Führungsholding Personengesellschaft als Organgesellschaft

Der EuGH musste sich mit dem Umfang des Vorsteuerabzugs einer Holding beschäftigen und außerdem die Frage klären, ob eine Personengesellschaft Teil einer umsatzsteuerlichen Organschaft sein kann. Es handelte sich dabei um Vorabentscheidungsersuchen des BFH.

Hintergund

In der Rs. C-108/14 war die Höhe des Vorsteuerabzugs einer Holding aus Eingangsrechnungen im Zusammenhang mit der Kapitalbeschaffung streitig, wenn das dadurch eingeworbene Kapital zum Erwerb von Anteilen an Tochtergesellschaften dient und die Holding diesen gegenüber später steuerpflichtige Dienstleistungen erbringt. Die Klägerin ist eine "Beteiligungsgesellschaft" in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG und war im Streitjahr (2005) als sog. "Dachfonds" an zwei - ebenfalls in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG betriebenen - Tochtergesellschaften als Kommanditistin beteiligt. Ihre Kommanditeinlagen betrugen jeweils über 98 %. Die Tochtergesellschaften waren jeweils Eigentümerinnen eines von ihnen im internationalen Schiffsverkehr betriebenen Vollcontainerschiffes.

Die Klägerin schloss mit ihren Tochtergesellschaften am 1.3.2005 einen "Dienstleistungsvertrag". Danach erbrachte sie gegenüber den Tochtergesellschaften "administrative Leistungen" und stand ihnen als "allgemeiner betriebswirtschaftlicher Berater" zur Seite. Insbesondere übernahm sie die Organisation und Durchführung von Gesellschafterversammlungen, die Beratung bei betrieblichen Abläufen, Beratungen auf dem Gebiet des Chartermarktes, die Beratung in Finanzierungsfragen, die Vermittlung von Kontakten zu Hafen- und anderen in- oder ausländischen Behörden für die Tochtergesellschaften, die Beratung bei anlässlich dieser Vermittlung geführten Gesprächen sowie die Vermittlung von Rechts-, Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsleistungen.

Für diese Dienstleistungen erhielt sie ab dem Jahr 2006 eine jährliche Vergütung zuzüglich Umsatzsteuer. Für die Beratung in der Gründungsphase und für die Beratung zur laufenden Tätigkeit in der Zeit bis zum Ablauf des Streitjahres 2005 erhielt sie eine Pauschalvergütung zuzüglich Umsatzsteuer.

Die Klägerin warb im Streitjahr 2005 mithilfe der A-GmbH Kapital ein, wovon sie ca. 80 % für die Erbringung ihrer Kommanditeinlage bei den Tochtergesellschaften verwandte. Für Aufwendungen der Klägerin im Zusammenhang mit der Einwerbung des Kapitals durch die A-GmbH und für die Erstellung eines von der B-GmbH erstellten Prospektgutachtens fiel Umsatzsteuer an, die die Klägerin in ihrer Umsatzsteuererklärung für 2005 als Vorsteuer geltend machte. Das Finanzamt ließ davon zuletzt ca. 22 % zum Vorsteuerabzug zu. Das von der Klägerin insgesamt eingeworbene Kapital diene i. H. v. ca. 78 % ihrem nichtwirtschaftlichen Bereich des Haltens von Anteilen an den Tochtergesellschaften, für den ein Vorsteuerabzug ausscheide.

In der Rs. C-109/14 ging es um einen ähnlichen Sachverhalt. Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft, deren einzige Aktionärin zunächst eine X-GmbH & Co. KG war. Die Klägerin erwarb, betrieb und veräußerte Seeschiffe. Daneben erwarb und verwaltete sie insbesondere im Bereich der Schifffahrt in- und ausländische Beteiligungen und Finanzanlagen.

