Betriebsaufspaltung: Zufluss nicht ausgezahlter Mieten

Es kann vorkommen, dass im Rahmen einer Betriebsaufspaltung die Mieten beim Besitzunternehmen, das seinen Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, nicht zum Fälligkeitstag ausgezahlt werden. Fraglich ist dann, ob sie bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit als Betriebseinnahme zu berücksichtigen sind.

Beispiel: A ist Alleingesellschafter und alleiniger Geschäftsführer einer GmbH. Er hat mit der GmbH im Rahmen einer Betriebsaufspaltung einen Mietvertrag über die Überlassung von Fahrzeugen und maschinellen Einrichtungen geschlossen. Die monatliche Miete beträgt danach 8.000 EUR zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer von 1.520 EUR und ist jeweils zum 1. eines Monats vorschüssig fällig. Den Gewinn seines „Besitzunternehmens“ ermittelt A nach § 4 Abs. 3 EStG.

Die aufgrund des Mietvertrags geschuldeten Mieten für März 2019 (fällig am 01.03.2019) bis Dezember 2019 (fällig am 01.12.2019) in Höhe von insgesamt 95.200 EUR zahlte die GmbH nicht zum Fälligkeitszeitpunkt. A erfasste sie in seiner Gewinnermittlung seines gewerblichen Besitzunternehmens für 2019 nicht als Einnahmen. Die GmbH passivierte in ihrer Bilanz zum 31.12.2019 einen Betrag von 95.200 EUR. Andere Verpflichtungen, d. h. sowohl gegenüber Drittgläubigern als auch gegenüber A (hier: Gehaltsansprüche), erfüllte die GmbH hingegen.

Am 31.03.2020 vereinbarten A und die GmbH wegen rückständiger Mieten für das Jahr 2019 einen Forderungsverzicht mit Besserungsschein. Einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellte die GmbH nicht. Das Finanzamt ging aufgrund der beherrschenden Stellung des A von einem Zufluss zum Fälligkeitszeitpunkt aus und berücksichtigte die Mieten im Jahr 2019 bei A als Betriebseinnahmen.

Zuflussfiktion beim beherrschenden Gesellschafter

Bei beherrschenden Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft wird angenommen, dass sie über eine von der Gesellschaft geschuldete Vergütung bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit verfügen können und ihnen damit entsprechende Einnahmen zugeflossen sind (BFH Urteil vom 14.02.1984 - VIII R 2/12; Urteil vom 15.05.2013 - VI R 24/12; Urteil vom 02.12.2014 - VIII R 2/12). Gerechtfertigt wird dies damit, dass es der beherrschende Gesellschafter in der Hand habe, solche Beträge stehen oder sich auszahlen zu lassen.

Zuflussfiktion erfasst nur Ansprüche, die bei der GmbH gewinnmindernd passiviert wurden

Von dieser Zuflussfiktion werden nach Auffassung des BFH nur Gehaltsbeträge und sonstige Vergütungen erfasst, die die Kapitalgesellschaft den sie beherrschenden Gesellschaftern schuldet und die sich bei der Ermittlung ihres Einkommens ausgewirkt haben (BFH Urteil vom 03.02.2011 - VI R 4/10). Die von der GmbH passivierten Vergütungen sind danach beim beherrschenden Gesellschafter in der Höhe als Einkünfte anzusetzen, in der sie bei der Gewinnermittlung der GmbH als Betriebsausgaben anerkannt worden sind.

Ausnahme von der Zuflussfiktion

Die Gesellschafter können nur dann nicht über die Beträge, die die Gesellschaft ihnen schuldet, verfügen, wenn die Gesellschaft illiquide ist. Der BFH nimmt keinen Zufluss an, wenn die GmbH zahlungsunfähig ist. Nicht abschließend geklärt ist, wann eine solche "Zahlungsunfähigkeit" vorliegt. Dies ist sicher dann gegeben, wenn das Insolvenzverfahren eingeleitet wurde (Schiffers, DStZ 2020 S. 102).

Urteil des FG Münster

Das FG Münster geht davon aus, dass Zahlungsunfähigkeit in diesem Zusammenhang nur dann zu bejahen, wenn die Erfüllung der Forderung entweder faktisch unmöglich oder rechtlich nicht zulässig ist (FG Münster Urteil vom 04.09.2019 - 4 K 1538/16 E,G). Kann die Gesellschaft die für fällige Verbindlichkeiten notwendigen Zahlungsmittel "schlechterdings" nicht aufbringen,  könne man dies im Sinne der faktischen Unmöglichkeit zur Zahlung verstehen. Solange aber andere Verbindlichkeiten in nicht unerheblichem Umfang (nominal wie auch relational gemessen am Gesamtumfang der Verbindlichkeiten) erfüllt werden, sei eine GmbH nicht "schlechterdings" gehindert, ihre fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen.

Die Geschäftsführer einer GmbH seien der Gesellschaft zwar nach § 64 Satz 1 GmbHG zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden. Das Gericht hat jedoch grundsätzliche Zweifel daran, ob eine Norm wie § 64 Satz 1 GmbHG den Fälligkeitszufluss hindern kann.

Praxis-Tipp: Revisionsverfahren anhängig

Das FG Münster hat die Revision gegen sein Urteil u.a. im Hinblick darauf, dass sich der BFH noch nicht ausdrücklich mit der Frage befasst hat, welche Relevanz das sog. Zahlungsverbot des § 64 Satz 1 GmbH für den Fälligkeitszufluss hat (Az. der anhängigen Revision: III R 58/19). Einschlägige Fälle sollten offen gehalten werden, bis der BFH über die Revision entschieden hat.