Zwangsentnahme des Sonderbetriebsvermögens

Scheidet ein Gesellschafter aus einer Personengesellschaft durch Tod aus, ohne dass seine Erben in seine Gesellschafterstellung nachrücken, stellt sich die Frage, ob Wirtschaftsgüter, die der verstorbene Gesellschafter der Gesellschaft miet- oder pachtweise überlassen hat, ihre Eigenschaft als Sonderbetriebsvermögen verlieren.

Beispiel: Erbengemeinschaft aus Gesellschaftern und Nichtgesellschaftern

A hat der X-GmbH & Co. KG, an der er selbst zu 50% als Kommanditist beteiligt ist, ein Grundstück verpachtet. Das Grundstück wird von der KG betrieblich genutzt und ist daher in einer Sonderbilanz des A als Sonderbetriebsvermögen ausgewiesen. A starb im Jahre 2018. Er wurde von seinen beiden Kindern S und T zu je ½ beerbt.

Der Gesellschaftsvertrag sieht vor, dass die KG beim Tod des Erblassers A nur mit S fortgesetzt werden soll (qualifizierte Nachfolgeklausel). Dementsprechend wird die KG nach dem Tode des A mit S als Kommanditist fortgesetzt. Die Erbengemeinschaft S/T verpachtet das Grundstück wie bisher an die KG. Bei der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung für das Jahr 2018 vertritt das Finanzamt die Auffassung, das pachtweise der KG überlassene Grundstücke sei zu 50% mit dem Tod des A als entnommen anzusehen.

Auffassung des BFH

Die Eigenschaft eines Wirtschaftsguts als Sonderbetriebsvermögen endet spätestens mit dem Zeitpunkt, in dem der Eigentümer dieses Wirtschaftsgut als Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet. Mit dem Ende der Beteiligung wird dieses Wirtschaftsgut Privatvermögen des Gesellschafters bzw. seiner Erben.

Entsprechendes gilt, wenn ein bisher zum Sonderbetriebsvermögen gehörendes Wirtschaftsgut im Erbwege auf eine aus Gesellschaftern und Nichtgesellschaftern bestehende Erbengemeinschaft übergeht. In einem solchen Fall wird das Wirtschaftsgut, das den Erben nach §§ 2032 ff. BGB zur gesamten Hand zusteht, den Beteiligten so zugerechnet, als wären sie nach Bruchteilen berechtigt (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO). Die dem oder den Gesellschaftererben zustehenden Anteile an dem Wirtschaftsgut können als Sonderbetriebsvermögen weiterbestehen. Die übrigen – auf die Nichtgesellschaftererben entfallenden – Anteile verlieren dagegen ihre Eigenschaft als Sonderbetriebsvermögen (BFH, Urteil v. 24.4.1975, IV R 115/73, BStBl 1975 II S. 580); in dem Ausscheiden dieser Anteile aus dem Betriebsvermögen liegt eine gewinnverwirklichende Entnahme.

Rechtsvorgang genügt für die Annahme einer Entnahme

Eine Entnahme setzt nicht begriffsnotwendig eine Entnahmehandlung voraus, es genügt auch ein Rechtsvorgang, um ein Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen ausscheiden zu lassen. Im Beispielsfall ist der Tod des A ein solcher Vorgang gewesen; er hat das Ausscheiden des auf den Nichtgesellschaftererben T entfallenden Grundstücksanteils aus dem Sonderbetriebsvermögen und damit die Entnahme dieses Grundstücksanteils zur Folge. Beim Vorhandensein von Sonderbetriebsvermögen führt also eine qualifizierte Nachfolgeklausel zur teilweisen Zwangsentnahme des Sonderbetriebsvermögens, nämlich insoweit, wie es nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO den nicht qualifizierten Miterben zuzurechnen ist.

Mit dem Teilwert zu bewertende Entnahme von 50% des Grundstück

Nach dem Tod des A gehört das Grundstück nur noch zu 50% dem S, der als Gesellschafter dem A nachfolgt. Insoweit muss S den Buchwert des Grundstücks fortführen. Zu 50% gehört es jedoch einer Person (T), die nicht Gesellschafter der KG wird. Insoweit kann das Grundstück folglich nicht mehr Sonderbetriebsvermögen der KG sein. Mit dem Tod des A ist das Grundstück zu 50% aus dem Betriebsvermögen der KG ausgeschieden. Es handelt sich um eine mit dem Teilwert zu bewertende Entnahme. Der Vorgang stellt sich als eine Entnahme durch den verstorbenen Gesellschafter A dar (BFH, Urteil v. 29.10.1991, VIII R 51/84, BStBl 1992 II S. 512). Der Entnahmegewinn wird dem Erblasser zugerechnet; denn der nicht qualifizierte Miterbe T wird zu keinem Zeitpunkt Gesellschafter und Mitunternehmer.

Praxis-Tipp: Vorsicht bei qualifizierter Nachfolgeklauseln

Bei Testamenten und sonstigen erbrechtlichen Regelungen, die den Übergang wertvollen Betriebsvermögens auf Personen vorsehen, die nach dem Erbfall nicht Mitunternehmer der Gesellschaft werden, aus der der Erblasser ausgeschieden ist, ist höchste Vorsicht geboten. Aus steuerlicher Sicht ist hiernach bei wertvollem Sonderbetriebsvermögen von der Vereinbarung qualifizierter Nachfolgeklauseln abzuraten. Eine teilweise Zwangsentnahme des Sonderbetriebsvermögens hätte vorliegend vermieden werden können, wenn der Erblasser A den qualifizierten Miterben S zum Alleinerben eingesetzt und T mit Vermächtnissen bedacht hätte.