Durch eine im Rahmen ihres Börsengangs erfolgte Aktienemission erhöhte sie ihr Kapital im Jahr 2006 (Streitjahr) um ca. 300 %. Hierdurch entstanden für sie Emissionskosten, die mit Umsatzsteuer belastet waren. Nach dem Ausgabeprospekt zum Börsengang beabsichtigte die Klägerin, sich als internationale Anbieterin in der Branche der zeitweiligen entgeltlichen Überlassung von Container- und Tankerschiffen zu positionieren. Diese sog. Schiffscharter führte sie nach ihrem Konzept über sog. Schiffskommanditgesellschaften in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG aus, die - u.a. zur Verringerung des Haftungsrisikos - Eigentümerinnen und Betreiberinnen der Schiffe werden und Fremdkapitalanteile aufnehmen sollten. Die Klägerin war Mehrheitskommanditistin an den jeweiligen Schiffs-KGs mit einer Beteiligungsquote von mehr als 99 %. Die weiteren Kommanditisten waren jeweils die X-GmbH & Co. KG sowie der jeweilige Vertragsreeder. Als einzige Komplementärin war jeweils eine GmbH vorgesehen, deren Anteile vollständig von der Klägerin gehalten wurden. Diese Komplementärin und die Klägerin waren jeweils vertretungsberechtigt und führten die Geschäfte der jeweiligen Schiffs-KG.

Die Klägerin erhielt für die Geschäftsführungsleistung bei der jeweiligen Schiffs-KG neben einem Aufwendungsersatz eine jährliche Vergütung zuzüglich Umsatzsteuer. Die Höhe dieses Geschäftsführergehalts hatte die Klägerin auf der Grundlage ihrer Kosten für die Aktienemission und der Annahme einer durchschnittlichen betrieblichen Nutzungsdauer eines Seeschiffs von 20 Jahren kalkuliert. Zur Finanzierung des Erwerbs und des Betriebs des jeweiligen Seeschiffs wurde bei den Schiffs-KGs eine Kapitalerhöhung durchgeführt, die im Wesentlichen durch die Klägerin mittels einer Kapitaleinlage erbracht wurde. Nach den jeweils gleich gestalteten Gesellschaftsverträgen lag der Gesellschaftszweck der operativen Schiffs-KGs in der Verwaltung eigenen Vermögens, in dem Erwerb, in dem Betrieb, in der Veräußerung von (bestimmten) Seeschiffen, in dem Abschluss von Charterverträgen und Derivaten sowie in der Vereinbarung aller hiermit im Zusammenhang stehenden Geschäfte.

Im Streitjahr 2006 gründete die Klägerin als Konzernobergesellschaft und geschäftsführende Holdinggesellschaft vier solcher Schiffs-KGs in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG. Die nach dem Konzept vorgesehene Erhöhung der Kapitaleinlage zur Finanzierung des Erwerbs von Seeschiffen belief sich bei den Tochtergesellschaften auf jeweils den gleichen Betrag. Überdies gewährte die Klägerin den Tochtergesellschaften kurzfristige verzinsliche Darlehen zur Zwischenfinanzierung i. H. v. jeweils rund des Doppelten der Kapitaleinlage bei den Tochtergesellschaften.

Die Tochtergesellschaften schlossen die für die Schiffscharter notwendigen Geschäfte selbst ab, wobei die Klägerin neben der X-GmbH & Co. KG in die wesentlichen Entscheidungen des Tagesgeschäfts eingebunden war. Die Klägerin erhielt für ihre Geschäftsführungsleistungen von den Tochtergesellschaften im Streitjahr ein Entgelt zuzüglich Mehrwertsteuer. Überdies erzielte sie im Streitjahr aus den den Tochtergesellschaften gewährten Darlehen Zinserträge, Beteiligungserträge sowie aus Anlagen von Teilen des mit den Aktienemissionen eingeworbenen Kapitals bei Kreditinstituten Zinserträge.

