Keine umsatzsteuerliche Organschaft bei Schwestergesellschaften

Sachverhalt: GmbH erbringt Serviceleistungen an nicht vorsteuerabzugsberechtigte Partnerschaft
A ist der einzige Gesellschafter und Geschäftsführer der klagenden GmbH. A war in den Streitjahren auch mit einem Kapitalanteil von 100 % Gesellschafter eines ärztlich diagnostisch tätigen Unternehmens in der Rechtsform der Partnerschaft. An der Partnerschaft waren zwei weitere natürliche Personen ohne Kapitalanteil beteiligt. Die Partnerschaft wird von A als geschäftsführendem Gesellschafter oder durch alle Gesellschafter gemeinsam vertreten.
A hält seine Beteiligung an der GmbH im Sonderbetriebsvermögen bei der Partnerschaft. Das Inventar der Partnerschaft wird als Sonderbetriebsvermögen des A behandelt. A ist durch den Betrieb einer Photovoltaikanlage (als natürliche Person) Unternehmer. Die klagende GmbH führt entgeltliche Abrechnungsleistungen (Inkasso), Reinigungsarbeiten und EDV-Support an die Partnerschaft aus. Die Partnerschaft erbringt nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfreie heilmedizinische Leistungen.
Ursprünglich behandelte die GmbH ihre Umsätze an die Partnerschaft als umsatzsteuerpflichtig. Hieraus erhielt aber die Partnerschaft aufgrund ihrer steuerfreien Heilumsätze kein Vorsteuerabzug. Nunmehr vertritt die GmbH die Auffassung, dass zwischen ihr und der Partnergesellschaft eine umsatzsteuerliche Organschaft besteht. Ggf. wären ihre Umsätze an die Partnergesellschaft als Innenumsätze nicht steuerbar.
Entscheidung: Keine finanzielle Eingliederung
Nach Auffassung des Finanzgerichts ist die klagende GmbH als Organgesellschaft weder in die Partnergesellschaft noch in das Einzelunternehmen des Gesellschafters A eingegliedert.
Eine Organschaft setzt nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG voraus, dass eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist. Die oben genannten drei Eingliederungsmerkmale müssen jeweils alle gegeben sein.
Nach Auffassung des Finanzgerichts ist jedoch die klagende GmbH in das Unternehmen der Partnerschaft nicht finanziell eingegliedert. Die finanzielle Eingliederung erfordert eine eigene Mehrheitsbeteiligung des Organträgers an der juristischen Person. Diese kann sich entweder aus einer unmittelbaren Beteiligung oder mittelbar aus einer über eine Tochtergesellschaft gehaltenen Beteiligung ergeben. Demgegenüber ist bei einer Beteiligung mehrerer Gesellschafter an zwei Schwestergesellschaften nicht rechtssicher bestimmbar, unter welchen Voraussetzungen der Beteiligungsbesitz der Gesellschafter zusammengerechnet werden kann, um eine finanzielle Eingliederung der einen in die andere Schwestergesellschaft zu begründen. Auch ist die finanzielle Eingliederung einer GmbH in eine Personengesellschaft dann zu verneinen, wenn nur ein Gesellschafter über die Stimmenmehrheit an den beiden Schwestergesellschaften verfügt (vgl. R 2.8 Abs. 5 UStAE). Im Streitfall ist die GmbH nicht unmittelbar in das Unternehmen der Partnerschaft eingegliedert, da die Partnerschaft nicht Gesellschafterin der GmbH ist. Die Partnerschaft ist auch nicht über eigene Tochtergesellschaften mittelbar an der GmbH beteiligt. Die finanzielle Eingliederung kann auch nicht mittelbar über Gesellschafter des Organträgers bestehen.
GmbH kann sich nicht auf Übergangsregelung berufen
Die Klägerin kann sich auch nicht auf die Übergangsregelung im BMF-Schreiben vom 05.07.2011 (BStBl 2011 I S. 703) berufen, da sie vor der Rechtsprechungsänderung zur Organschaft bei Schwestergesellschaften selbst keine Organschaft angenommen hatte.
Keine entgeltlichen Leistungen
Es besteht auch keine Organschaft zwischen A als Organträger und der GmbH und der Partnerschaft als Organgesellschaften. Zwar kann A als natürliche Person aufgrund des Betriebs einer Photovoltaikanlage Organträger sein, obwohl die Beteiligung an der GmbH und an der Partnerschaft nicht im Unternehmensbereich des A gehalten werden. Es fehlt aber zumindest an der wirtschaftlichen Eingliederung der beiden Gesellschaften in das Unternehmen des A. Die wirtschaftliche Eingliederung setzt das Erbringen entgeltlicher Leistungen voraus, die für das Unternehmen der Organgesellschaft zu mehr als nur einer unbedeutenden Entlastung führen. Im Streitfall hat A entgeltliche Leistungen weder an die GmbH noch an die Partnerschaft erbracht.
Die wirtschaftliche Eingliederung kann auch auf einer – mittelbaren - Verflechtung zwischen zwei Organgesellschaften beruhen. sofern diese durch unmittelbare Beziehungen mit dem Organträger organschaftlich verbunden ist. Dies fehlt jedoch im Streitfall. Auch fehlt es an der wirtschaftlichen Eingliederung, da den entgeltlichen Abrechnungs- und Reinigungsleistungen und EDV-Support für die Unternehmenstätigkeit der Untergesellschaft nur unwesentliche Bedeutung zukommt.
Praxishinweis: Personengesellschaften als Organgesellschaften
Nach der neueren Rechtsprechung können – entgegen § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG – auch Personengesellschaften Organgesellschaften sein (vgl. EuGH Urteile vom 16.07.2015 - C-108/14 (Larentia) und C-109/14 (Minerva) sowie BFH, Urteile vom 02.12.2015 - V R 15/14 und vom 01.06.2016 - XI R 17/11). Eine Reaktion hierauf durch die Verwaltung bzw. den Gesetzgeber ist bisher nicht erfolgt.
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