Mieterabfindung keine anschaffungsnahen Herstellungskosten

Abfindungen, die ein Wohnungskäufer den bisherigen Mietern zahlt, damit sie die Wohnungen vorzeitig räumen, um geplante Renovierungsmaßnahmen schneller durchführen zu können, sind keine anschaffungsnahen Herstellungskosten. Es handelt sich um sofort abzugsfähige Werbungskosten.

Grundsätzlich gehören zu den Herstellungskosten eines Gebäudes auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (anschaffungsnahe Herstellungskosten, § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 i. V. m. § 9 Abs. 5 Satz 2 EStG).

Streitfall beim BFH zu Mieterabfindungen

In einem vom BFH entschiedenen Fall hatte eine GbR eine denkmalgeschützte Immobilie mit vier Wohnungen gekauft und in den folgenden zwei Jahren renoviert. Um Mieter aufgrund von den geplanten Renovierungsarbeiten zum vorzeitigen Auszug zu bewegen, zahlte die GbR den Mietern Abfindungen. Die beantragte den sofortigen Werbungskostenabzug, das Finanzamt behandelte die Abfindungen dagegen als anschaffungsnahe Herstellungskosten, weil unter Einbeziehung der weiteren Renovierungskosten die im Gesetz genannte 15 Prozent-Grenze in Bezug auf die Anschaffungskosten des Gebäudes überschritten waren.

FG Münster: Anschaffungsnahe Herstellungskosten

Das FG Münster hat die Auffassung vertreten (Urteil v. 12.11.2021, 4 K 1941/20 F), dass nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG als Aufwendungen "für" Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen nicht nur Baukosten im technischen Sinne in Betracht kämen. Vielmehr reiche ein unmittelbarer Zurechnungs- bzw. Veranlassungszusammenhang zu der baulichen Maßnahme aus. Die Abfindungen seien unmittelbar durch die Renovierungsmaßnahmen veranlasst, weil diese durch den Auszug der Mieter schneller und einfacher durchzuführen gewesen seien.

BFH: Sofort abzugsfähige Werbungskosten

Diese Auffassung vertritt der BFH aber nicht (Urteil v. 20.09.2022, IX R 29/21). Auch wenn der Begriff der Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen zur Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten im Grundsatz weit zu verstehen sei, seien Maßnahmen zur Aufhebung bestehender Mietverhältnisse nicht Teil der Instandsetzung bzw. Modernisierung der Gebäudesubstanz.

Der Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG sei auf bauliche Maßnahmen an Einrichtungen des Gebäudes oder am Gebäude selbst beschränkt. Aufwendungen, die durch die Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen lediglich (mit-)veranlasst sind, unterfallen nicht § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG.

Weder das Bestehen eines (mittelbaren oder unmittelbaren) Veranlassungszusammenhangs zwischen den Aufwendungen und den nach Anschaffung durchgeführten Maßnahmen zur Instandsetzung oder Modernisierung noch das Bestehen eines wirtschaftlichen Zusammenhangs reicht aus. Eine Abfindung, die der Steuerpflichtige für die vorzeitige Kündigung des Mietvertrags und die Räumung der Wohnung an seinen Mieter zahlt, um das Gebäude umfangreich renovieren zu können, gehört danach nicht zu den Aufwendungen i.S. v. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG.