Die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG ist auch für Erd- und Pflanzarbeiten im Garten eines selbstbewohnten Hauses zu gewähren, gleichgültig, ob der Garten neu angelegt oder ein naturbelassener Garten umgestaltet wird.

Hintergrund

Die Eheleute E sind Eigentümer eines im Jahr 2003 fertig gestellten selbstgenutzten Wohnhauses. Nachdem der Einfahrts- und Terrassenbereich im Jahr 2005 gestaltet worden war, ließen sie 2006 durch einen Handwerksbetrieb umfangreiche Erd- und Pflanzarbeiten im Garten ausführen. Dabei wurde auch die Errichtung einer Stützmauer zum Nachbargrundstück erforderlich. Für die Kosten der Erd- und Pflanzarbeiten beantragten E eine Steuerermäßigung nach §35a Abs. 2 Satz 1 EStG (haushaltsnahe Dienstleistungen), für die Kosten der Stützmauer eine Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG (Handwerkerleistungen). Das Finanzamt beurteilte die gesamte Gartengestaltung als Handwerkerleistungen. Eine Steuerermäßigung für diese Leistungen lehnte es ab, weil durch die fraglichen Arbeiten etwas Neues geschaffen worden sei.

Entscheidung des BFH

Auch der BFH beurteilte die Erd- und Pflanzarbeiten sowie die Errichtung der Stützmauer insgesamt als Handwerkerleistungen. Haushaltsnahe Dienstleistungen könnten in den Arbeiten nicht gesehen werden, weil diese über die übliche hauswirtschaftlich geprägte Pflege des Gartens hinausgingen. Anders als das Finanzgericht gewährte der BFH aber die Steuerermäßigung in Höhe von 20 Prozent der Aufwendungen, höchstens 600 €.

Ihrem Wortlaut nach – so der BFH - gelte die Vorschrift des § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG „für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen“. Wer – wie die überwiegende Auffassung in der Fachliteratur – daraus schließe, dass nur solche Maßnahmen begünstigt seien, mit denen nichts Neues geschaffen werde, interpretiere die Regelung allerdings zu eng. Denn diese beziehe ausdrücklich Renovierungs- und Modernisierungsarbeiten in die Steuerermäßigung ein, obgleich sich das Herstellungskosten begründende Merkmal der wesentlichen Verbesserung als Renovierung verstehen lasse und auch Modernisierungsmaßnahmen Herstellungsaufwand begründen könnten. Die sachliche Begrenzung der begünstigten Maßnahmen sei deshalb aus dem Tatbestandsmerkmal „Haushalt“ zu bestimmen.

Ausgeschlossen von der Steuerermäßigung sind deshalb nach Auffassung des BFH nur solche Handwerkerleistungen, die die Errichtung eines Haushalts betreffen. Steuerbegünstigt sind dagegen alle Maßnahmen eines Handwerkers im vorhandenen Haushalt. Zu dem vorhandenen Haushalt zählt der BFH ausdrücklich den stets schon vorhandenen Grund und Boden.

Anmerkung

Die Tragweite der Besprechungsentscheidung erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Zunächst könnte man meinen, die Gartenarbeiten seien im Besprechungsfall nur deshalb begünstigt, weil sie erst 3 Jahre nach der Fertigstellung des Hauses ausgeführt worden sind – also zu einer Zeit, als ein „Haushalt“ schon vorhanden war. Aus der Formulierung des BFH, dass zu einem vorhandenen Haushalt „auch der dazugehörige – stets schon vorhandene - Grund und Boden gehört“, wird dann aber deutlich, dass auch Gartenarbeiten, die unmittelbar im Anschluss an die Errichtung eines Hauses ausgeführt werden, begünstigt sein sollen. Damit ist sowohl die Neuanlage eines Gartens (Herstellungskosten) als auch die Umgestaltung eines Gartens (Modernisierungs- und Erhaltungsaufwand) nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG steuerbegünstigt. Die Begünstigung ist begrenzt auf 20 Prozent der Aufwendungen, höchstens 1200 € (ab 1.1.2009).

Hinweis

Über den entschiedenen Fall hinaus kann der Besprechungsentscheidung entnommen werden, dass der BFH nachträgliche Bauarbeiten auch dann zu den steuerbegünstigten Maßnahmen zählen will, wenn dabei – wie z.B. beim Ausbau eines Dachbodens oder beim Anbau einer Garage – Wohn- oder Nutzflächen erweitert oder neu geschaffen werden.

Urteil v. 13.7.2011, VI R 61/10, veröffentlicht am 14.12.2011