Lagergebühren für nicht abgeholte Postsendungen

Als Kostenschuldner kommen das Unternehmen, das die Postsendungen zur Zollstelle befördert hat, und die Selbstverzoller in Betracht. Bei einem Massenverfahren, bei dem der Aufwand für die Ermittlung der Selbstverzoller für das HZA unverhältnismäßig hoch ist, während das Beförderungsunternehmen über deren Daten verfügt, ist es ermessensgerecht, nur dieses als Kostenschuldner in Anspruch zu nehmen.

Hintergrund: HZA hält sich an das Beförderungsunternehmen

Die Universalpostdienstleisterin X befördert im Inland Postsendungen aus Nicht-EU-Ländern, die bei drittländischen Postdienstleistern mit Empfängeradresse im Inland aufgegeben werden. Sendungen an sog. Selbstverzoller oder Sendungen, an denen nicht alle erforderlichen Informationen angebracht sind oder bei denen Verstöße gegen Verbote und Beschränkungen in Betracht kommen, befördert X zum für den Adressaten zuständigen Zollamt (ZA), wo sie gestellt werden und damit das Versandverfahren beendet wird. Außerdem informiert sie die Empfänger über den Eingang der Sendung beim ZA. Holt der Empfänger die Sendung nicht innerhalb der Lagerfrist ab, nimmt X sie zurück und übermittelt sie dem Postdienstleister, von dem sie die Sendung übernommen hat. Welche Sendungen für Selbstverzoller bestimmt sind, ist für die Zollverwaltung nicht ersichtlich.

Das Hauptzollamt (HZA) setzte gegenüber X für die Lagerung von Sendungen zwischen Februar und August 2013 Kosten i.H.v. 125.000 EUR fest. Das FG gab der dagegen erhobenen Klage mit der Begründung statt, neben X und den Selbstverzollern seien auch die Absender und die Empfänger als weitere Kostenschuldner vorhanden. Das HZA habe das ihm insoweit zustehende Auswahlermessen nicht ausgeübt.

Entscheidung: Inanspruchnahme des Beförderungsunternehmens

X ist als Veranlasser der gebührenpflichtigen Lagerung Kostenschuldner nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 des Verwaltungskostengesetzes (VwKostG). Sie beförderte die Postsendungen im externen Versandverfahren zu der für die Empfänger zuständigen Zollstelle. Die Lagerung als kostenpflichtige Amtshandlung trat kraft Gesetzes ein, weshalb es nicht darauf ankommt, ob X neben der Gestellung auch die Lagerung gewollt hat. Neben X haben auch die Selbstverzoller die Lagerung veranlasst und sind daher ebenfalls Kostenschuldner. Denn mit dem Widerspruch der gesetzlichen Vertretungsmacht durch die Empfänger gegenüber X nach § 5 Abs. 2 des Zollverwaltungsgesetzes (ZollVG) musste diese die Sendungen zum für den Empfänger zuständigen ZA befördern. Nach § 13 Abs. 2 VwKostG sind X und die Selbstverzoller Gesamtschuldner der Lagerkosten.

Keine Veranlassung der Lagerung durch die Empfänger und Absender

Die Empfänger sowie die Absender sind dagegen nicht Veranlasser der kostenpflichtigen Lagerung. Die Vorübergehende Verwahrung bei der Zollstelle gehört nicht zum Pflichtenkreis des Absenders. Ebenso wenig veranlasst der Empfänger die Lagerung nicht allein dadurch, dass er aus melderechtlichen Gründen eine Adresse unterhält.

Ermessensgerechte Inanspruchnahme des Beförderers

Entgegen der Auffassung des FG hat das HZA mit der Inanspruchnahme der X als Kostenschuldnerin zutreffend die Ausübung des Auswahlermessens für entbehrlich gehalten. Dem HZA waren neben der X keine weiteren Kostenschuldner bekannt. Es war nicht verpflichtet zu ermitteln, bei welchen Empfängern es sich um Selbstverzoller handelte. Die gesetzliche Ermittlungspflicht war im Streitfall aus Gründen der Zweckmäßigkeit, der Zumutbarkeit sowie des Verhältnisses zwischen Arbeitsaufwand und steuerlichem Erfolg eingeschränkt. Denn bei der Postabfertigung handelt es sich um ein Massenverfahren, dessen effektive Bewältigung nur dann sichergestellt ist, wenn das HZA nicht in jedem Einzelfall durch Nachfragen bei den Empfängern oder bei X ermitteln muss, welche Sendung an einen Selbstverzoller adressiert war, zumal es hier um die Festsetzung von jeweils nur wenigen EUR ging. Vielmehr hatte X die Obliegenheit, dem HZA mitzuteilen, welcher der Empfänger als Selbstverzoller der gesetzlichen Vertretungsmacht (§ 5 Abs. 2 ZollVG) widersprochen hatte. X verfügte über diese Informationen und hätte diese der Verwaltung ohne unzumutbaren Aufwand zur Verfügung stellen können, zumal sie bereits nach der Ankunft der Postsendungen einen Abgleich der ankommenden Sendungen mit den registrierten Selbstverzollern durchgeführt hat, um zu klären, welche Sendungen sie zum für den Empfänger zuständigen ZA befördern musste.

Hinweis: Vorrangige Inanspruchnahme des Veranlassers

Die Entscheidung stellt klar, dass als Veranlasser (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Alt 1 VwKostG) der Lagerung nur der Beförderer und die Selbstverzoller in Betracht kommen. Die Absender und Empfänger haben zwar eine Bedingung für die Lagerung gesetzt, es fehlt jedoch an dem auf die Herbeiführung einer kostenpflichtigen Amtshandlung gerichteten Willen. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 VwKostG ist zur Zahlung auch derjenige verpflichtet, zu dessen Gunsten die Amtshandlung vorgenommen wird. Der BFH konnte offen lassen, ob unter diesem Gesichtspunkt neben der X auch die Absender oder Empfänger als Kostenschuldner in Betracht kamen, da vorrangig der Veranlasser (Alt 1) in Anspruch zu nehmen ist.

BFH, Urteil v. 20.2.2018, VII R 21/16, veröffentlicht am 6.6.2018.

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