BFH Kommentierung: Einheitsbewertung einer Kiesgrube

Eine zum Abbau eines Bodenschatzes verpachtete Fläche verliert ihre Zuordnung zum Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nicht, wenn die Rekultivierung und die Wiederaufnahme der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung vorgesehen sind.

Hintergrund: Zum Kiesabbau überlassene Ackerflächen

A ist Inhaberin eines LuF Betriebes. Sie war zu den Bewertungsstichtagen 1.1.2007 und 1.1.2010 Eigentümerin von Flurstücken, die früher im ursprünglichen Sinne LuF genutzt wurden.

Auf der Grundlage eines von ihren Rechtsvorgängern in 1988 abgeschlossenen Pachtvertrages überließ sie zu den beiden Stichtagen Teilflächen einem gewerblich tätigen Fremdunternehmer zum Abbau von Kies und Sand. Das Ausbeuterecht endete nach restloser Auskiesung und Rekultivierung, spätestens nach 30 Jahren. Danach war wieder die landwirtschaftliche Nutzung durch den Verpächter vorgesehen.

Das FA stellte für die Kiesgrube als eigene wirtschaftliche Einheit die Grundstücksart "unbebautes Grundstück" fest. A begehrte, die Kiesabbauflächen weiterhin dem LuF Vermögen zuzuordnen. Dem entsprach das FG. Die Nutzungsüberlassung sei vorübergehend, da die Fortsetzung der LuF Nutzung nach der Beendigung der Abbautätigkeit beabsichtigt sei.

Entscheidung: Zuordnung zum landwirtschaftlichen Betrieb bei beabsichtigter Wiederaufnahme der landwirtschaftlichen Nutzung

Eine zum Kiesabbau genutzte Fläche kann zum Betrieb der LuF gehören, wenn die Rückführung in die LuF Nutzung vorgesehen ist.

Begriff des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens

Zum LuF Vermögen gehören alle Wirtschaftsgüter, die einem Betrieb der LuF dauernd zu dienen bestimmt sind (§ 33 Abs. 1 Satz 1 BewG). Der Betrieb umfasst den Wirtschaftsteil und den Wohnteil. Zum Wirtschaftsteil gehört u.a. das Abbauland (§ 34 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a BewG), bei dem jedoch der Abbau der Bodensubstanz gerade dem LuF Betrieb dienen muss. Der Katalog der Nutzungen in § 34 Abs. 1 und 2 BewG ist jedoch nicht abschließend. Die Zuordnung zum Betrieb der LuF bestimmt sich vielmehr nach dem allgemeinen Maßstab des § 33 Abs. 1 Satz 1 BewG (BFH v. 9.4.2008, II R 24/06, BStBl II 2008, 951). Danach muss das Wirtschaftsgut dem Betrieb der LuF "dauernd zu dienen bestimmt" sein.

Beabsichtigte Wiederaufnahme der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung

Wird Grund und Boden zu nicht der LuF dienenden Zwecken genutzt, ohne dass ein Ende der anderweitigen Nutzung konkret absehbar ist, dient er dem Betrieb der LuF nicht mehr. Dem entsprechend hat der BFH Flächen, die an einen Poloverein (BFH v. 13.8.1996, II R 41/94, BFH/NV 1997, 169) bzw. einen Golfverein (BFH v. 20.10.2004, II R 34/02, BStBl II 2005, 256) verpachtet waren, nicht mehr dem LuF Vermögen zugerechnet. Sie werden so bewertet, wie es der Nutzung durch die Pächter entspricht. Anders ist es, wenn von vornherein die Wiederaufnahme der LuF Nutzung geplant ist. Denn dann ist der Grund und Boden weiterhin dem Betrieb der LuF "dauernd zu dienen bestimmt". Das kann bei einer zum Kiesabbau genutzte Fläche der Fall sein. Es reicht aus, dass die Rekultivierung und die Rückführung in die LuF Nutzung vorgesehen sind. Auf die Zeitspanne, binnen derer dies zu geschehen hat, kommt es nicht an.

Fortbestand der land- und forstwirtschaftlichen Zweckbestimmung

Auch bei einer vorübergehenden anderweitigen Nutzung des Grund und Bodens ist der dauerhafte Funktionszusammenhang mit dem LuF Betrieb nicht unterbrochen. Der Fortbestand der LuF ist nicht auf die Fälle der Stilllegung im Sinne einer Nichtnutzung beschränkt. Für die Frage, welche dauerhafte Zweckbestimmung ein Wirtschaftsgut besitzt, stellt es keinen Unterschied dar, ob eine vorübergehende nicht diesem Zweck entsprechende Nutzung eine Nichtnutzung oder eine anderweitige Nutzung ist. Das gilt auch für die zeitweilige Überlassung von Grund und Boden für den Abbau grundeigener sowie nicht dem Bundesberggesetz (BbergG) unterliegender Bodenschätze. Für die Zweckbestimmung des Grund und Bodens kommt es auf das bergrechtliche Regime sowie die Frage des Eigentums am Bodenschatz nicht an.

Keine geänderte Zweckbestimmung im Streitfall

Hiervon ausgehend ist der durch die Kiesgrube in ihrer jeweiligen Ausdehnung in Anspruch genommene Grund und Boden weiterhin dem Betrieb der LuF der A dauernd zu dienen bestimmt. Die Kiesgrube stellt deshalb keine selbständige wirtschaftliche Einheit i.S. des § 2 BewG dar und ist nicht für sich zu bewerten. Der Pachtvertrag sah die Rekultivierung der Flächen nach längstens 30 Jahren, je nach Fortschreiten des Abbaus auch schon früher vor. Damit hatte sich an ihrer dauerhaften Zweckbestimmung für den LuF Betrieb nichts geändert. Es handelte sich lediglich um eine vorübergehende anderweitige Nutzung, die unschädlich ist.

Hinweis: Großzügige Auffassung des BFH

Die Finanzverwaltung geht davon aus, dass Grund und Boden, der einem Betrieb der LuF dauernd zu dienen bestimmt ist, auch dann zum LuF Vermögen gehört, wenn er auf bestimmte oder unbestimmte Zeit nicht LuF genutzt oder der Betrieb ganz oder in Teilen auf bestimmte oder unbestimmte Zeit nicht bewirtschaftet wird. Das sei regelmäßig der Fall, wenn er keine andere Zweckbestimmung erhalten hat, die zu einer Zuordnung zum Grund- oder Betriebsvermögen führe, z.B. auf bestimmte oder unbestimmte Zeit stillgelegte Flächen (Abschn. R B 158.1 Abs. 5 ErbStR 2019). Demgegenüber sieht der BFH auch eine geänderte Zweckbestimmung als unschädlich an, sofern sie nur vorübergehend ist, wobei die Zeitdauer von 30 Jahren nicht kleinlich erscheint.

BFH Urteil vom 22.07.2020 - II R 28/18 (veröffentlicht am 26.11.2020)

Alle am 26.11.2020 veröffentlichten Entscheidungen des BFH.

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