Vorbehaltsnießbrauch bei Grundstücksübertragungen

Der Vorbehaltsnießbrauch ist bei Grundstücksübertragungen auf die nachfolgende Generation eine beliebte Gestaltungsvariante. Fraglich ist, ob es zur Beendigung einer Betriebsaufspaltung kommt, wenn Besitz- und Betriebsunternehmen unter Vorbehalt des Nießbrauchs übertragen werden.

Beispiel: Übertragung Besitzeinzelunternehmens und Anteile an der Betriebs-GmbH

V hat der X-GmbH für deren betriebliche Zwecke ein Grundstück verpachtet. Alleiniger Anteilseigner der X-GmbH ist V, sodass zwischen dem Besitzeinzelunternehmen des V und der X-GmbH eine Betriebsaufspaltung vorliegt.

Am 30.12.2016 überträgt V seinem Sohn S das Grundstück und seine GmbH-Beteiligung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Bezüglich des Einzelunternehmens behält sich V auf Lebenszeit das unentgeltliche Nießbrauchsrecht an dem übertragenen Grundbesitz vor. Das Nießbrauchsrecht bezieht sich auch auf die GmbH-Anteile. Im übertragenen Besitzeinzelunternehmen sind stille Reserven von 400.000 EUR enthalten (GmbH-Beteiligung 300.000 EUR, Gebäudegrundstück 100.000 EUR).

Dass durch einen Grundstücksnießbrauch auch eine personelle Verflechtung entstehen bzw. erhalten bleiben kann, hat der BFH in einer älteren Entscheidung eher beiläufig erwähnt (BFH, Urteil v. 24.8.1989, IV R 135/86). Überträgt ein Steuerpflichtiger an eine GmbH verpachtete Grundstücke z. B. auf seine Kinder und behält er sich den Nießbrauch vor, so übt er die Verpachtungstätigkeit (= Besitzunternehmen) kraft des ihm zustehenden Nießbrauchs aus. Besitzt der Nießbraucher darüber hinaus die Mehrheit an der Betriebs-GmbH, so liegen die personellen Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung weiterhin vor. Denn die Betriebsgrundlagen (Grundstücke), die das Besitzunternehmen (Nießbraucher) zur Verfügung stellt, müssen nicht im Eigentum seines Inhabers stehen; sie können auch von einem Dritten zur Nutzung überlassen worden sein (BFH, Urteil v. 12.10.1988, X R 5/86). Dies kann im Rahmen des Nießbrauchsverhältnisses durch den Nießbraucher geschehen.

Praxis-Tipp: Beherrschung der Betriebs-GmbH entfällt

Wird ein Besitzeinzelunternehmen – wie vorliegend – gleichzeitig mit den Anteilen an der Betriebs-GmbH unter Nießbrauchvorbehalt unentgeltlich auf einen Dritten übertragen, endet nach einer neueren Entscheidung des BFH die Betriebsaufspaltung (BFH, Urteil v. 21.1.2015, X R 16/12, Rn. 43 ff.). Es kommt zu einer gewinnrealisierenden Betriebsaufgabe, weil der Nießbraucher (hier: V) zwar Einzelunternehmer bleibt, jedoch die GmbH nicht mehr beherrscht, denn die Stimmrechte stehen primär dem (neuen) Gesellschafter (hier: S) zu.

Der BFH beruft sich auf die Rechtsprechung, wonach trotz Einräumung eines Nießbrauchs dem Gesellschafter das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung erhalten bleibt (BGH, Urteil v. 9.11.1998, II ZR 213/97). Der Nießbraucher (hier: V) hat an den Gesellschaftsanteilen zwar ein dingliches Nutzungsrecht, ist aber nicht mehr GmbH-Gesellschafter. Die Kompetenz des GmbH-Gesellschafters (hier: S), bei Beschlüssen, welche die Grundlagen der Gesellschaft betreffen, selber abzustimmen, wird ihm durch die Einräumung eines Nießbrauchs an seinem Anteil nicht genommen.

Damit beherrscht nach der Übertragung der Geschäftsanteile an der V-GmbH im Beispielsfall nur S die Betriebs-GmbH. Die personelle Verflechtung zwischen Besitzunternehmen und Betriebsgesellschaft ist entfallen. Es kommt zu einer Betriebsaufgabe i. S. d. § 16 Abs. 3 EStG. Die stillen Reserven von insgesamt 400.000 EUR sind aufzudecken.
Die auf die GmbH-Beteiligung entfallenden stillen Reserven von 300.000 EUR unterliegen dem Teileinkünfteverfahren und sind daher nur zu 60 % = 180.000 EUR steuerpflichtig, können aber andererseits auch nicht begünstigt besteuert werden (§ 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG). Der auf das übrige Betriebsvermögen entfallende Aufgabegewinnanteil von 100.000 EUR ist dagegen nach § 34 EStG begünstigt.

Praxis-Tipp: Keine Betriebsaufgabe

Nicht beendet wäre die personelle Verflechtung, wenn anstelle des Besitzeinzelunternehmens eine Besitzpersonengesellschaft stehen würde. Auch bei einer Personengesellschaft stehen trotz Nießbrauchsvorbehalt die Stimmrechte – wie bei der GmbH – den Gesellschaftern zu (BGH, Urteil v. 9.11.1998, II ZR 213/97, Rn. 45; Brandmüller, Betriebsaufspaltung, Lief. 5/2016, Gruppe 2/A 3 S. 5859).