ESt aus GbR-Beteiligung ist Masseverbindlichkeit

Die ESt-Schulden, die aus der Verwaltung eines zur Masse gehörenden Gesellschaftsanteils entstehen, der nach Insolvenzeröffnung fortgeführt oder durch den Insolvenzverwalter neu begründet und nicht freigegeben wurde, stellen Masseverbindlichkeiten dar.

Hintergrund

In 2007 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des S eröffnet. S war an einer GbR beteiligt. Das Feststellungs-FA stellte für die Streitjahre 2008 und 2009 die Gewinnanteile des S aus der Beteiligung fest. Die sich hieraus ergebende ESt setzte das zuständige FA gegenüber dem Insolvenzverwalter I mit der Begründung fest, es handele sich um Masseverbindlichkeiten. Dem folgte das FG und wies die Klage ab.

Entscheidung

Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters (hier S) wird eine GbR aufgelöst (§ 728 Abs. 2 BGB). Eine Fortsetzung unter den übrigen Gesellschaftern ist möglich, wenn eine entsprechende Vereinbarung vorliegt. Der insolvente Gesellschafter scheidet kraft Gesetzes aus (§ 736 Abs. 1 BGB). Zivilrechtlich ist ungeklärt, ob eine Fortführung der (bisherigen) GbR mit dem Insolvenzschuldner möglich ist. Die Frage kann hier offen bleiben, da - unabhängig von der zivilrechtlichen Rechtslage - aufgrund der faktischen Fortführung der GbR jedenfalls steuerrechtlich von einer neu begründeten Beteiligung des S auszugehen ist. Der (neue) Gesellschaftsanteil des S an der (neuen) GbR ist steuerrechtlich Teil der Insolvenzmasse und führt aufgrund einer Verwaltungsmaßnahme des I (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO) zu Masseverbindlichkeiten. Eine Verwaltungshandlung des I liegt darin, dass er den Anspruch auf Auszahlung der Einkünfte des S aus der GbR geltend machte und diese der Aufforderung durch Überweisung an I nachkam.

Da eine Freigabe des (neuen) Gesellschaftsanteils durch I nicht erklärt wurde, blieb der Anteil des S an der (neuen) GbR Teil der Insolvenzmasse. Die hieraus resultierenden Einkommensteuern stellen somit Masseverbindlichkeiten dar. Eine Freigabe hätte die unmissverständliche Erklärung des I vorausgesetzt, dauerhaft auf die Massezugehörigkeit zu verzichten. Unerheblich ist, dass I die dem S zugerechneten Gewinnanteile nicht vollständig zur Masse ziehen konnte. Darauf kommt es nach der InsO nicht (mehr) an.

Hinweis

Der BFH ergänzt, dass das FG das Verfahren nicht nach § 74 FGO aussetzen musste. Denn über die Frage, ob die nach der Insolvenzeröffnung begründeten ESt-Forderungen als Masseverbindlichkeiten zu qualifizieren sind, ist nicht im Gewinnfeststellungsverfahren, also nicht im Verfahren über einen Grundlagenbescheid, sondern im ESt-Festsetzungsverfahren zu entscheiden. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führte auch nicht zu einer (partiellen) Unterbrechung des Gewinnfeststellungsverfahrens hinsichtlich des Gewinnanteils des S entsprechend § 240 ZPO. Das wäre nur insoweit der Fall, als Insolvenzforderungen betroffen sind. Im Streitfall geht es jedoch nicht um Insolvenzforderungen, da der Einkünftetatbestand nicht vor der Insolvenzeröffnung verwirklicht wurde, sondern um Masseverbindlichkeiten. In diesem Fall kann (und muss) das Feststellungsverfahren fortgesetzt werden.

BFH, Urteil v. 1.6.2016, X R 26/14, veröffentlicht am 24.8.2016


Schlagworte zum Thema:  Insolvenz, GbR, Einkommensteuer