In ihrer Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2006 erklärte die Klägerin steuerpflichtige Leistungen aus der Geschäftsführertätigkeit und machte u.a. den Abzug der im Zusammenhang mit der Aktienemission angefallenen Vorsteuerbeträge geltend. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug, da die Klägerin mangels tatsächlicher Eingriffe in die Verwaltung der Tochtergesellschaften nicht als Unternehmerin tätig geworden sei.

Der BFH fragte den EuGH, nach welcher Berechnungsweise eine Aufteilung der Vorsteuern in Zusammenhang mit der Kapitalbeschaffung vorzunehmen ist. Die zweite Vorlagefrage bezog sich auf die Regelungen zur Organschaft, die auf der Regelung über Mehrwertsteuergruppen in Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der 6. EG-Richtlinie beruht. In den Streitfällen begehrten die Holdings jeweils, hilfsweise eine solche Eingliederung der Tochter-Personengesellschaften in ihr Unternehmen anzunehmen, um die Vorsteuerbeträge in voller Höhe abziehen zu können. Nach nationalem Recht ist eine Besteuerung als Organschaft bisher jedoch nicht möglich, da nur juristische Personen Organgesellschaften sein können. Der BFH wollte daher mit seiner zweiten Vorlagefrage wissen, ob die deutschen Regelungen über die Organschaft mit den Vorgaben der 6. EG-Richtlinie im Einklang stehen. Schließlich fragte der BFH mit seiner dritten Vorlagefrage, ob sich ein Steuerpflichtiger im Falle der Unionsrechtswidrigkeit der deutschen Organschaftsregelung unmittelbar auf die entsprechende Bestimmung der 6. EG-Richtlinie berufen kann.

Entscheidung

a) zum Vorsteuerabzug einer Holding:

Der EuGH hat im Wesentlichen unter Bezugnahme auf seine Urteile v. 27.9.2001, C-16/00 (Cibo Participations), und v. 6.9.2012, C-496/11 (Portugal Telecom), entschieden, Eingriffe einer Holding in die Verwaltung von Gesellschaften, an denen sie Beteiligungen erworben hat, sind eine wirtschaftliche Tätigkeit i. S. v. Art. 4 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie (jetzt Art. 9 MwStSystRL), wenn sie die Durchführung von Transaktionen einschließen, die nach der Richtlinie steuerbar sind, wie etwa administrative, finanzielle, kaufmännische und technischen Dienstleistungen der Holdinggesellschaft an ihre Tochtergesellschaften. Mit Bezug auf Rn. 39 der Schlussanträge des Generalanwalts führt der EuGH weiter aus, dass daher die Kosten, die im Zusammenhang mit dem Erwerb von Beteiligungen an ihren Tochtergesellschaften von einer Holding getragen werden, die an deren Verwaltung teilnimmt und insoweit eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, als der wirtschaftlichen Tätigkeit der Holding zugeordnet anzusehen sind. Damit ist für diese Kosten ein vollständiges Vorsteuerabzugsrecht eröffnet. Ein nur teilweises Vorsteuerabzugsrecht kann sich nach den weiteren Entscheidungsgründen nur auf der Basis von Art. 17 Abs. 5 der 6. EG-Richtlinie (jetzt Art. 173 MwStSystRL) im Fall gemischter Ausgangsumsätze ergeben. D.h., ein teilweises Vorsteuerabzugsrecht kommt in diesen Fällen nur in Betracht, wenn einige der Ausgangsumsätze der Holding steuerfrei sind.

Nach den weiteren Entscheidungsgründen könnte sich eine Vorsteueraufteilung aufgrund nur teilweiser wirtschaftlicher Tätigkeiten der Holding und teilweise nichtwirtschaftlicher Tätigkeiten dann ergeben, wenn die Beteiligungskosten eine Tochtergesellschaft betreffen, mit deren Verwaltung die Holding nicht befasst ist. Denn in diesem Fall könnte das bloße Halten der Anteile an dieser Tochtergesellschaften nicht als eine wirtschaftliche Tätigkeit der Holding angesehen werden und der Vorsteuerabzug aus den Kosten des Beteiligungserwerbs wäre insoweit unzulässig. Die Aufteilung der Vorsteuer in einem solchen Fall kann nach dem vorliegenden EuGH-Urteil nach einem Investitionsschlüssel, einem Umsatzschlüssel oder jedem anderen geeigneten Schlüssel vorgenommen werden. In diesem Fall ist es nach dem Urteil allein Sache der nationalen Finanzbehörde, unter gerichtlicher Kontrolle die Kriterien für die Aufteilung zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten, die objektiv widerspiegelt, welcher Teil der Eingangsaufwendungen einer dieser beiden Tätigkeiten tatsächlich zuzurechnen ist, unter Berücksichtigung von Zweck und Systematik des Unionsrechts festzulegen. Der EuGH selbst sieht sich nicht als zuständige Stelle, den Aufteilungsmaßstab, d.h. das Verhältnis der wirtschaftlichen Tätigkeit zur nicht wirtschaftlichen Tätigkeit vorzugeben.

b) Zur Organschaft:
Der EuGH hat entschieden, dass Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der 6. EG-Richtlinie (jetzt Art. 11 MwStSystRL) im Unterschied zu anderen Bestimmungen der 6. EG-Richtlinie, insbesondere ihren Art. 28a und 28b (jetzt verschiedene Art. der MwStSystRL, insbesondere Art. 138 ff. MwStSystRL), die sich ausdrücklich auf „juristische Personen“ beziehen, nicht per se Gesellschaften von seinem Anwendungsbereich ausschließt, die – wie die Kommanditgesellschaften der Ausgangsverfahren – keine juristischen Personen sind. Auch sieht nach der Entscheidung Art. 4 Abs. 4 der 6. EG-Richtlinie insbesondere nicht vor, dass die Mitgliedstaaten verlangen könnten, dass ausschließlich juristische Personen Mitglieder einer Organschaft sein könnten. Der BFH als vorlegendes Gericht muss prüfen, ob der Ausschluss von Personengesellschaften von der Eigenschaft als Organgesellschaften den in Art. 11 Abs. 2 MwStSystRL geregelten Zielen dient und eine für diese Ziele der Verhinderung missbräuchlicher Praktiken oder Verhaltensweisen und der Vermeidung von Steuerhinterziehung oder umgehung erforderliche und geeignete Maßnahme ist. Art. 4 Abs. 4 der 6. EG-Richtlinie bringt nach der Entscheidung nicht zum Ausdruck, dass Organgesellschaften in einem Unterordnungsverhältnis zum Organträger stehen müssen.

Schließlich hat der EuGH noch entschieden, dass Art. 4 Abs. 4 der 6. EG-Richtlinie kein unmittelbares Berufungsrecht eröffnet. Die Vorschrift ist i. S. der bisherigen Rechtsprechung nicht unbedingt. Die in der Bestimmung aufgestellte Voraussetzung, nach der die Bildung einer Organschaft davon abhängt, dass zwischen den betreffenden Personen enge Verbindungen in finanzieller, wirtschaftlicher und organisatorischer Hinsicht bestehen, bedarf einer Präzisierung auf nationaler Ebene. Die Vorschrift hat daher insoweit einen bedingten Charakter, als sie die Anwendung nationaler Rechtsvorschriften voraussetzt, die den konkreten Umfang solcher Verbindungen bestimmen.

Praxishinweis

Der EuGH musste entscheiden, ob die Auffassung des BFH, wonach den Holdings aus den Eingangsleistungen im Zusammenhang mit der Kapitalbeschaffung nur ein teilweiser Vorsteuerabzug zustehen kann, zutrifft. Ein Vorsteuerabzugsrecht besteht nach der Entscheidung immer dann vollständig (unabhängig von der Höhe der Eingangsumsatzkosten im Vergleich zu den Kosten der Beteiligung insgesamt), wenn die bezogenen Dienstleistungen für den Beteiligungserwerb Tochtergesellschaften betreffen, denen die Holding administrative und kaufmännischen Dienstleistungen erbringt. In diesem Fall sind Beteiligungskosten vollständig der wirtschaftlichen Tätigkeit der Holdings zuzurechnen.

