Prüfungshandlungen: Umfang der Hemmung der Festsetzungsfrist

Rechtzeitige Prüfungshandlungen für bestimmte Steuern hemmen den Ablauf der Festsetzungsfrist wegen anderer in derselben Prüfungsanordnung genannten Steuerarten selbst dann, wenn für letztere vor Ablauf der Festsetzungsfrist noch keine Prüfungshandlungen vorgenommen wurden.

Das Finanzamt erließ 2011 eine Prüfungsanordnung über eine Außenprüfung betreffend u. a. die Körperschaftsteuer der Jahre 2006 bis 2009 und die gesonderte Feststellung des EK-02-Endbestands zum 31.12.2006. Durch die Betriebsprüfung ergab sich keine Änderung des EK-02-Bestands. Es wurde aber festgestellt, dass der Körperschaftsteuer-Erhöhungsbetrag i. S. d. § 38 Abs. 5 KStG bislang zu niedrig festgestellt worden war und an das Ergebnis des EK-02-Bestands anzupassen sei.

Dem folgend hob der Innendienst im Jahr 2012 den Vorbehalt der Nachprüfung im Bescheid über die Feststellung des EK-02-Endbestands zum 31.12.2006 auf. Gleichzeitig setzte es den Körperschaftsteuer-Erhöhungsbetrag nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zutreffend fest.

Ist die Feststellungsfrist bereits abgelaufen? 

Die Klägerin ist der Meinung, der Vorbehalt der Nachprüfung sei bereits am 31.12.2011 entfallen, da bis zu diesem Zeitpunkt keine Prüfungshandlungen wegen des EK-02-Endbestands vorgenommen worden seien. Demzufolge hätten der den Vorbehalt der Nachprüfung aufhebende Bescheid (Grundlagenbescheid) nicht ergehen und der Körperschaftsteuer-Erhöhungsbetrag (Folgebescheid) nicht höher festgesetzt werden dürfen. 

Finanzamt war zur Aufhebung wegen Ablaufhemmung berechtigt 

Das Finanzgericht hat entschieden, dass die Feststellungsfrist wegen der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 AO noch nicht abgelaufen und das Finanzamt berechtigt war, den Vorbehalt der Nachprüfung im Jahr 2012 aufzuheben.

Als die Ablaufhemmung unterbrechende Prüfungshandlungen sind alle vom Betriebsprüfer vorgenommenen Maßnahmen anzusehen, die über Vorbereitungshandlungen hinausgehen und auf eine Prüfung der Besteuerungsgrundlagen gerichtet sind. Demnach wurde der Ablauf der Feststellungsfrist vorliegend jedenfalls dadurch gehemmt, dass der Betriebsprüfer sich mit dem EK-02 zum 31.12.2006 tatsächlich auseinandersetzte, denn ansonsten hätte er die Aussage nicht treffen können, dass die bisherige Feststellung des EK-02-Endbestands zutreffend war. Ob er diesbezügliche Feststellungen noch vor Ablauf der regulären Feststellungsfrist getroffen hat, ist unbeachtlich, denn der Ablauf der Feststellungsfrist wird bereits dann (vorläufig) gehemmt, wenn bei mehreren der Außenprüfung unterliegenden Bereichen vor Ablauf der Festsetzungs- bzw. Feststellungsfrist mit Ermittlungshandlungen bereits zu einem Bereich begonnen wurde.

BFH muss entscheiden

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hin hat der Bundesfinanzhof unter dem Az XI R 45/17 die Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts zugelassen. Der Bundesfinanzhof hat nunmehr über die Frage zu entscheiden, ob vor Ablauf der regulären Festsetzungsfrist vorgenommene Prüfungshandlungen bezüglich bestimmter von einer Prüfungsanordnung erfasster Steuerarten den Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO auch bezüglich anderer in derselben Prüfungsanordnung aufgeführter Steuerarten hemmen, obwohl wegen dieser weiteren Steuerarten Prüfungshandlungen erst nach Ablauf der regulären Festsetzungsfrist vorgenommen wurden.

Hessisches FG, Urteil v. 18.2.2016, 4 K 1928/14, Haufe Index 11829131

Schlagworte zum Thema:  Festsetzungsfrist, Betriebsprüfung