Kirchlicher Kindergarten kann Betrieb gewerblicher Art sein

Vor dem FG Hamburg wurde die erste gerichtliche Entscheidung zu der Frage behandelt, ob ein kirchlicher Kindergarten ein Betrieb gewerblicher Art sein kann. In Anlehnung an die BFH-Rechtsprechung zu kommunalen Kindergärten bejaht das FG diese Frage für kirchliche Kindergärten.

Der Kläger, ein evangelisch-lutherischer Kirchenkreis, erwarb von einer in seinem Bezirk liegenden Kirchengemeinde ein mit Kapelle, Gemeindehaus, Pastorat und Kindergarten bebautes Grundstück. Die Verwaltung des Kindergartens hatte der Kläger bereits zuvor übernommen, wobei die Trägerschaft einschließlich der religionspädagogischen Betreuung der Kinder zunächst bei der Gemeinde verblieben war. Nach Veräußerung des Grundstücks ließ der Kläger die vorhandenen Gebäude mit Ausnahme des Pastorats abreißen und einen neuen und größeren Kindergartenbau errichten. Im Kaufvertrag wurde die Unterhaltung des christlich geprägten Kindergartens auf den Kläger übertragen.

Der 3. Senat entschied, dass der Erwerbsvorgang nicht gemäß § 4 Nr. 1 GrEStG steuerfrei gewesen ist. Nach dieser Vorschrift ist von der Besteuerung ausgenommen der Erwerb eines Grundstücks durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts, wenn das Grundstück aus Anlass des Übergangs von öffentlich-rechtlichen Aufgaben oder aus Anlass von Grenzänderungen von der einen auf die andere juristische Person übergeht und nicht überwiegend einem Betrieb gewerblicher Art dient.

Für den Übergang einer öffentlichen-rechtlichen Aufgabe aus Anlass der Grundstücksveräußerung i. S. d. § 4 Nr. 1 GrEStG genüge es zwar, wenn die konkret auf dem veräußerten Grundstück ausgeübte öffentlich-rechtliche Aufgabe auf den Erwerber übergehe. Das sei bei der Übertragung der Trägerschaft für einen kirchlichen Kindergarten von einer Kirchengemeinde auf den Kirchenkreis der Fall. Die Unterhaltung des Kindergartens sei (kirchlich-) öffentlich-rechtliche Aufgabe.

Der Steuerbefreiung stehe allerdings entgegen, dass das übertragene Grundstück überwiegend zum Betrieb gewerblicher Art (BgA) genutzt werde. Für die Bestimmung des Begriffs griff der 3. Senat auf die Definition in § 4 Abs. 1 KStG zurück, nach der alle Einrichtungen BgA sind, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben, ohne dass die Absicht, Gewinn zu erzielen und eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erforderlich sind.

Im Anschluss an die einschlägige Rechtsprechung des BFH zu kommunalen Kindergärten kommt der 3. Senat unter Berücksichtigung auch des verfassungsrechtlichen Schutzes der Selbstverwaltung kirchlicher Körperschaften des öffentlichen Rechts zu dem Ergebnis, die Grenze zum BgA und damit zur Steuerpflicht werde von kirchlichen Einrichtungen dort überschritten, wo sie mit ihren Angeboten und Leistungen in einen Wettbewerb mit privatwirtschaftlichen Anbietern treten und der Bezug zum kirchlichen Verkündigungsauftrag demgegenüber zurücktrete. Bei der im Steuerrecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung nehme die religiöse Betreuung der Kinder beispielsweise durch wöchentliche Andachten keinen derart großen Raum ein und verursache keinen derartigen Mehraufwand, dass die Kinderbetreuung selbst nur eine Art Nebentätigkeit wäre. Aus Sicht der Eltern als Kunden des Kindergartens sei die Tagesbetreuung ihrer Kinder vielmehr die Hauptleistung und -tätigkeit des Kindergartenträgers.

Der 3. Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (Az beim BFH, II R 11/13).

FG Hamburg, Urteil v. 5.2.2013, 3 K 74/12

FG Hamburg, Pressemitteilung v. 28.6.2013
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