Ein nur anteiliger Vorsteuerabzug nach einem Investitionsschlüssel, Umsatzschlüssel oder einem anderen geeigneten Aufteilungsschlüssel kommt nur in Betracht, wenn die Beteiligungskosten Tochtergesellschaften betreffen, denen gegenüber die Holding keine Managementleistungen erbringt. Die Verwaltung/das nationale Gericht muss in solchen Fällen einen geeigneten Aufteilungsmaßstab finden. Die Anwendung eines Umsatzschlüssels nach dem Verhältnis der Erlöse aus der operativen Tätigkeit zu den Erlösen aus der Beteiligung, in die das beschaffte Kapital (teilweise) investiert wurde, könnte zu unzutreffenden Ergebnissen führen. „Umsätze“ im nichtwirtschaftlichen Bereich in Form von Dividenden stellen keinen adäquaten Maßstab dar, da Gewinnausschüttungen eine zufällige Größe darstellen und kein Zusammenhang zu den Aufwendungen für die Beteiligungen besteht. Zudem können auch Verluste entstehen, die für die Berechnung nicht herangezogen werden können. Andere sachgerechte Aufteilungsmaßstäbe sind nur schwer ersichtlich. Eine Aufteilung anhand betriebswirtschaftlicher Größen – wie der Anzahl der mit der Beteiligung befassten Personen, der im Zusammenhang mit der Beteiligung anfallenden Arbeitszeit oder der Einzelkosten – müsste objektiv widerspiegeln, welcher Teil der Eingangsumsätze den wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten tatsächlich zuzurechnen ist. Eine Aufteilung nach betriebswirtschaftlichen Größen wäre auch mit einem erheblichen administrativen Aufwand für die Unternehmen und die Steuerverwaltung verbunden.

Der EuGH hat implizit die Annahme des Generalanwalts bestätigt, dass der EuGH bereits in der Rechtssache Cibo ein vollständiges Vorsteuerabzugsrecht einer Holding für Erwerbskosten in Bezug auf die Beteiligung an einer Tochtergesellschaft anerkannt hatte, für die die Holding Managementleistungen erbringt. D.h., dass die von einer Holdinggesellschaft im Hinblick auf die durch die Übernahme von Beteiligungen an ihren Tochtergesellschaften entstandenen Kosten ausschließlich an die wirtschaftliche Tätigkeit der Holdinggesellschaft anknüpfen und nicht – auch nicht teilweise – an ihre in der Verwaltung der Anteile bestehende nichtwirtschaftliche Tätigkeit, und zum anderen, dass die Holdinggesellschaft grundsätzlich die gesamte Vorsteuer auf die Eingangsumsätze im Zusammenhang mit den Erwerbskosten in Abzug bringen kann.

Die im Zusammenhang mit dem Erwerb von Beteiligungen an ihren Tochtergesellschaften durch eine Holding, die in deren Verwaltung eingreift, aufgewendeten Kosten sind daher der wirtschaftlichen Tätigkeit dieser Holdinggesellschaft zuzurechnen. Dementsprechend ist die auf diese Kosten entfallene Steuer uneingeschränkt als Vorsteuer abziehbar. Anders ist es nur, wenn die wirtschaftliche Tätigkeit der Holding auf der Stufe der Eingangsumsätze steuerfrei ist. Dann erfolgt eine Aufteilung der Vorsteuer wie bei jeder anderen gemischten Ausgangstätigkeit. Die Aufteilung des Vorsteuerabzugs in einem solchen Fall ausschließlich wirtschaftlicher Tätigkeit regelt sich dann über Art. 17 Abs. 5 der 6. EG-Richtlinie (jetzt Art. 173 MwStSystRL).

