Nachträgliche Minderung der Anschaffungskosten wegen eines früheren Investitionsabzugsbetrags

Eine GmbH hatte in ihrer Körperschaftsteuererklärung für 2011 außerhalb ihrer Bilanz einen Investitionsabzugsbetrag in Höhe von 200.000 EUR für die geplante Anschaffung mehrerer Windenergieanlagen gebildet. Nach Lieferung der Anlagen im folgenden Jahr rechnete sie den Investitionsabzugsbetrag außerhalb der Bilanz zu ihrem Gewinn hinzu. Sie unterließ es jedoch, die Anschaffungskosten der Anlagen in ihrer Steuerbilanz (in der Form einer Handelsbilanz mit Übergangsrechnung zur Steuerbilanz) um den Investitionsabzugsbetrag zu mindern. Erst später reichte sie eine geänderte Bilanz ein und beantragte eine Minderung des Gewinns um den Investitionsabzugsbetrag. Das Finanzamt lehnte diesen Antrag ab, weil eine Änderung der Bilanz nicht mehr zulässig sei. § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG lasse nach Einreichen der Bilanz beim Finanzamt lediglich die Korrektur fehlerhafter Bilanzansätze zu, nicht ein abweichendes Ausüben gegebener Bilanzierungswahlrechte. Hinsichtlich der Kürzung der Anschaffungskosten um den Investitionsabzugsbetrag räume das Gesetz dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht ein.
Keine Änderung nach Eingang der Bilanz beim Finanzamt
Das Finanzgericht bestätigt die Auffassung des Finanzamts. Das Wahlrecht für das Bilden eines Investitionsabzugsbetrags wird zwar außerhalb der Bilanz ausgeübt. Die wahlweise Kürzung der Anschaffungskosten geschieht dagegen innerhalb der Bilanz. Verzichtet ein Steuerpflichtiger hierauf, kann er in den folgenden Jahren entsprechend höhere laufende Abschreibungen in Anspruch nehmen. Da eine Bilanz ohne Anrechnung des Investitionsabzugsbetrags nicht fehlerhaft ist, schließt das Gesetz eine Änderung nach Eingang beim Finanzamt aus. In dem Verzicht auf die Anrechnung liegt aus denselben Gründen auch keine offenbare Unrichtigkeit, die eine Korrektur der Steuerfestsetzung rechtfertigen würde.
Ist die Regelung zur Bilanzänderung noch zeitgemäß?
Die Entscheidung des Finanzgerichts orientiert sich an den geltenden gesetzlichen Bestimmungen. Das unbefriedigende Ergebnis beruht deshalb auf der kaum noch zeitgemäßen Bestimmung des § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG über Bilanzänderungen. Nachdem den Steuerpflichtigen erlaubt wird, andere Wahlrechte oft bis zur Bestandskraft des Steuerbescheids abweichend auszuüben, sollte diese Möglichkeit angesichts der kaum noch zu überblickenden Komplexität des Steuerrechts auch bei Bilanzierungswahlrechten geschaffen werden. Ob der Bundesfinanzhof berechtigt wäre, ohne Änderung des Gesetzes eine sachgerechte Lösung zu schaffen, ggf. unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, erscheint fraglich. Für die Steuerpflichtigen ist der Ratschlag zu wiederholen, Bilanzen vor dem Einreichen noch sorgfältiger zu prüfen als die restliche Steuererklärung.
FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 21.2.2018, 3 K 329/15, Haufe Index 11770907
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