Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Zinsen
Hintergrund: Weiterreichung eines Darlehens an eine Tochtergesellschaft
A ist eine Holding Limited mit Sitz in Liberia und Geschäftsleitung im Inland. Anteilseignerin ist zu 100 % eine Reederei (B-GmbH). Die wirtschaftliche Tätigkeit besteht in der Aufnahme von Darlehen bei der X-Bank und der Weiterreichung an eine in Liberia ansässige 100 %-ige Tochtergesellschaft der A zur Ermöglichung des Kaufs eines Frachters.
In 2012 kaufte die Tochtergesellschaft das Schiff. Die Verkäuferin hatte gegenüber der Bank eine Darlehensverbindlichkeit aus der Finanzierung des seinerzeitigen Ankaufs des Schiffs (USD-Darlehen). Diese USD-Darlehensverbindlichkeit wurde beim Ankauf des Schiffs durch die Tochtergesellschaft nicht unmittelbar von der Verkäuferin auf die Tochtergesellschaft übertragen, sondern die A wurde (durch Darlehensvertrag mit der Bank) als Kreditnehmerin zwischengeschaltet und damit Schuldnerin des USD-Darlehens. Darüber hinaus nahm sie einen Betriebsmittelkredit auf.
A reichte das USD-Darlehen und den Betriebsmittelkredit (zeitgleich mit dem Darlehensvertrag und ohne Gewinnaufschlag) an die Tochtergesellschaft weiter. Daneben erhielt die A von der Reederei ein Darlehen (Cash Deposit), das sie ebenfalls an die Tochtergesellschaft weiterreichte. Für dieses Darlehen wurden keine Zinsen berechnet. Die Zinsen für das USD-Darlehen und den Betriebsmittelkredit machte die Bank direkt gegenüber der Tochtergesellschaft geltend und wurden dieser belastet.
In ihrer Bilanz zum 31.12.2012 wies A Ausleihungen an verbundene Unternehmen aus (USD-Darlehen, Betriebsmittelkredit und Cash Deposit). Dabei erfasste sie die von der Bank ihrer Tochtergesellschaft belasteten Zinsen für das USD-Darlehen und den Betriebsmittelkredit als Zinsaufwand und stellte diesem einen entsprechenden Zinsertrag gegenüber.
Das FA rechnete für 2012 bis 2014 die Zinsaufwendungen als Entgelte für Schulden (zu ¼ unter Abzug des Freibetrags von 100.000 EUR) dem Gewerbeertrag gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG hinzu. Das FG wies die dagegen gerichtete Klage mit der Begründung ab, nach der Gesetzesänderung sei die Hinzurechnung nicht mehr auf Dauerschuldzinsen beschränkt.
Entscheidung: Weitergereichte Darlehensverbindlichkeiten sind keine durchlaufenden Kredite
Nach der zur Vorgängerfassung des § 8 Nr. 1 GewStG ergangenen Rechtsprechung waren von der Hinzurechnung Zinsen für durchlaufende Kredite auszunehmen, da es sich insoweit nicht um Dauerschulden i.S. der früheren Gesetzesfassung handelt. Nach der Neufassung 2008 werden dem Wortlaut nach sämtlich Entgelte von der Hinzurechnung erfasst. Der BFH lässt offen, ob die Grundsätze über die Nichtberücksichtigung von durchlaufenden Krediten unter der Neufassung weiterhin gelten. Denn im Streitfall lagen keine durchlaufenden Kredite vor.
Grundsätze des BFH für durchlaufende Kredite vor 2008
Die Rechtsprechung hat die Annahme eines durchlaufenden Kredits von folgenden Voraussetzungen abhängig gemacht:
- Der Kredit muss zu einem außerhalb des Betriebs des Darlehensnehmers liegenden Zweck verwendet werden.
- Der Kredit darf nicht im eigenen Interesse, sondern muss in fremdem Interesse aufgenommen werden.
- Gegen eine Kreditaufnahme im fremden Interesse spricht, wenn der Darlehensnehmer die Kredite bilanziert und die Zinsen selbst als Aufwand verbucht.
- Der Darlehensnehmer muss auf eine ihm genau vorgeschriebene Weitervermittlung des Kredits und auf dessen Verwaltung beschränkt bleiben.
- Dem Darlehensnehmer darf kein über die bloßen Verwaltungskosten hinausgehender Nutzen erwachsen.
- Ein durchlaufender Kredit liegt nicht vor, wenn eine Organgesellschaft einen Kredit aufnimmt und die Kreditmittel an einen zum Organkreis gehörenden Betrieb weiterleitet. Die Weiterleitung entspricht dann dem betrieblichen Zweck des weiterleitenden Unternehmens (BFH v. 7.7.2004, XI R 65/03, BStBl II 2005, 102).
- Ein eigener Zweck des weiterreichenden Unternehmens wird auch dann verfolgt, wenn sich die Anteile des Unternehmens, an das das Darlehen weitergereicht wird, im Betriebsvermögen des ersteren Unternehmens befinden und sich der Wert der Anteile durch die zweckentsprechende Verwendung des Darlehens erhöht.
- Schließlich wird ein eigener Zweck des Darlehensnehmers auch bereits dann verfolgt, wenn es seinen Geschäftszweck bildet, bestimmte Fremdinteressen zu fördern (BFH v. 18.12.1986, I R 293/82, BStBl II 1987, 446).
A verfolgte auch eigene Geschäftsinteressen
Hiervon ausgehend lagen im Streitfall keine durchlaufenden Kredite vor. Denn auch wenn die A die Darlehensaufnahme für ihre Tochtergesellschaft offengelegt hat, erfolgte die Kreditaufnahme zumindest auch im eigenen Interesse der A. Sie hat das USD-Darlehen und den Betriebsmittelkredit bilanziell ausgewiesen und die Zinsen als eigenen Aufwand geltend gemacht. Ferner bestand der betriebliche Zweck der Klägerin gerade darin, das USD-Darlehen und den Betriebsmittelkredit aufzunehmen und an ihre Tochtergesellschaft weiterzureichen. Mit der Weiterreichung der Darlehen verfolgte die A nicht nur ein fremdes Interesse, sondern zugleich ihren eigenen Geschäftszweck, durch ihre Zwischenschaltung die Kreditfinanzierung des Schiffs überhaupt erst zu ermöglichen.
Eine Saldierung mit Zinserträgen ist ausgeschlossen
Bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG ist grundsätzlich jedes Schuldverhältnis für sich zu betrachten (Saldierungsverbot; BFH v. 11.10.2018, III R 37/17, BStBl II 2019, 275). Davon hat die Rechtsprechung nur in besonderen Fällen Ausnahmen anerkannt. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
Hinweis: Kein durchlaufender Kredit bei Weitergabe ohne Gewinnaufschlag
Der BFH stellt im Leitsatz klar, dass ein durchlaufender Kredit auch bei einer Weitergabe an die Tochtergesellschaft ohne Gewinnaufschlag nicht in Betracht kommt. Die Urteilsgründe enthalten dazu keine näheren Ausführungen. Offenbar hat A aus der Kreditaufnahme keinen unmittelbaren Nutzen gezogen.
BFH Urteil vom 17.07.2019 - III R 24/16 (veröffentlicht am 24.10.2019)
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