Hinsichtlich der Organschaft ist nunmehr klar entschieden, dass die Voraussetzung einer finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung – im Sinne eines Über- und Unterordnungsverhältnisses – nicht mit Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der 6. EG-Richtlinie vereinbar ist. Bei der in dieser Vorschrift enthaltenen Formulierung, dass Personen „durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind“, handelt es sich – wie auch der BFH feststellte - um einen nicht hinreichend genauen Begriff, so dass die Vorschrift auch kein unmittelbares Berufungsrecht eröffnet. Von daher wird nunmehr der deutsche Gesetzgeber tätig werden müssen und es auch Personengesellschaften wie z.B. OHGs, KGs, aber auch BGB-Gesellschaften ermöglichen, Organgesellschaften zu sein. Die bisherige Regelung (die Personengesellschaften davon ausschließt, Organgesellschaften sein zu können) könnte nur beibehalten werden, wenn sie als (gem. Art. 11 Satz 2 MwStSystRL) geeignete Maßnahme zur Verhinderung von Steuermissbrauch in Organschaftsfällen erklärt werden könnte. Dies dürfte kaum gelingen. Da eine unmittelbare Berufung auf das Unionsrecht nicht möglich ist, könnten betroffene Gesellschaften bis zu einer Gesetzesänderung ihren Anspruch nur gerichtlich durchsetzen. Hierbei wäre aber fraglich, ob das jeweilige Gericht § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG gegen seinen eindeutigen Wortlaut, der nur juristische Personen als Organgesellschaften zulässt, EU-richtlinienkonform auslegen könnte.

Durch eine gesetzliche Neuregelung, die es Personengesellschaften erlaubt, Organgesellschaft zu sein, dürfte die bestehende Organschaftsregelung nicht zwangsläufig einfacher werden. Das Funktionieren der Organschaftsregelung setzt voraus, dass klar ist, wer innerhalb einer Organschaft die Verantwortung gegenüber den Steuerbehörden trägt. Nach den deutschen Vorschriften ist dies der Organträger. Damit der Organträger seiner Verantwortung gerecht werden kann, muss er das Handeln der Organgesellschaften steuern können. Dies ist bei Personengesellschaften nicht ohne Weiteres möglich. So besitzt bei einer Personengesellschaft jeder Gesellschafter ein Recht zur Geschäftsführung. Bei Kommanditgesellschaften steht dieses Recht jedenfalls jedem Komplementär zu. Eine entsprechende „Selbstorganschaft“ der Gesellschafter gibt es bei Kapitalgesellschaften nicht. Zudem gilt in Personengesellschaften normalerweise das Einstimmigkeitsprinzip, so dass eine Beherrschung der Gesellschaft durch einen Gesellschafter ausgeschlossen ist. Da der Organträger gegenüber den Organgesellschaften gleichsam als „Steuereintreiber“ auftritt und für deren steuerliche Verbindlichkeiten haftet, muss er die Geschäftsführung der Organgesellschaften auch steuern können. Dies ist nur möglich, wenn zwischen Organträger und Organgesellschaften ein Über-/Unterordnungsverhältnis besteht. Durch diese Anforderung konkretisiert § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG bisher die in der MwStSystRL aufgestellte Voraussetzung einer finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Verbindung unter Beachtung der Ziele der Richtlinie. Diesen Aspekt hat der EuGH aber nicht näher beleuchtet, sondern ein Über-/Unterordnungsverhältnis zwischen Organträger und Organgesellschaft bereits mit Blick auf den Wortlaut der unionsrechtlichen Bestimmung verneint.

EuGH Urteil vom 16.07.2015, verb. Rs. C-108/14 und C-109/14 (Beteiligungsgesellschaft Larentia + Minerva mbH & Co. KG)

Schlagworte zum Thema:  Umsatzsteuer, Organschaft, Personengesellschaft