Verkauf selbst genutzter Wohnimmobilie mit Arbeitszimmer

Wird eine selbst bewohnte Immobilie, in der sich ein betrieblich/beruflich genutztes Arbeitszimmer befindet, innerhalb der 10-Jahres-Frist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG veräußert, stellt sich die Frage, ob der auf das Arbeitszimmer entfallende Veräußerungsgewinn zu versteuern ist.

Arbeitszimmer als Wirtschaftsgut?

Das FG Köln hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass – jedenfalls im Rahmen von Überschusseinkünften – das häusliche Arbeitszimmer kein selbstständiges Wirtschaftsgut darstellt. Das häusliche Arbeitszimmer sei Teil des privaten Wohnbereichs des Steuerpflichtigen und gehöre damit zur Wohnnutzung i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG, die eine Versteuerung als privates Veräußerungsgeschäft ausschließe (FG Köln Urteil vom 20.03.2018 - 8 K 1160/15; das unter dem Az. des BFH: IX R 11/18 anhängig gewesene Revisionsverfahren wurde nach Rücknahme der Revision eingestellt). Auch das FG München hat erhebliche Zweifel, ob ein Arbeitszimmer ein selbstständiges Wirtschaftsgut i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG i.V. mit § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG sein kann (FG München Beschluss vom 14.01.2019 - 15 V 2627/18).

Finanzverwaltung: Arbeitszimmer ist ein selbstständiges Wirtschaftsgut

Das BMF hat jedoch in seiner Stellungnahme im Rahmen der Grundsatzentscheidung des Großen Senats darauf hingewiesen, dass das Arbeitszimmer ein selbstständiges Wirtschaftsgut sei (BFH Beschluss vom 27.07.2015 - GrS 1/14, Rn. 13, 25 f.; ebenso bereits BMF, Schreiben v. 5.10.2000, IV C 3 - S 2256 - 263/00, Rn. 16). Auch in der Literatur wird die Ansicht vertreten, dass das häusliche Arbeitszimmer im Rahmen des § 23 EStG einer eigenständigen steuerrechtlichen Beurteilung unterliegt und nicht als unselbständiger Teil der übrigen Wohnung zu sehen ist.

Dient das häusliche Arbeitszimmer Wohnzwecken?

Eine andere Frage ist, ob das häusliche Arbeitszimmer Wohnzwecken dient. Bejaht man diese Frage, dann käme die Ausnahmeregelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG zur Anwendung, wonach von der Veräußerungsgewinnbesteuerung Wirtschaftsgüter ausgenommen sind, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden. Die Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, dass ein häusliches Arbeitszimmer nicht Wohnzwecken dient (BMF, Schreiben v. 5.10.2000, IV C 3 - S 2256 - 263/00, Rn. 21).

Aktualisierung: Revisionsverfahren anhängig

Das FG Baden-Württemberg hat dagegen entschieden, dass ein bei einer Arbeitnehmertätigkeit als Werbungskosten geltend gemachtes häusliches Arbeitszimmer bei der Veräußerung der Eigentumswohnung den Wohnzwecken zuzuordnen ist, sodass kein privates Veräußerungsgeschäft vorliege (Urteil vom 23.07.2019 - 5 K 338/19). Die Finanzverwaltung hat gegen das Urteil Revision eingelegt, weil es gegen die Verwaltungsauffassung verstößt (Az. der Revision: IX R 27/19). Streitfälle sollten offengehalten werden. Einsprüche, die sich auf dieses Verfahren berufen, ruhen kraft Gesetzes nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO (OFD NRW, Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 4/2000 v. 11.5.2020, DStR 2000, S. 1739).