktionshalle
439
-
Abzug von Fahrtkosten zur Kinderbetreuung
423
-
Berechnung der Zehn-Jahres-Frist bei sanierungsrechtlicher Genehmigung
380
-
Selbst getragene Kraftstoffkosten bei der 1 %-Regelung
369
-
Teil 1 - Grundsätze
272
-
Ortsübliche Vermietungszeit für eine Ferienwohnung
257
-
5. Gewinnermittlung
233
-
Keine Umsatzsteuer auf Kompensationszahlungen bei IT-Migration
16.05.2025
-
Privates Veräußerungsgeschäft oder erbrechtlicher Vorgang?
16.05.2025
-
Verzinsung von zu erstattenden Kapitalertragsteuerbeträgen
15.05.2025
-
Alle am 15.5.2025 veröffentlichten Entscheidungen
15.05.2025
-
Zufluss von nicht ausgezahlten Darlehenszinsen eines beherrschenden Gesellschafters
15.05.2025
-
Kindergeldanspruch trotz parallel ausgeübter Erwerbstätigkeit
14.05.2025
-
Voraussetzungen für die Gewinnermittlung nach der Tonnage für ein Folgejahr
12.05.2025
-
Gestaltungsmissbrauch bei einer Grundstücksübertragung im Umlegungsverfahren
12.05.2025
-
Geschäftsbeziehungen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte
12.05.2025
-
Kein ermäßigter Umsatzsteuersatz für Trauer- und Hochzeitsreden
09.05.2025