Ermäßigt besteuerter Arbeitslohn für mehrjährige Tätigkeit

Nach der Fünftelregelung zu besteuernde Einkünfte können auch vorliegen, wenn es sich nicht um einmalige Sondereinkünfte handelt, die für die Berufstätigkeit unüblich sind und nicht regelmäßig anfallen.

Hintergrund

Streitig war, ob eine nach der sog. Fünftelregelung (§ 34 EStG) ermäßigt zu besteuernde Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit vorliegt.

A ist Vorstand einer als gemeinnützig anerkannten Stiftung, die sich überwiegend aus Spenden finanziert. Die Rechtsbeziehungen zwischen ihm und der Stiftung sind in einem Dienstvertrag geregelt.

A erklärte für 2007, bei seiner von der Stiftung erhaltenen Tätigkeitsvergütung handele es sich um ermäßigt zu besteuernden Arbeitslohn für mehrere Jahre. Denn der Lohnzahlungszeitraum sei ausnahmsweise - mit seinem Einverständnis - von 12 auf 14 Monate erweitert worden. Dadurch sei der monatliche Durchschnittsbetrag seiner Bezüge um mehr als 10 % reduziert und eine möglicherweise unangemessen hohe gemeinnützigkeitsschädliche Vergütung vermieden worden.

Entgegen der Sachbehandlung durch das FA bejahte das FG eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG und gab der Klage statt.

Entscheidung

Mit dem FG vertritt auch der BFH eine großzügigere Auffassung als das FA.

Nach der Fünftelregelung ermäßigt zu besteuernde außerordentliche Einkünfte sind insbesondere Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten. Die Legaldefinition (§ 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG) sieht eine Tätigkeit als mehrjährig an, soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als 12 Monate umfasst. Anders als bei Einkünften aus selbständiger Arbeit muss es sich bei Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit nicht um eine abgrenzbare Sondertätigkeit handeln. Insbesondere ist es nicht erforderlich, dass die Tätigkeit von der regelmäßigen Erwerbstätigkeit abgrenzbar ist oder die in mehreren Veranlagungszeiträumen erdiente Vergütung auf einem besonderen Rechtsgrund beruht, der diese von den laufenden Einkünften unterscheidbar macht. Denn bei einem Arbeitnehmer ist jede Vergütung, für eine Tätigkeit, die sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als 12 Monaten umfasst, atypisch zusammengeballt und damit "außerordentlich". 

Nicht ausreichend ist es, dass der Arbeitslohn in einem anderen Veranlagungszeitraum als dem zufließt, zu dem er wirtschaftlich gehört. Die Entlohnung muss vielmehr für sich betrachtet zweckbestimmtes Entgelt für eine mehrjährige Tätigkeit sein, die Vergütung folglich für einen Zeitraum von mehr als 12 Monaten und veranlagungszeitraumübergreifend geleistet werden. Darüber hinaus müssen wirtschaftliche Gründe für die zusammengeballte Entlohnung vorliegen.

Hiervon ausgehend ist die streitige Vergütung des A ermäßigt zu besteuern. Der Lohnzahlungszeitraum wurde einvernehmlich auf 14 Monate verlängert. Es wurde insbesondere nicht lediglich vereinbart, dass zusätzlich zum jährlichen Arbeitslohn eine Abschlagszahlung für die folgenden zwei Monate zu leisten war. Für die Verlängerung des Lohnzahlungszeitraums und die damit verbundene Zusammenballung des Arbeitslohns lagen auch wirtschaftlich vernünftige gemeinnützigkeitsrechtliche Gründe vor.

Hinweis

Das FA ging davon aus, Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten seien nur dann begünstigt, wenn es sich - zusätzlich - um außerordentliche Einkünfte handele. Der BFH sieht diese Einschränkung nur bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit oder Gewerbebetrieb als sachgerecht an. Denn bei diesen Einkunftsarten ist es nicht außergewöhnlich, dass in den laufenden Einkünften neben gleichmäßigen Einnahmen auch zufällige und schwankende Zuflüsse enthalten sind. Anders als der Selbständige ist der Arbeitnehmer in seinen Dispositionen grundsätzlich nicht frei. Beim Arbeitnehmer ist daher jede Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit atypisch zusammengeballt und damit außerordentlich. Die mehrjährige Zweckbestimmung kann sich aus dem Anlass der Zuwendung oder den Gesamtumständen ergeben. 

Das Merkmal der wirtschaftlich vernünftigen Gründe dient der Verhütung von Missbräuchen. Eine nur willkürliche Zusammenballung aus rein steuerlichen Gründen schließt daher die Tarifbegünstigung aus. Die wirtschaftlich vernünftigen Gründe können auf Seiten des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers liegen. Hier lagen auf Seiten der Stiftung wirtschaftlich vernünftige Gründe vor. Denn der Lohnzahlungszeitraum wurde aus nachvollziehbaren gemeinnützigkeitsrechtlichen - nicht steuerlichen - Gründen verlängert.

BFH, Urteil v. 7.5.2015, VI R 44/13, veröffentlicht am 12.8.2015